Ilvesheim. Ein Spielfeld, so groß wie beim Volleyball. Zwei Tore. Sechs Spieler auf dem Feld. Und ein Ball, der in das gegnerische Tor geworfen oder gerollt wird. Kürsat Özdemir und Daniel Arendar sind mit vollem Körpereinsatz dabei und wehren den Ball ab, indem sie sich auf den Boden werfen. Sie tragen Dunkelbrillen - so wie alle anderen Spieler auch. Özdemir und Arendar sind sehbehindert. Durch die Dunkelbrille haben alle Spieler die gleichen Bedingungen, denn die Träger können damit absolut nichts sehen. Stattdessen verlassen sich die beiden Freunde komplett auf ihr Gehör, denn durch kleine Glöckchen im Inneren klingelt der Ball. Özdemir und Arendar spielen Goalball beim Blinden- und Sehbehinderten Sportverein (BSS) Ilvesheim.
Aktuell suchen sie nach Trainern, Sponsoren und Spielern - egal, ob sehend oder einschränkt. Denn auf nationaler Ebene können auch sehende Personen bei Goalball mitspielen. Und auch beim BSS sind zwei Sehende dabei. Die meisten der etwa zehn Männer und Frauen, die regelmäßig trainieren, sind sehbehindert.
Das hat der Blinden- und Sehbehinderten Sportverein aus Ilvesheim erreicht
Der BSS ist sehr erfolgreich, denn der Blindensportverein aus Ilvesheim steht aktuell auf dem ersten Platz der Zweiten Bundesliga im Goalball. Sogar Nationalspieler befinden sich unter den Vereinsmitgliedern. Ein junger Spieler spielt aktuell in der Jugendnationalmannschaft, zwei Spielerinnen in der Nationalmannschaft der Frauen - eine für Deutschland und eine für Italien. Auch Arendar ist ganz vorne mit dabei: Seit 2021 ist der 23-Jährige Teil der deutschen Nationalmannschaft. Der Bundestrainer soll zu ihm gesagt haben, dass er die Zukunft von Deutschland sei, erzählt sein Freund Özdemir stolz.
Auch Özdemir steht laut eigener Aussage mit einem Fuß in der Nationalmannschaft: Er war bereits bei mehreren Trainingslagern dabei und hat schon bei einzelnen Turnieren für Deutschland gespielt. Der 30-Jährige ist fest davon überzeugt, dass er irgendwann Teil der Nationalmannschaft sein wird: „Ich mache so lange weiter, bis es klappt“, sagt Özdemir. Ein anderes Ziel haben jedoch beide schon erreicht: Arendar und Özdemir durften für den Goalball-Verein in Marburg bei der Champions League mitspielen.
Wie die Goalball-Spieler aus Ilvesheim zu der Sportart gekommen sind
Arendar ist seit seiner Geburt sehbehindert. Während seiner Zeit auf der Schloss-Schule in Ilvesheim ist er zum ersten Mal auf Goalball aufmerksam geworden. Die Schloss-Schule ist eine staatliche Schule für Blinde und Sehbehinderte und kooperiert mit dem BSS. Als Arendar in der vierten Klasse ist, gibt es den Verein jedoch noch nicht - stattdessen aber eine AG der Schule. Mit den Jahren besucht Arendar das Training immer regelmäßiger, bis er dann für das Abitur nach Marburg zieht und zwischenzeitlich dort im Goalball-Verein spielt.
Wenige Jahre später hat eine Lehrerin der Schloss-Schule eine Idee. Jessica Bahr ist die Leiterin der Goalball-AG und fragt Arendar, Özdemir und weitere, ob sie mit ihr einen Goalball-Verein gründen wollen. Gesagt, getan: Ende 2021 entsteht der BSS, in dem bis jetzt nur Goalball gespielt wird. Bahr trainiert die Mannschaft seitdem.
Neben seinem großen Hobby studiert Arendar in Heidelberg Informatik. Özdemir ist in Hessen geboren und aufgewachsen. In der Grundschule fällt es ihm mit der Zeit immer schwerer, von der Tafel abzuschreiben. Seine Eltern gehen mit dem kleinen Jungen zum Arzt: Eine Augenkrankheit wird entdeckt, die mit den Jahren immer schlimmer wird. Heute ist Özdemir fast blind. Als Erwachsener zieht er nach Nürnberg, um eine Ausbildung als Physiotherapeut zu machen. Gleichzeitig fängt er dort an, Goalball zu spielen. Besonders der Teamgedanke gefällt ihm, erzählt er. Später wechselt er nach Marburg, wo er Arendar kennenlernt. Arendar bringt Özdemir dann auch nach Ilvesheim.
Heute studiert Özdemir Physiotherapie und arbeitet in Heidelberg in einer Praxis. Aber seine große Leidenschaft bleibt Goalball, besonders beim BSS: „Da fühle ich mich zuhause, mit der Mannschaft möchte ich was reißen. Nach dem ersten Spiel haben wir schon gefühlt so gespielt wie nach fünf Jahren“, erzählt Özdemir. Im Team sind sie wie eine Familie, sie stehen füreinander ein.
Wie man den Blindensportverein aus Ilvesheim unterstützen kann
Der BSS sucht aktuell nach Trainern, Spielern und Sponsoren. Özdemir ruft dazu auf, dass Sehbehinderte und Sehende gerne beim Training montags in Ilvesheim vorbeischauen können. Außerdem brauchen die Mitglieder Hilfe beim Erstellen einer Webseite. Weitere Informationen und Bilder gibt es auf dem Instagram-Kanal @bss_ilvesheim. Interessierte können sich unter den Mailadressen bss-ilvesheim@sbbz-ilvesheim.de oder remppr@gmx.de melden.
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