Heidelberg. Es soll eine europaweit einzigartige Einrichtung werden: In der Heidelberger Altstadt plant das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma einen Neubau. Nach der ersten Präsentation gab es auch Kritik an der massiven Architektur. Wichtigste Botschaft: Das Gebäude wird niedriger, die Fassade begrünt. Der Wissenschaftliche Leiter des Dokuzentrums, Emran Elmazi, Planer Thorsten Kock und Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck haben den Stand der Planungen am Mittwochabend im Karlstorbahnhof rund 100 Interessierten vorgestellt. Was wichtig ist:
Idee: Mit dem Neubau sollen die 27 Jahre alte Dauerausstellung zum Holocaust an den Sinti und Roma um die 600-jährige Geschichte der deutschen Minderheit erweitert werden. Ziel ist es, die einzigartige Sammlung und die Bibliothek zur Kulturgeschichte der Sinti und Roma sowie zum Nationalsozialismus besser zugänglich zu machen.
Planer: In einem Wettbewerb der IBA 2021 hat das Stuttgarter Architektenbüro „bez + kock“ überzeugt. In einem ersten Schritt wurde der Entwurf an die Bedürfnisse eines Museumsgebäudes angepasst.
Was neu ist: Die aktuellen Pläne zeigen ein deutlich niedrigeres Gebäude als die ersten Entwürfe, das nun gestaffelt ist. „Mindestens einen Meter“ niedriger soll es werden, betont Elmazi. Ob es sogar 1,20 Meter weniger werden, werde noch geprüft. „Der Baukörper schiebt sich unter die Traufe des Nachbarhauses“, betont Odszuck. Auch die Fassade an der Bremeneckgasse und an der Zwingerstraße (hier wurde die Gebäudewand zudem ein Stück zurückgesetzt) werden anders gestaltet: Der rote Sandstein bekommt von unten nach oben von grob bis fein anderee Strukturierungen. Außerdem sind an diesen beiden Seiten begrünte Wände vorgesehen.
Besonderheiten: Das Projekt, sagt Kock, ist „auf vielen Ebenen komplex“: Das Grundstück hat eine dreieckige Form und überwindet großes Gefälle und liegt am „heiligsten Berg der Stadt, dem Schlossberg“, die Großbaustelle muss mitten in der dicht bebauten Altstadt organisiert werden, und das Gebäude soll seine „öffentliche Funktion - anders als etwa Kirchen - nicht vor sich hertragen“ - sprich: Es soll nicht zu „laut“ sein. Gleichzeitig soll (mit einem Café im Erdgeschoss und einem kleinen öffentlichen Platz davor sowie einer großen Dachterrasse) ein „Treffpunkt im Quartier“ geschaffen werden.
Raumkonzept: Die Dauerausstellung des Museums bekommt auf zwei Etagen viel Platz. Im Erdgeschoss sind neben einem öffentlichen Café ein großer und ein kleiner Veranstaltungsraum sowie ein großzügiges Foyer drinnen und ein öffentlicher Platz vor dem Eingang vorgesehen. Ein von oben lichtdurchfluteter Raum für Wechselausstellungen (Kabinett) wird ebenfalls im Neubau entstehen. Das neue Dokuzentrum soll barrierefrei sein, „der Demokratie dienen“, sich nach außen öffnen und neue Besuchergruppen gewinnen helfen, sagt Elmazi.
Zeitplan: Im Dezember 2022 begannen die Planungen. „Im Moment befinden wir uns in der Entwurfsphase“, beschreibt Projektleiter Thomas Schäfer. Mitte des Jahres sollen der Entwurf fertig sein und der Wettbewerb für Kunst am Bau starten. Im Frühjahr 2025 sei mit ersten Abbrucharbeiten und Sanierungsarbeiten am denkmalgeschützten Altbauteil des Objekts zu rechnen; Mitte 2025 könnten die „sehr umfangreichen“ Erdarbeiten beginnen. Klappt alles nach Zeitplan, wäre das Gebäude Anfang 2028 fertig. „Die einzelnen Gewerke sollen einzeln vergeben werden“, sagt Schäfer, damit lokale Handwerker die Möglichkeit haben mitzubauen.
Einspruchsmöglichkeit: Bauherr und Stadt versprechen, dass es weitere Bürger-Veranstaltungen zum Thema geben wird. Während der vierwöchigen Auslage der Pläne im Bebauungsplanverfahren kann sich laut Odszuck jeder Bürger „rechtswirksam äußern“, die Einwände werden einzeln vom Gemeinderat gewürdigt und behandelt.
Finanzierung: Der Bund hat seine Zusage in Höhe von rund 25 Millionen Euro für das neue Dokuzentrum bereits gegeben; die Zusage des Landes, die in gleicher Höhe diskutiert wird, steht noch aus.
Kritik: Anwohner wie zum Beispiel Rolf Steltemeier kritisieren das „eher hochbunkerartige“ Format, andere die „klotzige“ Anmutung. Das Gebäude sei zu groß und sorge für zu viel Verschattung, finden auch die Mitglieder der „Bürgerinitiative Bebauungsplan Bremeneck (BiBB)“. Das Bauvolumen sei zu groß für die Heidelberger Altstadt.
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