Heidelberg. „Skrupellos“ soll die 31-Jährige ihren Freier ausgenommen haben, berichten Ermittler im Prozess gegen eine Prostituierte vor dem Heidelberger Landgericht. Selbst ein Todesfall im direkten Umfeld des 60-Jährigen habe die Angeklagte nicht davon abgehalten, weitere Geldforderungen zu stellen. 1,8 Millionen Euro soll die Frau insgesamt bekommen haben.
Am dritten Verhandlungstag tritt unter anderem ein Kripobeamter als Zeuge auf, der auf Fälle von „Love Scamming“ spezialisiert ist. Darunter werden Fälle vorgetäuschter Liebe verstanden, die meist übers Internet angebahnt werden. Das vermeintliche Liebesglück wird dabei an Geldforderungen geknüpft.
Geschickt gaukeln die Betrüger vor, plötzlich in Notlage geraten zu sein. Eine rasche Geldzahlung - und schon seien sie davon befreit, und der Romanze stehe nichts mehr im Wege. „In diesem Fall war vieles anders“, beschreibt der Beamte, dass im aktuellen Falls nicht nur die Schadenshöhe ungewöhnlich ist: „Die Angeklagte hat ihre Taten und ihre Identität nicht verschleiert, das haben wir selten so“, sagte der Kripomitarbeiter.
Prostituierte hatte Vorwürfe eingeräumt
Die Prostituierte hatte zum Auftakt der Hauptverhandlung die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in einer von ihrem Anwalt verlesenen schriftlichen Erklärung eingeräumt. Demnach hatte sie dem in sie verliebten Mann, Jahrgang 1964, mehrfach vorgetäuscht, in einer Notlage zu sein. In fast 60 Fällen im Zeitraum von Dezember 2022 bis Mai 2023 habe das Opfer der heute 31-Jährigen Beträge in bar gegeben oder überwiesen - in der Hoffnung, dass die Frau seine Gefühle erwidere, hieß es in der Anklageschrift.
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Kennengelernt hatten sich die beiden den Angaben nach 2021 im Frankfurter Rotlichtmilieu. Im Verlauf weiterer Treffen habe sich die Prostituierte das Vertrauen des Freiers gesichert. Daher habe der in Heidelberg wohnende Geschädigte ihr ein Darlehen in Höhe von 10 000 Euro gewährt, um sich von angeblichen Schwierigkeiten mit Zuhältern und anderen Schuldnern zu befreien. Die Rückzahlung nebst vereinbarten Zinsen sei die mutmaßliche Betrügerin aber schuldig geblieben.
Und es blieb nicht bei einem Notfall: „Aus dem Chatverlauf ist zu erkennen, dass die Angeklagte angeblich quasi die ganze Zeit über von einer misslichen Situation in die nächste kam“, berichtet der Ermittler. So sei mächtig Druck aufgebaut worden. Kaum seien angebliche Schulden gegenüber einem Zuhälter durch den vermögenden Mann beglichen worden, „tauchten plötzlich neue Forderungen auf“, erzählt der Ermittler.
Handy-Daten zeigen im Prostituierten-Prozess Lügen auf
Die Frau sei von Prügel bedroht worden, sollte ins Ausland gebracht werden - und befindet sich plötzlich sogar in Geiselhaft. Mit den vorliegenden Handy-Daten konnte belegt werden, dass die Prostituierte keineswegs irgendwo versteckt gehalten wurde - sondern in Fünfsterne-Hotels in Bulgarien und der Türkei Urlaub machte, was Urlaubsfotos und Handyvideos belegen.
Im Internet informierte sich die Angeklagte derweil offenbar unter anderem über Immobilienangebote in ihrem Heimatland Bulgarien und über Goldpreise. Erst nach und nach habe der Geschädigte, der schließlich eine Anzeige bei der Polizei aufgab, mit dem tatsächlichen Ausmaß des Betrugs herausgerückt, schildert ein anderer Polizeibeamter seinen Eindruck: „Der Geschädigte war mit der ganzen Situation ziemlich überfordert und machte einen eher instabilen und naiven Eindruck“, fasste ein Ermittler zusammen.
Zu Beginn habe er sich von der Frau nicht unter Druck gesetzt gefühlt, hatte der Mann als Zeuge zum Prozessauftakt ausgesagt. Der persönliche Kontakt sei ihm das Geld wert gewesen. „Eine schöne Frau unterhält sich mit mir, das fand ich toll“, sagte er. „Ich konnte es mir leisten und dachte, da helfe ich jetzt.“
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