Heidelberg. Zwei Jungs sitzen stundenlang nebeneinander auf einer Bank im Park und malen sich die Zukunft aus. Die beiden, zwölf Jahre alt, sind ganz eins in ihrer unverbrüchlich scheinenden Kinderfreundschaft. Aber eines Tages haben sie sich plötzlich einfach nichts mehr zu sagen: Aus diesem Stoff hat der in Walldorf lebende Autor, Kleinkünstler und Musiker Arnim Töpel einen berührenden Roman gemacht. Es ist der erste, den er ausschließlich auf Hochdeutsch geschrieben hat. „Fascht“, fügt Töpel auf dem Buchrücken hinzu. Das zweite Thema in „Rechtzeitig gehen“: die erste große Liebe.
"Rechtzeitig gehen": Arnim Töpel schreibt neuen Roman über erste große Liebe
Wieder hat sich Töpel eine Weile auf eine Nordsee-Insel zurückgezogen, um zu schreiben. Sein „Kommissar Günda“ sollte einen neuen Fall bekommen. Doch lag es daran, dass sich der kauzige Ermittler schon im vorvergangenen Buch in Pension verabschiedete? Es wurde nichts aus dem neuen „Günda“-Fall. „Eine Idee und sogar einen Plan hatte ich eigentlich“, erzählt der Autor. Doch „Günda“ kam wieder in die Schublade. Schon länger war in Töpel auch der Wunsch gereift, einen Roman auf Hochdeutsch zu schreiben. Diese Idee nahm überhand – und die 130 Seiten begannen sich zu füllen. Nun ist das Buch fertig und im Buchhandel zu haben.
Mundart und Musik
- Arnim Töpel, geboren 1959, ist gelernter Jurist, er arbeitete zunächst als Fernseh- und Rundfunkmoderator, dann als Musiker und Kabarettist.
- Er wurde mit dem Deutschen Kleinkunstpreis (Förderpreis) ausgezeichnet und bekam 2014 die Hermann-Sinsheimer-Plakette für seine Verdienste um die Sprache.
- Töpel tritt solo mit Lesungen und Kabarettprogrammen auf und gibt Konzerte.
- Neben den acht Mundartkrimis um „Kommissar Günda“ hat er ein Dialekt-Kinderbuch und eine Biografie („Günter Haritz“) veröffentlicht.
„Titelfoto: Horst Töpel“ heißt es im Klappentext. Das Schwarzweiß-Foto ist aus dem Familienalbum und zeigt Arnim Töpel im Alter von etwa drei Jahren. Also ist „Rechtzeitig gehen“ eine autobiografische Erzählung? Nein, unterstreicht Töpel. Aber eine Erzählung, zu der vielen Lesern ganz sicher eigene Erfahrungen einfallen. Und darauf kommt es ihm an: „Das Buch soll gerne Impulse geben.“ Und so wird das Buch sicher im Kopf vieler Leser zum Film.
Handlung des Romans durch Biografie inspiriert
Dass es funktioniert, hört Töpel aus den Reaktionen der ersten Leser heraus: „Jeder erzählt mir eigene, ganz unterschiedliche Geschichten über Freundschaften aus der Kindheit oder die erste Liebe, an die sie sich beim Lesen meines Buchs erinnern.“ Das sei „ganz wunderbar“ so.
Manches, wie einen Sprachaufenthalt im britischen Brighton, hat Töpel tatsächlich erlebt, aber im Roman durch Fiktion ergänzt – und die Erzählung zum Teil auch bewusst verfremdet. Ein Beispiel: Die Titelfigur im Roman hat mit Musik gar nichts am Hut, empfindet sie sogar als Zumutung. Und das kann man über den 65-jährigen Autor nun wirklich nicht behaupten.
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Der Titel „Rechtzeitig gehen“ wird seinen Fans bekannt vorkommen: Vor 20 Jahren nannte Töpel ein Kabarett-Programm genauso. Damals, noch weit zum Rentenalter entfernt, sinnierte er über das Leben in Senioren-WGs und den Jugendwahn der Gesellschaft. Ist ihm denn nun nichts Neues für den Roman eingefallen? „,Rechtzeitig gehen’“ ist mein Lieblingstitel“, erklärt Töpel den Buchtitel. Und das, obwohl „Sex ist keine Lösung“ das eigentlich erfolgreicher und häufiger gespielte Programm gewesen sei.
Briefroman "Rechtzeitig gehen" spielt mit der Frage "Was wäre wenn?"
Im passenden Moment den Absprung zu schaffen, das sei ohnehin „eine Lebensaufgabe“, wird Töpel nachdenklich. Aber: „Rechtzeitig zu gehen ist auch eine heikle Aufgabe.“ Schon deshalb, weil meist mindestens einer zurückbleibt, wenn ein Mensch geht. Er selbst, betont Töpel, sei im Leben immer „ganz gut“ darin gewesen, rechtzeitig zu gehen. Zum Beispiel, als er vor fast zweieinhalb Jahrzehnten seinen Job als Radiomoderator bei SWR an den Nagel hängt und ab dann hauptberuflich als Musiker und Kabarettist – nicht Comedian – unterwegs ist.
Das große Thema der als Briefroman angelegten Erzählung ist auch das faszinierende Spiel mit „Was wäre wenn“: Wie hätte sich mein Leben entwickelt, wenn ich an dieser Stelle einen anderen Weg eingeschlagen hätte, diese Frau oder diesen Mann geheiratet hätte – anstatt ihn oder sie zu verlassen? Vielleicht googelt man in einer schwachen Stunde den Namen des Verflossenen und malt sich aus, wie es weiter gegangen wäre – bevor man ging?
Was man habe, werde gerne unterschätzt, findet der gebürtige Heidelberger. Auf der anderen Seite „biege“ man sich die Dinge auch gerne mal zurecht – anstatt rechtzeitig zu gehen. Weil das einen Entschluss und Energie voraussetze.
Es ist also ein Buch, das zum Nachdenken über das eigene Leben anregt, aber nicht verkopft, sondern sehr leichtfüßig und unterhaltsam daherkommt – und romantisch allemal. Allen Fans von „Kommissar Günda“ ruft Töpel noch zu, dass die Mundart-Figur zwar diesmal nicht zum Zuge kam. „Es ist aber nicht auszuschließen, dass ich noch eine weitere Episode schreiben werde“, ergänzt er mit Augenzwinkern.
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