Inklusion

Schlossschule Ilvesheim: Der Funke springt über – auch ohne Feuer

Warum das Sportfest an der Schlossschule Ilvesheim trotz Abstrichen wegen Regens so besonders ist.

Von 
Peter Jaschke
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Das Dosenwerfen beim Sportfest an der Ilvesheimer Schlossschule ist auch für Maja (l.) unter Mithilfe von Ferdinand (rechts daneben) ein großer Spaß. © Peter Jaschke

Ilvesheim. In der Inselgemeinde gehört es seit Jahrzehnten zum Ortsbild, dass sich Kinder aus der Schlossschule mit Hilfsmitteln wie Blindenstock oder Rolli durch die Straßen bewegen. Alleine ebenso wie in Begleitung. Das ist inzwischen so normal, dass es Einheimische kaum als Besonderheit wahrnehmen. Es gehört zum Alltag – auch für die teils mehrfach beeinträchtigten Mädchen und Jungen aus dem ehemaligen Schloss mit seinem Internat. Früher etwas lakonisch Blindenschule genannt, ist die inzwischen stark erweiterte Schlossschule jedoch viel mehr, nämlich ein staatliches sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen. Es ist die einzige öffentliche Schule dieser Art in Baden-Württemberg.

Ein ganz großes Highlight im Jahreskreis ist das Sportfest. „Das Sportfest bricht den normalen Alltag auf und ist immer ein Riesenereignis für die Schüler“, weiß Fachlehrer Sascha Kubach als Mitorganisator. Da gibt’s einen Sonderpreis für gute Entspannung ebenso wie den Sieg beim Zehn-Kilometer-Lauf.

Weitsprung, Wurf und Lauf fallen wegen des Dauerregens aus

Wie besonders dieses Sportfest ist, zeigte sich auch diesmal wieder, obwohl wetterbedingt Abstriche zu machen waren. Weitsprung, Wurf und Lauf fielen wegen des Dauerregens und der deshalb höheren Verletzungsgefahr aus. Doch in der Turnhalle und in einem Nachbargebäude gab es ein Alternativprogramm unter dem Motto „Bewegen trotz Regen“. Wo sich sonst rund 260 Kinder und Jugendliche aus allen Bildungsgängen – vom Schulkindergarten bis zur Realschule – einen Tag lang auch im Freien sportlich und spielerisch betätigen, konnten an diesem Mittwoch lediglich 70 Schülerinnen und Schüler aus der Abteilung Geistige Entwicklung mitmachen.

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Die anderen sahen sich einen Film an und übten Songs ein, die sie am Sonntagabend, 22. Juni, bei „6K united“ vortragen wollen: In der SAP Arena Mannheim singen sie dann mit 6000 weiteren Schulkindern im Chor ein eigenes Konzert.

Bundesjugendspiele in der Pfalz haben die Tradition begründet

Zurück zum verregneten Sportfest: „Normalerweise ist um diese Jahreszeit fast immer gutes Wetter“, wundert sich Lehrer Kubach. Erst zum zweiten Mal in den ungefähr 15 Jahren, seit es das Sportfest gebe, habe das Fachlehrerteam umplanen müssen. Diese Tradition begründet hatten Bundesjugendspiele zusammen mit Einrichtungen in Rheinland-Pfalz. Das war jedoch ein zu großer organisatorischer Aufwand, und die Kinder saßen damals mehr im Bus als dass sie sich bewegten. Daraus wurde eine Spaßolympiade mit Bundesjugendspielen im Ilvesheimer Neckarstadion sowie individueller Bewegung und dem Zirkus Luftikus auf der Anlage in der Schlossstraße.

Dazu gehört stets ein olympisches Feuer. Weil es diesmal nicht draußen entzündet werden konnte, diente eine elektronisch erzeugtes Licht in der Halle als Ersatz. Der Funke sprang dennoch über: Beifall und Jubel war zu hören, als die Schülerteams mit Bannern und Plakaten zu hymnischer Musik wie „Conquest Of Paradise“ (Vangelis) und „Played-A-Live“ (Safri Duo) einzogen. Begrüßt wurden sie von Petra Leuthold, Verena Schreiber und Schulleiterin Stephanie Liebers.

Schriesheimer Schüler unterstützen die teilnehmenden Kinder

Die Stimmung bewegte auch Eva Kleinböck: „Das ist wundervoll hier, und für unsere Schüler eine ganz tolle Erfahrung, weil sie in den allermeisten Fällen sonst keinen Kontakt zu Kindern mit einer Einschränkung haben“, sagt die Lehrerin vom Kurpfalz-Gymnasium Schriesheim. Die Ladenburgerin ist mit 19 Jugendlichen aus der Klasse 10c gekommen. Ihre Schüler unterstützten die teilnehmenden Kinder. „Dadurch entstehen ganz viele Brücken, auch weil man erlebt, welche Freude die Kinder hier haben“, sagt Kleinböck. Das sei besonders wertvoll in der heutigen Zeit, wo Diversität und Behinderung bei vielen negativ behaftet seien. „Jedes Kind ist besonders und ist toll, keines sollte ausgegrenzt werden“, findet Kleinböck, die selbst Tante eines Mädchens mit einer Einschränkung ist.

Seit 2011 sind Jugendliche aus dem Kurpfalz-Gymnasium treue Begleiter dieses Events. „Dafür sind wir sehr dankbar, denn wir brauchen bei diesem Aufwand einfach zusätzliche Hilfe“, erklärt Kubach. Für die 17-jährige Maja war das Dosenwerfen eine Herausforderung, die sie mit Unterstützung von Ferdinand jedoch meisterte. Wie sie berichtete, wohnt sie in Gönnheim bei Bad Dürkheim. „Auf der Fahrt in die Schule wird mir nie langweilig, weil doch die Brigitte dabei ist.“ Das Sportfest sei „sehr spannend“. Am besten habe ihr bisher die Eröffnung mit der „großen Musik“ gefallen. Auf den Stationen wolle sie trotz Gehhilfe ihr Bestes geben.

Einen gänzlich anderen Eindruck von Schule bekommen

Ferdinand war gerne behilflich: „Ich finde es wirklich superschön, dass die Kinder so viel Spaß haben“, sagt der 16-jährige aus Leutershausen. Der Gymnasiast hat in Ilvesheim einen gänzlich anderen Eindruck von Schule bekommen. Das erläuterte Uta Kling, eine der Physiotherapeutinnen an der Schlossschule, an der Wurfstation näher: „Wir versuchen hier, unsere ganze heterogene Schülerschaft zu bedienen und jeder soll ein Erfolgserlebnis haben, denn das ist das Prinzip unseres Sportfestes.“

Sportfest an der Ilvesheimer Schlossschule: Wetterbedingt fand das beliebte Event dieses Jahr überwiegend in der Sporthalle statt. © Peter Jaschke

Schulleiterin Liebers drückt es so aus: „Es geht nicht darum, wer in welchem Bildungsgang und wie alt ist, sondern darum, wer welche Bewegung gut machen kann und Spaß dabei hat.“

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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