Gerade an heißen Tagen ist es ein Genuss, durch den kühlen Forst zu laufen. Bereits berühmte Heidelberg-Besucher wie Mark Twain, Johann Wolfgang von Goethe und Matthäus Merian schwärmten von der Schönheit des Heidelberger Waldes. Doch wie kommen die Bäume selbst mit dem Klima zurecht? Und wie versuchen die hauptamtlichen Baumkümmerer, ihre Schützlinge widerstandsfähiger und fit für die möglicherweise heiße und dürre Zukunft zu machen? Das haben wir Tillmann Friedrich gefragt, Abteilungsleiter Forst beim Landschafts- und Forstamt in Heidelberg.
Heidelberger Stadtwald
Der Heidelberger Stadtwald ist mehr als 3300 Hektar groß.
Er wächst auf 100 bis 568 Metern über dem Meer/Normalnull.
Es gibt ein 300 Kilometer langes, ausgewiesenes Mountainbike-Streckennetz.
Heidelbergs Stadtwald trägt seit 2021 offiziell den Titel „Kur- und Heilwald“.
Seit 2015 ist der Wald nach PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) zertifiziert – als erster in Deutschland. miro
Anhaltend über 30 Grad, kaum Regen: Wie geht es dem Stadtwald aktuell? „Relativ gut“, weiß Friedrich. Die Situation sei glücklicherweise noch nicht so angespannt wie in den Jahren 2018/2019 und 2020. Denn in diesem Jahr plätschern noch die kleinen Quellen, die auch den Waldboden nähren - dennoch fehle die Feuchtigkeit in der Tiefe. Gerade junge Pflanzen gefährde das - weswegen die Forstmitarbeiter in diesen Tagen schon mit Tankwagen hinausfahren, um besonders der Sonne ausgesetzte, oft in der Schräge angelegte Schonungen zu wässern. Etwa an der Gemarkungsgrenze zu Dossenheim. Es ist also nicht die Hitze allein, die die Stadtwaldbäume ächzen und im schlimmsten Fall zu Boden gehen lässt - es ist vor allem die Trockenheit, erklärt Experte Friedrich. Spätestens wenn der Grundwasserspiegel sinkt und der Waldboden trockenfällt, bekommen einige Baumsorten Stress, werden anfällig für Schädlinge oder Pilze. Oder sie vertrocknen.
Regen auch im Sommer gewöhnt
Waren früher auch im Sommer Regenzeiten „eingebaut“, scheinen diese in den vergangenen Jahren auszubleiben. Und obwohl die Winter offenbar feuchter werden und die Wasserbilanz insgesamt damit auszugleichen scheint, ist die zunehmende Sommer-Trockenheit für die Vegetation keine gute Nachricht, berichtet Friedrich. Denn die Pflanzen sind in der warmen Jahreszeit deutlich aktiver, verstoffwechseln über die Blätter - und brauchen dafür Wasser.
Einige Bäume gehen mit dem Wasser im Boden sehr sparsam um, andere geradezu verschwenderisch. Kiefern oder Eichen etwa besitzen meist kleinere Blätter beziehungsweise Nadeln und sind daher genügsamer. Außerdem haben einige Arten an der Blattunterseite kleine Öffnungen zum „Verdampfen“ des Sauerstoffs. Und die könnten bei Trockenheit geschlossen werden. Größeren Problemen sind mit der Trockenheit einige Buchenarten ausgesetzt. Die in Mitteleuropa beheimateten Stämme lieben das Klima hier sehr - aber von allen Laubbaumarten hätten sie die größten Schwierigkeiten mit Trockenheit. Aber alle Bäume „über einen Kamm“ zu scheren, sei problematisch. Denn nicht nur Bäume und Arten, auch die Herkunft der Baum-DNA spiele eine Rolle. Daher sind die Forstpfleger gehalten, Vielfalt zu erhalten. Bei den Nachpflanzungen etwa müssen 20 Prozent des Saatguts, das schreibt das Waldgesetz vor, aus der tiefergelegten Rheinebene, also der schon jetzt stärker der Trockenheit ausgesetzten Vegetation, im höher gelegenen Heidelberger Wald nachgepflanzt werden.
So soll der Forst insgesamt besser auf die Herausforderung des sich wandelnden Klimas eingestellt werden. Gut mit weniger Wasser kommen auch Linden zurecht. Während Sommerlinden gerne als Solitäre etwa im Biergarten Schatten spenden, seien Winterlinden gerne gesehene Waldbäume.
Zudem vertrügen sie sich gut mit Eichen: Während Letztere in tieferen Schichten wurzeln, suchen Linden im flacheren Bereich nach Feuchtigkeit und Nahrung. So graben sich diese beiden Baumsorten nicht gegenseitig das Wasser ab, sondern ergänzen sich.
Kompakterer Wuchs
Die Auswahl sogenannter Zukunftsbäume sei ebenfalls eine Maßnahme, um den Wald insgesamt klimafit zu machen: Diesen Stämmen wird besonders viel Platz gegeben, damit sie eine prächtige Krone entwickeln können - und eher kompakt und klein bleiben, während andere weit nach oben streben müssen, um in einem dichten Bewuchs überhaupt ans Licht zu kommen. Ein eher kompakter Baum aber benötigt auch weniger Wasser als einer, der die Feuchtigkeit meterlang durch den Stamm zur Photosynthese in den Blättern pumpen muss.
2018 trug Heidelberg den Titel „Waldhauptstadt“. Die Organisation PEN würdigte damit vorbildliches Engagement bei der Bewirtschaftung des Stadtwaldes. Der Titel wurde nach einem Jahr turnusgemäß weitergegeben. Im August 2021 hat Heidelberg als bundesweit erste Stadt für das Gebiet rund um die Reha-Klinik Königstuhl das international anerkannte PEFC-Gütesiegel „Kur- und Heilwald“ erhalten.
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