Schriesheim. Es ist ein kleines Stück Stoff und hat doch so viel zu erzählen: die historische Fahnenschleife der Ortsgruppe Mannheim-Käfertal des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold aus der Weimarer Republik. Stefan Schmutz, Bürgermeister von Ladenburg, hat sie dem Marchivum übergeben. Ladenburg und Mannheim-Käfertal - was hat das miteinander zu tun? Die Antwort bringt einen Blick auf ein spannendes Stück Regionalhistorie und in die Geschichte einer seit Generationen für die Demokratie engagierten Familie.
Um das zu verstehen, müssen wir in die Zeit der Weimarer Republik (1918-1933) eintauchen. Von Anfang an ist sie durch die extreme Rechte bedroht. Der Schlägertrupp der Nazis, die Sturmabteilung (SA), attackiert Umzüge und Veranstaltungen der demokratischen Parteien, vor allem der SPD. Deren Aktive, ergänzt durch solche aus der katholischen Zentrumspartei und den liberalen Parteien, vornehmlich kampferfahrene ehemalige Frontsoldaten, tun sich zusammen, um gegenzuhalten.
1924 gründen sie den „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ - die Farben der Republik bewusst im Namen führend. Ein starkes Bollwerk der Demokratie, bis zu drei Millionen Mitglieder stehen in seinen Reihen. Überall im Lande gründen sich Ortsgruppen, auch in Mannheim.
Nach dem Verbot werden Fahnen und Unterlagen versteckt
Dazu gehört anfangs auch die Ladenburger Aktiven, bis diese sich am 2. November 1924 im „Badischen Hof“ selbstständig machen. Doch dank enger Verbundenheit sind sie dabei, als am 22. Juli 1928 die Fahnenweihe des Reichsbanners Mannheim-Käfertal gefeiert wird.
Immer mehr gefordert werden die demokratischen Kämpfer, und das im echten Sinne des Wortes: bei wahren Schlachten in Wirtshaussälen und auf den Straßen. Am Ende der Weimarer Republik sind die Sozialdemokraten zunehmend die einzigen, Zentrum und Liberale ziehen sich zurück. Oder um es modern zu sagen: Die Brandmauer bröckelt.
Kurz nach Machtübernahme der Nazis wird das Rechsbanner am 17. März 1933 verboten. Seinem Ladenburger Aktiven Willy Gärtner gelingt es, die Mitgliederkartei in Sicherheit zu bringen - und damit die darin aufgeführten vor Verfolgung zu retten. Gemeinsam mit der Fahne werden die Unterlagen den gesamten Krieg über versteckt - in einem Hühnerstall in Friedrichsfeld, der Heimat seiner Schwiegereltern.
Auch die Fahne des Käfertäler Reichsbanners überlebt. Dank Paul Schmutz, Gewerkschafter, Sozialdemokrat und ab 1933 im Widerstand, gemeinsam mit kommunistischen Genossen in der Gruppe „Neu beginnen“. Schmutz bleibt mit seinem Engagement unentdeckt, wird jedoch wegen seiner bekannten antinazistischen Haltung 1942 als Müller entlassen und an die Front geschickt. Er überlebt den Krieg, wird nach dessen Ende Gewerkschaftssekretär (ötv) und Stadtrat der SPD in Mannheim. Er stirbt hoch geachtet 1982 im Alter von 74 Jahren.
Sein Sohn Tom engagiert sich nach deren Gründung bei den Grünen, Enkel Stefan in der SPD - und wird als deren Kandidat 2017 Bürgermeister von Ladenburg. Damit setzt er die Familientradition des Engagements für die Demokratie fort. Und betrachtet sie für sich auch ganz persönlich als Auftrag.
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