Lampertheim. Was ist am 16. September vergangenen Jahres im Lampertheimer Wald geschehen? Diese Frage beschäftigt nach wie vor viele Menschen in der Region. Am Morgen jenes Montags wurde eine 36 Jahre alte Joggerin mit mehreren Messerstichen getötet. Andere Waldbesucher fanden die Frau auf dem Waldweg an der Grillhütte Heidetränke nahe Neuschloß tot auf. „Nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen besteht der Verdacht, dass es am 16. September 2024 zu einem heimtückischen Mord gekommen ist.“ So antwortet die zuständige Staatsanwaltschaft Darmstadt auf eine aktuelle Anfrage dieser Redaktion. „Dies folgt aus dem Umstand, dass das Opfer mutmaßlich arglos und wehrlos war, also nicht mit einem Angriff rechnete“, heißt es weiter.
Die Polizei ging und geht davon aus, dass der Fundort der Leiche auch der Tatort ist. Vom Täter wie von der Tatwaffe fehlt bis heute jede Spur. Und auch das Motiv ist weiter unklar. Nur eine Beziehungstat schlossen die Ermittler relativ schnell aus. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Das gilt nach wie vor. Die zweifache Mutter lebte mit ihrer Familie in Lampertheim und arbeitete als Grundschullehrerin in Ludwigshafen.
Ermittlungen der Mordkommission „1609“ dauern an
Sofort wurde damals unter dem Namen „1609“ eine 35-köpfige Sonderkommission gebildet. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft besteht die Mordkommission weiterhin – „mit einer flexiblen Handhabung der Zusammensetzung“. Die Ermittlungen dauerten auch nach knapp einem Jahr noch an, der weitere Verlauf sei noch nicht absehbar.
Bei dem Fall handele sich bei Weitem noch nicht um einen sogenannten „Cold Case“. So werden ungeklärte Kriminalfälle genannt, die nach längerer Zeit wieder polizeilich untersucht werden, wenn es Fortschritte in der Kriminaltechnik oder neue Hinweise gibt. Mord verjährt nicht. Das heißt, Täter können auch nach Jahrzehnten noch verurteilt werden, wenn es gelingt, ihnen die Tat nachzuweisen. Doch davon sind die Ermittler in diesem Fall offenbar noch weit entfernt. „Es gibt keinen Tatverdächtigen“, schreibt die Staatsanwaltschaft. Und auch die quälende Frage nach dem Motiv für die Bluttat ist weiter offen.
Mit Spürhunden und Suchtrupps suchte die Polizei in den Tagen nach dem 16. September den Lampertheimer Wald in der Nähe des Tatorts nach der Tatwaffe und anderen Spuren ab. Waldbesucher wurden befragt, mögliche Zeugen aufgefordert, sich zu melden. Zwei Wochen nach der Tat stellte die Leiterin der Mordkommission den Fall in der ZDF-Fernsehsendung „Aktenzeichen XY... Ungelöst“ vor. Zu dem Zeitpunkt hatte eine Spaziergängerin das Mobiltelefon der Frau in der Nähe des Bürstädter Wasserwerks gefunden. Offenbar hatte der Täter es an sich genommen und später weggeworfen. Die Bauchtasche des Opfers war leergeräumt. Das Auto der 36-Jährigen war auf einem Waldparkplatz abgestellt. Hier fanden sich laut Polizei keine verdächtigen Spuren.
Bei der Polizei sind seither über 300 Hinweise eingegangen
Mitte Oktober vergangenen Jahres suchte die Polizei dann gezielt nach zwei möglichen Zeugen, die sich am 16. September in der Nähe des Tatorts aufgehalten haben sollen. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, sei einer dieser beiden Zeugen zwischenzeitlich vernommen worden. Auch gab es damals einen Hinweis auf einen hellen Kleinwagen mit Wormser Kennzeichen, der vom Waldparkplatz in Bürstadt weggefahren sein soll. Dieser Spur ging die Polizei ebenfalls nach. Anhaltspunkte auf einen Zusammenhang hätten sich aber nicht ergeben, so die Staatsanwaltschaft.
Insgesamt sind beim Polizeipräsidium Südhessen inzwischen 300 Hinweise eingegangen. Aus Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen macht die Staatsanwaltschaft keine weiteren Angaben.
Hinweise weiter erwünscht
- Die Mordkommission nimmt weiterhin Hinweise in dem Fall der ermordeten 36-jährigen Joggerin aus Lampertheim entgegen.
- Entweder per E-Mail an hinweis1609.ppsh@polizei.hessen.de oder telefonisch bei allen örtlichen Polizeidienststellen.
- Die Polizeistation Lampertheim-Viernheim ist unter Telefon 06206/94400 erreichbar. swa
Neben den Hinweisen hatte die Mordkommission die Hoffnung, den Täter über einen DNA-Abgleich aufspüren zu können. Dazu forderte sie im November mehrere Hundert Männer aus dem Umfeld des Opfers auf, freiwillig eine Speichelprobe abzugeben. Deren DNA sollte mit der des mutmaßlichen Täters vom Tatort abgeglichen werden. Ein Abgleich mit bei den Behörden vorliegender DNA bereits erfasster Straftäter hatte kein Ergebnis gebracht.
Bislang haben über 1100 Männer DNA-Proben abgegeben. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, seien die freiwilligen Abgaben noch nicht abgeschlossen, weitere Proben würden ausgewertet. Auch hier dauern die Ermittlungen an.
„Der Fall beschäftigt die Menschen in Neuschloß nach wie vor“, berichtet Carola Biehal, die Ortsvorsteherin des Lampertheimer Stadtteils im Gespräch mit dieser Redaktion. Vor allem die Frage nach dem Warum treibe viele weiter um. Und die Tatsache, dass der Fall immer noch nicht geklärt ist, räume die Angst bei manchen nicht aus. Trotzdem seien jetzt wieder mehr Jogger, Spazier- und Gassigänger anzutreffen – öfter auch in Gruppen. Direkt nach dem Geschehen im Wald, der für die Neuschlösser direkt vor der Haustür liegt, waren deutlich weniger Menschen dort unterwegs. „Doch es gibt immer noch Frauen, die sich nicht mehr allein in den Wald trauen“, weiß Biehal. „Ein Gefühl der Machtlosigkeit ist geblieben.“
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