Hirschberg - Fusion der BdS-Ortsverbände Großsachsen und Leutershausen hängt bei Gericht fest / Vorsitzender Andreas Well übt heftige Kritik an der Justiz

„Die haben zur Realität überhaupt keinen Bezug“

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Stephanie Kuntermann
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„Es ist für uns völlig unverständlich, was da abläuft“, schimpft Andreas Well (Bild). Seit Februar 2020 ist er Vorsitzender des BdS Hirschberg; formal ist die Vereinigung nicht handlungsfähig, da noch immer die Eintragung ins Vereinsregister aussteht. Der entsprechende Antrag wurde nämlich abgelehnt: „Wir haben da lange die Füße stillgehalten. Jetzt nicht mehr, jetzt ist die Sache beim Oberlandesgericht Karlsruhe.“

Zurück zum Anfang: Der war im Februar 2020, als 38 Gründungsmitglieder den BdS Hirschberg aus der Taufe hoben. Geplant war, die Ortsvereine Leutershausen und Großsachsen anschließend mit ihm zu verschmelzen. Diese tagten im September noch einmal getrennt; jeder sollte den entsprechenden Beschluss fassen, doch war das nicht möglich, denn die Satzungen verlangten die Anwesenheit von zwei Dritteln der Mitglieder – die nicht gegeben war, sagt Well: „Das war keine Überraschung.“

Weshalb gleich zur zweiten Versammlung geladen wurde, bei der die einfache Mehrheit reichte; alles fand in Anwesenheit eines Notars statt. Trotzdem wies das Amtsgericht das Gesuch ab. Der Grund sei gewesen, „dass wir die zweite Versammlung nicht gleich hätten einberufen dürfen, nachdem die erste gescheitert ist“, erklärt Well. Vielmehr hätte ein Zeitraum von 14 Tagen dazwischenliegen müssen: „Und das, obwohl es sich um eine reine Formsache handelt.“

Denn von Anfang an habe Einigkeit darüber geherrscht, dass ein gemeinsamer BdS Hirschberg gegründet werden solle. Telefonate mit den Rechtspflegern folgten, Formfehler seien geheilt worden. Es nützte nichts: Dem BdS wurde eine zweite Versammlung auferlegt. Sie fand am 30. Dezember in virtueller Form statt, doch das stieß auf Kritik: „Denn es hieß, dass eine Präsenzveranstaltung hätte durchgeführt werden müssen.“ Eine solche war aber wegen der Zwangsschließungen verboten – ein Dilemma für den Verein. Dessen Vorsitzender sieht in den Bescheiden eine weltferne Haltung: „Die sitzen da in ihrem Homeoffice und haben zur Realität überhaupt keinen Bezug.“

„Die“, das sind die zwei Rechtspfleger, für die Richterin Carla Köhler eine Lanze bricht. „Die Anmeldung wurde eingehend unter Berücksichtigung der gesetzlichen Grundlagen, einschlägigen Fundstellen in der Literatur und Rechtsprechung geprüft“, schreibt die Pressesprecherin des Amtsgerichts. Der Verschmelzungsvorgang sei eine Willenserklärung. Rechtlich sei es umstritten, ob diese virtuell oder in Präsenz abgegeben werden müsse. Persönliche Anwesenheit, die Möglichkeit, sich vertreten zu lassen – das sei abhängig von den jeweiligen Bestimmungen. „Es wäre sinnvoll gewesen“, sagt sie, „vorher beim Registergericht nachzufragen, welcher Auffassung es folgt.“ Den Rechtspflegern sei kein Vorwurf zu machen; sie seien im Rahmen eines Ermessensspielraums in ihren Entscheidungen frei: „Die Beschlüsse wurden umfassend begründet.“

Verfahren nicht abgeschlossen

Der Verein legte Beschwerde ein, die Akte ging danach an das Oberlandesgericht Karlsruhe „zur Entscheidung über die Nichtabhilfebeschlüsse“. Köhler geht davon aus, dass „das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist“. Was wiederum Well frustriert: „Da müssen wir jetzt noch ein halbes Jahr auf eine Entscheidung warten.“ Zumal das alles einen erheblichen Mehraufwand bringe, auch im Hinblick auf die Beiträge: „Wenn wir die noch einmal getrennt eingezogen hätten, wäre ein Riesen-Kuddelmuddel entstanden.“

Und Schwierigkeiten gibt es in Corona-Zeiten genug für Gewerbetreibende. Denn die Pandemie-Beschränkungen prägten das Jahr 2020 und die wirtschaftliche Situation der Mitglieder. Well ist erleichtert, dass sie zumeist stabil ist: Hirschberg hat viele inhabergeführte Betriebe in eigenen Immobilien. Was vielen die drängende Frage erspart, woher nun die Miete kommen soll, wenn man nicht arbeiten darf. Für Angestellte gebe es Kurzarbeitergeld. Restaurants könnten sich mit Straßenverkauf behelfen, doch Friseure, Floristen und Krankengymnastik-Betriebe seien „übel dran“: „Die Leute behalten vieles für sich, sind aber sehr frustriert.“ stk (Bild: WN)

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