Volksfest

Kleine Kerwe in Ladenburg ist ein Stückchen Heimat

Karussells, Buden und Theken auf dem Marktplatz, Livemusik am Alten Pumpwerk und Kraftsport an und in der Lobdengauhalle: Die kleine Kerwe in Ladenburg ist für viele Menschen ein Stückchen Heimat

Von 
Peter Jaschke
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Ladenburg. Was für eine schöne letzte Amtshandlung vor dem Familienurlaub: Bürgermeister Stefan Schmutz verteilt auf dem Ladenburger Marktplatz Kuchenstücke – kostenlos für alle, die gekommen sind. Das sind nicht allzu viele, denn kurz zuvor hatte heftiger Gewitterregen die Straßen leergefegt. Doch pünktlich zur Eröffnung der Kerwe gibt’s eine Regenpause. „Es freut mich, dass Sie sich rausgetraut haben: Ich hatte schon mit Absatzproblemen gerechnet“, sagt Schmutz und macht sich mit Rathausmitarbeiterin Beate Glowinski daran, die mit Obst belegten Schnitten zu verteilen.

„Cool“, finden Sübra und Sinan aus Heidelberg diese gastfreundliche Geste. Der Doktorand und die Biologin hatten im Internet von der Kerwe gelesen. Jetzt will das Paar die Stadt erkunden und „später noch in einem der einladenden Lokale essen gehen“. Zum ersten Mal sind auch die Dossenheimer Kristina und Sven mit ihren Kindern auf der Kerwe in der Nachbarstadt. „Ich find’s ganz nett, dass es Gratis-Kuchen gibt“, sagt Kristina. Sven fügt hinzu: „Das Altstadt-Flair ist schön.“

Bürgermeister Stefan Schmutz (r.) und Rathausmitarbeiterin Beate Glowinski verteilen zur Eröffnung Kerwekuchen an Gäste. © Peter Jaschke

Dann wird Sohn Paul ungeduldig: Er will Reitschule fahren. Und das darf er freilich auch. Als frisch gebackener Bundestagsabgeordneter genießt Alexander Föhr (CDU) diese Premiere im neuen Amt: „Als Kuchenfan bin ich dankbar für diese hervorragende Tradition.“ Landtagsmitglied Sebastian Cuny (SPD) findet es „schon außergewöhnlich, dass an dieser schönen Tradition zur Eröffnung alle teilhaben können“.

Mit Neubürgern im Gespräch

Dass diese Kerwe zwar kein Massenmagnet ist, aber lebt, bestätigt Thomas Thieme vom Fußball-Verein 03, der den Marktplatz rund um den Marienbrunnen bewirtet. „Es läuft gut“, sagt er am späten Samstagabend zufrieden. Dass es zweimal etwas regnet, stört ihn kaum: „Besser so als Dauerregen oder Schwimmbadwetter mit 35 Grad“, sieht es der 03er-Chef pragmatisch. Er weiß: „Das ist mehr so ein Fest für die Ladenburger, und man kann gute Gespräche führen – übrigens auch mit einigen Neubürgern, die die Stadt kennenlernen wollen.“ Thieme sieht „erfreulich viele Familien mit Kindern“.

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Ebenso „zufrieden“ zeigen sich die ASV-Ringer mit der Resonanz auf ihre „Kerwe-Klause“ mit moderater, halbakustischer Live-Musik am Alten Pumpwerk. Die Hausmacher-Spezialitäten des Küchenteams sind begehrt. Am Sonntag sorgt das Altstadt-Duo Iris und Andreas Lange mit Schlagern und Oldies für gute Stimmung beim „Weißwurst-Frühschoppen“.

Schausteller üpflegen Tradition

Traditionen aufrecht zu halten, ist Monja Traber aus Karlsruhe wichtig: Ihr Vater hatte das Fahrgeschäft „Euro Jet“ einst nach Ladenburg gebracht. Heute betreibt sie es mit Tochter Jamie, die sich mit einem Pfeilwurfstand fürs kommende Jahr bewirbt. „Die Kerwe ist fester Bestandteil in unserem Kalender“, sagt die Schaustellerin. Eine junge Kerwe-Besucherin ist Paula: Die zehnjährige Ladenburgerin ist mit ihrem jüngeren Bruder und den Großeltern unterwegs. Beim Kerwe-Gewichtheben unter freiem Himmel vor der Lobdengauhalle unterbrechen die vier ihren Spaziergang. „Dass die die schweren Gewichte so lange halten können, ist beeindruckend“, staunt die angehende Gymnasiastin, die als Rope-Skipperin und Balletttänzerin aktiv ist.

Aus München angereist

Unter den 37 Teilnehmenden am Kerwe-Gewichtheben zur Erinnerung an den verstorbenen ASV-Aktiven Walter Engel ist Petra Gaum. Die 40-jährige Athletin musste morgens um halb sechs in München losfahren, um rechtzeitig in Ladenburg zu sein. „Die Altstadt gefällt mir sehr, und es ist toll, dass das Turnier draußen stattfindet und nicht in einer miefigen Halle“, freut sich die Bayernliga-Heberin, die sich in Ladenburg für die bayrischen Landesmeisterschaften qualifizieren will, bei ihrem ersten Besuch. Ihr Trainer ist ein alter Bekannter in der Römerstadt: Michael Winklbauer hat früher für den ASV gehoben.

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Auffallend ist, dass zur 12. Auflage deutlich weniger starke Frauen und Männer am Start sind. „Überall lässt die Vereinsbindung nach“, meint Abteilungsleiter Thomas Roß, freut sich aber dennoch über schöne Begegnungen – bis das Ganze wegen des Gewitters nach drinnen verlagert werden muss. Immerhin: ASV-Mann Walter Schüßler wird bester Masterheber. Der Gesamtvorsitzende Joachim Loose gesteht: „Vor zehn Jahren hätte ich noch gesagt, schafft die Kerwe ab, weil sie im Vergleich zu anderen Ortschaften nicht mehr so lebendig war.“ Inzwischen sieht er es ähnlich wie der 26-jährige 03er Lauritz, der sagt: „Kerwe ist Heimat, und für unseren Verein ist sie toll.“ Am Montag klingt die Kerwe ab 11 Uhr mit Knöchel-, Leberknödel- und Kraut-Schmaus auf dem Marktplatz und am Alten Pumpwerk (Hinterer Rindweg) aus.

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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