Ilvesheim

Kontroverse um neues Wohngebiet Sichelkrümme in Ilvesheim

Wohnraum ist knapp - auch in Ilvesheim. Die Gemeinde will nun Abhilfe schaffen und eine ein Hektar große Fläche im Norden bebauen. Die Mehrheit dafür steht, Ärger gibt es trotzdem

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Torsten Gertkemper-Besse
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Im Vordergrund ist ein Teil der Sichelkrümme zu sehen, auf der möglichst bald preiswerter Wohnraum geschaffen werden soll. © Torsten Gertkemper-Besse

Im Ilvesheimer Norden entsteht in den kommenden Jahren ein neues Wohngebiet. Mit der Mehrheit von Freien Wählern, CDU, SPD und Bürgermeister hat der Gemeinderat die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen. Die Grünen stimmten dagegen. Der Bebauungsplan heißt „Sichelkrümme III“, im allgemeinen Sprachgebrauch ist aber nur die Rede von der Sichelkrümme. Das zu bebauende Areal liegt direkt an der Wallstadter Straße und ist rund ein Hektar groß. Der Bebauungsplan hat aber die doppelte Größe – unter anderem deshalb, weil auf dieser Fläche noch Strommasten versetzt werden könnten.

Obwohl es eine Mehrheit für den Aufstellungsbeschluss gab, verlief die Diskussion im Gemeinderat kontrovers. In einem sehr kurzen Statement machte Günter Tschitschke (Freie Wähler) den Standpunkt seiner Fraktion deutlich: „Wir stimmen vollumfänglich zu, weil das Projekt alles enthält, was es braucht – unter anderem auch den Aspekt des ökologischen Bauens.“

Widerstand der Grünen

Klar gegen den Beschluss positionierte sich Michael Haug (Grüne). „Wir reden viel über Wohnraum, aber das Thema hat mehrere Seiten“, sagte er. Ilvesheim sei bereits die am dichtesten bebaute Gemeinde im Landkreis. Außerdem sei es fraglich, ob der Betreiber der Stromleitungen einer Bebauung zustimme. Der Gemeinde entgehe zudem Geld, weil man bei der aktuellen Marktlage nicht die gewünschten Preise erzielen könne. Darüber hinaus kritisierte er, dass die Gemeinde nicht den gesamten Erlös aus den Grundstücksverkäufen behalten könne, wenn man das Gelände jetzt – und nicht erst später – veräußere. Der Grund: Das Areal ist erst seit einem Flächentausch mit dem Land Baden-Württemberg im Ilvesheimer Eigentum. In den ersten Jahren nach diesem Deal muss die Kommune einen Teil der Einnahmen an das Land abführen.

Der Bebauungsplan

  • Der Bebauungsplan heißt Sichelkrümme III“, weil es bereits zwei andere Pläne südlich der „Sichelkrümme III“ gibt.
  • Der Plan umfasst zwei Hektar, einen Hektar mehr als die bebaubare Fläche.
  • Grund ist, dass auf den „anderen“ Hektar Strommasten hinversetzt werden könnten. Auch ökologische Ausgleicsprojekte sind dort möglich.
  • Das Wohngebiet ist frühestens 2025 bezugsfertig

Kritik an Ablehnung

Die Aussagen des Grünen-Fraktionschefs zogen scharfe Kritik der anderen Gemeinderäte auf sich. „Habe ich Sie richtig verstanden, dass wir der Wohnungsnot nicht entgegentreten sollen, weil wir dann mehr Geld machen können?“, fragte Rolf Sauer (SPD). Er habe gedacht, die Grünen würden aus ökologischen Gründen ablehnen. In seiner Wortmeldung attestierte der Sozialdemokrat der Gemeinde beim Wohnungsbau „Handlungsbedarf“, betonte aber auch, dass die Wohnqualität erhalten bleiben müsse.

„Der Wohnungsmarkt in Ilvesheim ist katastrophal“, erklärte Ralf Kohl (CDU). Dass es bei der Entwicklung der Sichelkrümme auch Fördermöglichkeiten durch den Bund gebe, verleihe dem Ganzen einen „zusätzlichen Charme“. „Dass die Grünen sich einem solchen Projekt verweigern, ist traurig“, sagte Kohl und führte weiter aus: „Die Grünen auf Landes- und Bundesebene denken anders als jene in Ilvesheim, denn in den Koalitionen ist Wohnungsbau ausdrücklich gewollt.“

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„Teils unverschämte Vorwürfe“

„Wenn wir Wohnraum wollen, müssen wir an die Sichelkrümme gehen“, betonte Tschitschke von den Freien Wählern: „Die Taktik der Grünen ist dieselbe wie beim Kombibad. Sie wollen wieder etwas verhindern.“ Nach den Statements der unterschiedlichen Fraktionen meldete sich Sarah Nick-Toma (Grüne) zu Wort. Sie sprach von „teils unverschämten Vorwürfen“. Die Grünen hätten die Sichelkrümme schon lange aus ökologischen Gründen abgelehnt: „Die endliche Ressource Geld ist hier nur ein Teil unserer Argumentation.“ Der Schlagabtausch ging an diesem Abend noch weiter, die Seiten warfen sich gegenseitig vor, undifferenziert zu argumentieren. Auch Bürgermeister Andreas Metz meldete sich in der Debatte zu Wort: „Preiswerter Wohnraum ist nur möglich, wenn die öffentliche Hand günstig Flächen zur Verfügung stellt.“ Es sei eine politische Entscheidung, bewusst auf gewisse Einnahmen zu verzichten.

Gemeinde erhält Hilfe

Auf dem ein Hektar großen Gebiet Sichelkrümme soll preiswerter Wohnraum entstehen. Ziel ist laut Verwaltung auch die „Förderung von Mietwohnungsbau“. In einer Klausurtagung im vergangenen Sommer hatten sich die Freien Wähler, die CDU, die SPD und der Bürgermeister darauf geeinigt, dass dieses Gebiet am schnellsten entwickelt werden kann. Es gibt weitere Flächen im Ort, diese werden aktuell aber noch genutzt und sind daher erst später verfügbar.

Ilvesheim kann für die Entwicklung der Sichelkrümme Fördermittel vom Bund erhalten. Die Gemeinde ist Teil eines bundesweiten Modellvorhabens (Berichterstattung folgt), bei dem Kommunen unterstützt werden, wenn sie versuchen, flächensparend neuen Wohnraum zu schaffen. Die Hilfe beinhaltet auch Beratung durch Experten.

Redaktion Redaktion Neckar-Bergstraße, zuständig für Ilvesheim und Friedrichsfeld

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