Lokalgeschichte

Absturz bei Bürstadt: Wie ein Bomberunglück von 1943 bis heute nachwirkt

Vor 82 Jahren stürzt ein US-Bomber bei Bürstadt ab. Das Ereignis hinterlässt Spuren – bis heute. Ein Vortrag beleuchtet Hintergründe und persönliche Schicksale.

Von 
Daniela Hoffmann
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Kleinteile der abgeschossenen Maschine, die nahe des Boxheimer Hofs geborgen wurden. © Jörg Oberkinkhaus

Lampertheim. 80 Jahre ist der Zweite Weltkrieg vorüber. Doch noch immer sind Spuren von Tod und Zerstörung zu finden – auch im Ried. Über den Absturz eines amerikanischen Bombers, der am 17. August 1943 über dem Wald unweit des Boxheimer Hofs bei Bürstadt abgeschossen wurde, berichtet Jörg Oberkinkhaus in seinem Vortrag am Mittwoch, 5. November, im Lampertheimer Heimatmuseum.

Das Flugzeug war Teil des umfangreichsten Bombenangriffs der amerikanischen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg. „Gleichzeitig zählt er allerdings auch zu den verlustreichsten für die United States Army Air Forces“, erklärt der Referent im Gespräch mit unserer Redaktion. 376 Jagdbomber waren daran beteiligt. 60 davon wurden abgeschossen, 176 angeschossen.

Das Ziel der amerikanischen Luftwaffe lag in Bayern. Im Visier: die deutsche Rüstungsindustrie in Schweinfurt und Regensburg. Weit weg von Südhessen. Trotzdem hatte die Mission Auswirkungen auf die Region.

„Die Ereignisse haben einige Menschen ihr Leben lang nicht mehr losgelassen.“

„Das Problem war nämlich, dass die Jagdflugzeuge, die den Bomberverband schützen sollten, eine zu geringe Reichweite hatten“, erläutert Oberkinkhaus. In Südengland gestartet, mussten sie bereits über den Niederlanden wieder abdrehen. Die Bomber aber setzten ihren Weg fort, wurden bald von deutschen Jagdflugzeugen attackiert.

So auch die Maschine mit dem Namen „WAAC Hunter“. In Brand geschossen stürzte sie nahe des Boxheimer Hofs ab. Der amerikanische Heckschütze starb dabei, die übrigen Mitglieder der neunköpfigen Besatzung konnten sich mit dem Fallschirm retten, gerieten dann aber in Gefangenschaft.

Der studierte Archäologe Jörg Oberkinkhaus hält den Vortrag zu dem Flugzeugabsturz. © Jörg Oberkinkhaus

„Die Ereignisse bei Bürstadt sind heute nicht einmal eine Fußnote in den Geschichtsbüchern. Trotzdem haben sie einige Menschen ihr Leben lang nicht mehr losgelassen“, macht Oberkinkhaus deutlich.

Zwei davon hat der studierte Archäologe im Zuge seiner ehrenamtlichen Arbeit für die „Hessen-Archäologie“ kennengelernt, eine Behörde, die für Erfassung, Pflege und Erforschung von Bodendenkmälern zuständig ist. Unter Bodendenkmälern sind Zeugnisse der menschlichen Vergangenheit zu verstehen, die im Boden verborgen sind – wie Gräber, Siedlungsreste oder Münzen.

Heimathistoriker beobachtete den Absturz als 16-Jähriger

Mit dem 2015 verstorbenen Bürstädter Heimathistoriker Hans Held besichtigte Oberkinkhaus 2003 den Absturzort. Dabei stießen sie auf das Bauteil einer Tragflächenverstrebung. „Hans Held hatte das Herabfallen des brennenden Fliegers als 16-Jähriger beobachtet.“ Den Tag werde er nie vergessen, habe der Bürstädter damals gesagt. Denn am 17. August 1943 sei auch sein Vater beerdigt worden.

2017 nahm zudem der Sohn des Piloten, dessen Maschine bei Bürstadt abgeschossen wurde, mit Oberkinkhaus Kontakt auf. Für seinen Vater sei der 17. August immer ein „sehr persönliches und schicksalbehaftetes Datum“ geblieben. „So sehr, dass er Jahre später auch an einem 17. August heiratete“, weiß der Referent.

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Dass die Geschehnisse des Krieges sichtbar bleiben – im Erdreich wie in den Seelen der Menschen – wollen der Vortragende wie auch die Organisatoren des Lampertheimer Heimat-, Kultur- und Museumsvereins am 5. November zeigen. Die Veranstaltung in den Räumlichkeiten des Lampertheimer Heimatmuseums beginnt um 19 Uhr.

Redaktion

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