Heidelberger Frühling

Thomas Quasthoffs stimmgewaltige Koketterie passt nicht zu jedem Song

Thomas Quastoff nutzt beim Heidelberger Frühling seine Carte-blanche, um mit dem Duo Shawn & The Wolf im Karlstorbahnhof Jazzklassiker zu spielen

Von 
Andreas Ahlemann
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Sänger Thomas Quasthoff (Mitte) hat sich Gitarrist Wolfgang Meyer (l.) und Posaunist Shawn Grocott als Begleiter beim Heidelberger Frühling eingeladen. © Studio Visuell

Heidelberg. Den Schritt vom klassischen- zum Jazzgesang erfolgreich zu gehen, gelingt nicht vielen Künstlern, sind die gesanglichen Unterschiede doch sehr groß. Thomas Quasthoff, der in der Klassik gestartet und nach einer bewegten, großen Karriere im Jazz gelandet ist, begründet seine Wandlung mit dem Mangel an musikalischer Interpretationsfreiheit im „ernsten“ Fach.

Im Rahmen des Musikfestivals Heidelberger Frühling im neuen Karlstorbahnhof gastiert der Bassbaritonist mit dem Posaunen-/Gitarrenduo Shawn & The Wolf, bestehend aus dem aus Kanada stammenden Posaunisten Shawn Grocott und Wolfgang Meyer an der Gitarre.

Kokettieren mit tiefer Stimmlage

Den Anfang des Abends bestreitet das Instrumentalduo noch ohne Gesang, wobei schnell hörbar wird - hier spielen zwei Künstler, die bestens miteinander kommunizieren und bei filigraner Musik stilistisch harmonieren. Mit Quasthoff, der sich ab dem dritten Stück zu dem Duo gesellt, ändert sich nicht nur das Programm hin zu Jazzklassikern und Standards der 1940er bis 1970er Jahre.

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Der gefeierte Bassbariton bringt neben seiner sonoren Stimme und einer vokal imitierten Schlagzeugbegleitung auch launig unterhaltsame Ansagen ein. Wenn Quasthoffs Vortrag in seiner Vielseitigkeit unter Einschluss eines ausgedehnten Solos als gesungenes Gespräch in verschiedenen Stimmen auch beeindruckt, stellt sich doch die Frage, ob eine Koketterie mit seiner bassigen Stimmlage sich wirklich für jeden Song eignet.

Bei einem zarten „Moon River“ von Mercer / Mancini im Stil von Audrey Hepburn beispielsweise, oder dem von Mahalia Jackson dereinst bewegend gesungenen melancholischen Spiritual „Motherless Child“ wirkt eine derart kernige Männerstimme bei aller Qualität eher ein bisschen bedrohlich. Bei der Programmauswahl, die in Anbetracht der stilistischen Verschiedenheit der musikalischen Herkunft von Instrumentalisten und Sänger sicher nicht einfach ist, hätte man vielleicht doch auch den jeweiligen Songcharakter beachten können.

Musikalisches Unikum

Und dennoch. Quasthoff ist in gewisser Weise ein musikalisches Unikum. Es gibt Aufnahmen mit seinem eigenen Quartett, dessen Power seine kräftige Stimme hervorragend begleiten. In Heidelberg hört man trotz bester Unterhaltung ein Konzert mit kleinen Ungereimtheiten.

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