Heidelberg/Kreta. Erschöpfung und tiefe Trauer – das ist der aktuelle Gemütszustand der Angehörigen von Johann Williams. Die Geschwister und der Vater des 20-jährigen Heidelbergers sind nach fast dreiwöchiger intensiver Suche völlig erschöpft zurück in Deutschland, leider ohne ein Lebenszeichen oder überhaupt einen weiteren Hinweis auf Johanns Verbleib. Der 20-jährige, der in Mannheim an der Dualen Hochschule studierte, ist seit dem 13. Februar im Gebirge von Kreta verschwunden. Die Witterung verhindert noch immer, dass Suchmannschaften bis zu der Stelle vordringen können, an der Johanns Mobiltelefon zum letzten Mal geortet werden konnte. Die extrem widrigen Wetterbedingungen hätten die Suche immer wieder vereitelt, berichtet die Tante im Gespräch mit dieser Redaktion. Man werde aber weitersuchen, sobald es die Witterung erlaube, bekräftigte die Familie: „Unsere Suche endet erst, wenn wir Johann gefunden haben.“
Dass sie ihn lebend finden, glaubt auch die Familie nicht mehr. Auf der Instagram-Seite, die die Geschwister unter „findjohannwilliams“ eingerichtet haben, sprechen sie selbst in der Vergangenheitsform von ihm und berichten in höchst bewegenden Worten von ihm. „Wir möchten berichten, welch ein Mensch er war, was er liebte und mit welchen Gedanken er sich beschäftigte“, heißt es dort. Und beim Lesen der emotionalen Zeilen wird deutlich, wie doppelt tragisch das Unglück ist, das die Familie nun getroffen hat. Mit seinen Ausdauerläufen hat Johann nämlich versucht, den Verlust der Mutter zu verarbeiten. Diese sei im vergangenen Oktober nach langer schwerer Krankheit gestorben. Johann habe die letzten Tage neben ihrem Bett im Hospiz verbracht.
Johann wollte auf Kreta Kraft in der Natur tanken
Die Reise nach Kreta sei gedacht gewesen, um wieder Kraft zu tanken in der Wärme und der Natur von Kreta. Nahezu jeden Tag auf der Insel habe er mit langen Trailläufen verbracht, immer um die 20 Kilometer. Die Tour durch die Samaria-Schlucht und durchs Gebirge zurück sollte der letzte Lauf vor der Heimreise werden. Aber er habe wohl die Berge auf dem Rückweg zum Parkplatz unterschätzt, auch nicht die richtige Ausrüstung dabei gehabt. „Wir wissen nicht, was seine letzten Gedanken waren oder was tatsächlich geschehen ist. Aber wir wissen, dass wir ihn für immer vermissen werden, dass er eine riesige Leere hinterlässt“, schreiben die Geschwister auf Instagram. Gleichwohl wollen sie die Suche fortsetzen, ihn finden und zurückbringen.
Wie berichtet, war Johann am 13. Februar zu einem Trailrun im Bereich der Samaria-Schlucht aufgebrochen. Der 20-Jährige hatte nach Auskunft der Familie Erfahrung mit Gebirgsläufen, auch auf einer Länge von bis zu 30 Kilometern. Die Familie hat die Daten seiner Trainingsuhr auslesen und damit die geplante Route an diesem unheilvollen Tag bestimmen können. Diese führte von einem Wanderparkplatz zunächst durch die Samaria-Schlucht und dann am südlichsten Punkt bei Agia Roumeli zurück durch das Gebirge zum Wanderparkplatz. Dort kam er nie an. Wie sich anhand der Daten des Mobilfunknetzes feststellen lässt, hat er den Bereich des Mastes an der mutmaßlichen Unglücksstelle nie verlassen.
Behörden starten Suche erst am Sonntag
Am Donnerstagabend um 18.34 Uhr hatte Johann seiner Schwester Teresa seinen Standort per Handy geschickt, zwei Stunden später dann die Nachricht „Alles bestens“. Am selben Abend schrieb die Schwester ihm eine Nachricht zurück. Die hat er aber nicht gelesen. Der Verleiher des Mietwagens hatte sich am Samstag in Johanns Hostel nach dem Verbleib des Mietwagens erkundigt. Da hatte die Familie schon aus Deutschland unter schwierigsten Bedingungen begonnen, die Suche zu organisieren. Die Behörden in Chania starteten die Suche nach Johann erst am Sonntag, mehr als zwei Tage nach seinem letzten Lebenszeichen.
Ein Blogger, der sich bei der Familie gemeldet hat, kennt die Gegend. Es sei ein trügerischer Weg in einem sehr steilen Gelände, der eigentlich gar keiner sei. Auch die Helfer haben sich mit Hunden, Hubschraubern und Drohnen nicht der mutmaßlichen Unglücksstelle nähern können. Eis, Schnee und Nebel haben eine Annäherung unmöglich gemacht.
Das Schicksal Johanns rührt viele Menschen an
Um die aufwendige und teure Suche mit vielen Helfern und einem angemieteten Helikopter finanzieren zu können, hatte die Familie um Spenden gebeten. Das Schicksal Johanns hat viele Menschen nicht nur in der Region, sondern auch auf Kreta berührt, berichtet die Tante. Nicht zuletzt deshalb sind mehr als 100.000 Euro auf dem Spendenkonto auf der Internet-Plattform Gofundme zusammengekommen. Das Geld wird die Familie benötigen, um alleine die Unkosten der Helfer aus Griechenland und anderen Ländern Europas zu bezahlen. Auch ein Rettungshubschrauber kostet einen fünfstelligen Betrag. Die Spendensammlung ist auf Wunsch der Geschwister und des Vaters nun erst einmal geschlossen.
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