Letzte Generation

Mannheimer Klima-Aktivist Raúl Semmler unterbricht Vorlesungen in Heidelberg

"Die Tür war offen", sagt Raúl Semmler. Am Montag hat er ein Seminar an der Uni Heidelberg gestört, um auf eine eigene Veranstaltung hinzuweisen. Ein Professor gab ihm 90 Sekunden Redezeit. Das Video geht viral

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Stephan Alfter
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Raúl Semmler, Aktivist der Gruppierung Letzte Generation, bei einer Kundgebung vor dem Mannheimer Amtsgericht im April 2024. © Stephan Alfter

Heidelberg. Der Mannheimer Klima-Aktivist Raúl Semmler hat mit anderen Anhängern der Gruppierung „Letzte Generation“ in den vergangenen drei Tagen mehrmals Vorlesungen an der Heidelberger Universität gestört. Unter anderem unterbrach er am Montag eine Vorlesung bei Timo Goeschl, Professor für Umweltökonomie, um auf einen Vortag seiner Gruppierung am Mittwochabend um 19 Uhr im Welthaus Heidelberg hinzuweisen.

Auf der Plattform X (früher Twitter) wurde seit Montagabend ein entsprechendes Video 10 000 mal angeklickt, das zeigt, wie Semmler in den Vorlesungsraum kommt und ein Rederecht für sich beansprucht. Seminarleiter Goeschl will ihn zunächst wieder aus dem Raum drängen, aber Semmler lässt sich nicht von seinem Vorhaben abbringen und bittet um drei Minuten. Unter dem Gelächter der Studentinnen und Studenten teilt Goeschl ihm mit, dass er sich im Sekretariat hätte anmelden müssen, wenn er etwas mitteilen wolle.

Vorwurf: Raul Semmler einst Sprecher von Werbung für Autos

Schließlich gibt der Uni-Dozent Semmler 90 Sekunden Zeit, unterbricht ihn dann aber gleich zu Beginn, als dieser sagt, er sei von der Letzten Generation. „Natürlich sind Sie das“, so Professor Goeschl unter lautem Lachen der Anwesenden. Bei aller Ernsthaftigkeit des Themas entspinnt sich ein kleiner Dialog: Der bekannte und inzwischen mehrfach mit Bußgeldern in Höhe von Tausenden Euro belegte Semmler bittet nämlich darum, nicht von dem Professor unterbrochen zu werden. Darauf wiederum antwortet Goeschl, dass Semmler sich nicht angemeldet habe und er gleichermaßen von ihm unterbrochen worden sei. Wer hat also wen unterbrochen?

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In den folgenden eineinhalb Minuten folgt Semmlers inzwischen bekannte Rede: Die Klimakatastrophe habe sich auch nicht angemeldet und alle müssten Widerstand leisten. „Es betrifft Euch alle. Ihr seid die Generation, die damit am längsten zu tun haben wird“, appelliert er an die mehr als 100 jungen Studierenden im Saal. Die Kommentare in den Netzwerken von X und anderswo gleichen sich ebenfalls. Von „Spinner“, „Spacko“, „Idiot“ und anderen Beleidigungen mal abgesehen, äußert der X-User Dirk N: „Erst Werbung für Seat machen und nun den Klima-Aktivisten raushängen“.

Tatsächlich ist Semmler ein ausgebildeter Schauspieler mit Diplom. Als Sprecher hat der 40-Jährige vor seiner Zeit als Klima-Aktivist Werbeclips für Autos eingesprochen, wie er gegenüber dieser Redaktion einräumt. Inzwischen, so sagte er kürzlich in einer Gerichtsverhandlung, lebe er von sehr wenig Geld und ist vorrangig als Klima-Demonstrant unterwegs. Er beteiligte sich an Straßenblockaden in ganz Deutschland und war auch bei Störungen des Betriebs am Frankfurter Flughafen beteiligt. Immer wieder bittet er Menschen darum, ihn bei seinem zivilen Ungehorsam finanziell zu unterstützen. Die Kosten für die Bewältigung von Umweltkatastrophen seien viel höher, als sie zu verhindern, mahnt er immer wieder.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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