Ladenburg. Man kann schon eine Jacke vertragen. Doch weil die Frühherbstsonne immer wieder durchs Blätterdach scheint, lässt es sich gut sitzen an den sieben Tischen unter einem stattlichen Baum. Im Hintergrund plätschert ein Wasserspiel. Rund 30 Gäste genießen das bei Kaffee und selbst gebackenem Kuchen. Es wird erzählt und auch gelacht. Fast nicht zu glauben, dass sich das alles auf dem Friedhof abspielt. Wir sind zu Besuch im „Café Zeit“ in Ladenburg. Schon die Premiere vor vier Wochen war mit rund 60 Gästen ein großer Erfolg. Weil zur zweiten und für dieses Jahr letzten Ausgabe erneut so viele gekommen sind, gilt es als sicher, dass das Angebot im April fortgeführt wird.
Was Ladenburgs Bürgermeister Stefan Schmutz über das Projekt sagt
Für Bürgermeister Stefan Schmutz geht es nach der erfolgreichen Testphase jedenfalls nicht mehr um das Ob, sondern nur noch darum, wann genau es weitergeht, was natürlich ein wenig von der Witterung im Frühjahr abhängt. „Wir haben vor dem Hintergrund, dass immer mehr ältere Menschen in unserer Stadt leben, nach einem weiteren Format gesucht, Begegnung zu ermöglichen, und es zeigt sich deutlich: Das wird angenommen“, sagt Schmutz vor Ort. Er ist auch gekommen, um am Café-Pavillon aus Holz das neue gärtnergepflegte Grabfeld zu eröffnen. Die Anlage begeistert alle. Dass sich der monatliche Pop-up-Treff inmitten letzter Ruhestätten befindet, ist Teil des Konzeptes, den Friedhof als wichtigen Teil des Gemeindelebens wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken – als Alltagsort, wo neben dem Gedenken und der Trauer auch Begegnung stattfindet.
„Café Zeit“ in Ladenburg: Hier sollen Themen wie Einsamkeit, Trauer und Tod kein Tabu bleiben
Die Idee stammt von der städtischen Integrationsbeauftragten Parul Schreier. „Es geht hauptsächlich um den Austausch zwischen Menschen, die das Gefühl haben, woanders mit Themen wie Trauer, Einsamkeit und vielleicht auch Tod keine Ansprechpartner finden“, erklärt Schreier und fügt hinzu: „Wenn man so einen schönen Friedhof hat wie wir in Ladenburg, wäre es schade, den dafür nicht zu nutzen.“ Inspiriert vom Tagungsvortrag einer Kollegin über eine ähnliche Initiative, stieß Schreier bei Bürgermeister Schmutz und ihrem Team auf offene Ohren, diese „tolle Sache“, die es deutschlandweit schon in einigen Kommunen gibt, auch in Ladenburg zu verwirklichen. „Wir hatten anfangs keine Ahnung, ob das angenommen wird“, berichtet Schreier. Übers Internet und soziale Medien rief sie zur Mithilfe auf.
Eine der Ersten, die sich meldeten, war Birgit Uhr-Blessing. „Ich habe mir gedacht, das ist doch schön, um die Freizeit sinnvoll zu gestalten“, sagt die Ladenburgerin. Sie ist eine der Helferinnen und Helfer, die teilweise auch aus der Umgebung kommen und nicht nur alles vorbereiten und Kuchen backen, sondern auch Kaffee kochen und ausschenken. Schreier hatte mit 20 Gästen gerechnet. „30 wären schon toll gewesen“, sagt sie. Dass am Ende 60 Personen zur Premiere kamen, hätte sie nie gedacht. Der städtische Bauhof packte mit an. Unterstützt wird das Projekt ebenso tatkräftig von der städtischen Friedhofsverwaltung, von Bestattungsunternehmen Gregor, Gärtnerei Freund, Baumschule Huben, AWO-Ortsverband sowie vielen weiteren Haupt- und Ehrenamtlichen. „Wir denken jetzt über die Anregung nach, in der bevorstehenden Winterpause zur Adventszeit möglicherweise einen Glühweinnachmittag anzubieten“, sagt Schreier.
Eine Besucherin aus Ladenburg ist so angetan vom „Café Zeit“, dass sie sich spontan bereit erklärt hat, künftig Kuchen zu backen. Die Frau, die anonym bleiben möchte, erklärt, was sie dazu motiviert: „Es gibt hier eine Möglichkeit, ältere Leute kennenzulernen, die auch einsam sind.“ Als im Alter alleinstehende Frau empfinde sie es als „unheimlich schwierig“, Kontakte zu knüpfen. Deshalb sei es „beruhigend“, solche Angebote zu haben. Das Café Zeit biete „so einen schönen Ort der Begegnung, dass ich da nicht nur nehmen, sondern einfach auch etwas geben will“. Ihr Begleiter ist ähnlich begeistert, spricht aber auch ein heikles Thema an: „Leute haben zunächst daran Anstoß genommen, dass auf dem Friedhof Treffen stattfinden, aber mich stört das nicht.“
Diese weiteren sozialen Angebote für ältere Menschen gibt es in Ladenburg
Was die beiden Besucher ebenso schätzen, ist ein weiteres soziales Angebot in der Stadt: Während sich das „Café Zeit“ nun in eine Winterpause verabschiedet, ist der gemeinsame Mittagstisch in der Ladenburger Begegnungsstätte Löwenscheuer (Cronberger Gasse 5) wieder da: Seit 6. Oktober gibt es dort regelmäßig montags, mittwochs und freitags von 11.30 bis 13 Uhr Mahlzeiten gegen eine freiwillige Spende. Die Kosten trägt der aus dem Mittelalter stammende Christliche Bürgerhospitalfonds der Stadt seit 2023. Auch dort gilt: Alle Interessierten sind willkommen, Ehrenamtliche unterstützen das Projekt. Das Essen kommt von einem Cateringunternehmen der AWO Rhein-Neckar.
Ein weiteres Angebot richtet sich auch, aber ebenso ausdrücklich nicht nur, an ältere Mitbürger: Das Europäische Filmfestival der Generationen macht Kino zu einem Ort des Dialogs zwischen Jung und Alt. Am Donnerstag, 16. Oktober (ab 14 Uhr, evangelische Stadtkirche), und Dienstag, 18. November (10 und 16 Uhr, Domhofsaal), werden bei freiem Eintritt insgesamt drei Filme gezeigt, die dazu einladen, ins Gespräch zu kommen.
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