Sprühfarbe

"Letzte Generation" greift Uni Heidelberg an und verbreitet Fakenews

Feuerlöscher als "Sprühdose": Zum Uni-Start nutzten Klimaaktivisten der "Letzten Generation" eine Erstsemester-Begrüßung als Bühne. Eine Information, die sie dann am Nachmittag publizieren, ist schlichtweg falsch

Von 
Stephan Alfter
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Orange Revolution? Mit Feuerlöschern rennen Klimaaktivisten auf die Fassade der Universität zu. © Letzte Generation/Alexander Kästel

Heidelberg. Aus ihren umfunktionierten Feuerlöschern kam kein Schaum, sondern ein knalliges Orange: Innerhalb weniger Sekunden haben am Montagmorgen zwei Klima-Aktivisten die weiße Fassade des Universitätsgebäudes am gleichnamigen Platz in der Heidelberger Innenstadt verschandelt. Sie nutzten eine Willkommensveranstaltung für die Studierenden im ersten Semester - mit dabei war auch Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) - für ihre Zwecke.

Es dauerte einige Augenblicke, ehe die beiden Farbsprüher unter hörbarem Raunen der Menge abgedrängt wurden. „Was ist gute Bildung wert auf einem Planeten ohne Wasser und ohne Essen?“, fragte einer von ihnen in typischer Manier der Klimakleber, als man ihm seinen Feuerlöscher abgenommen hatte. Diesen hatte er zuvor wie ein Brandbekämpfer auf das Uni-Gebäude gerichtet.

Nach der großen Orange-Attacke auf das Brandenburger Tor im September greift die „Letzte Generation“ nun auch im Rhein-Neckar-Raum zum Farbeimer. Die zwei jungen Männer, ein 20-Jähriger und ein 27-Jähriger, ließen die Finger dieses Mal vom Klebstoff und versuchten eine Emotionalisierung auf anderer Ebene zu erreichen - mittels Sachbeschädigung. Mit diesem Fall müssen sich nun die Justizbehörden beschäftigen. Die Höhe des entstandenen Schadens steht jedenfalls noch nicht fest. Beim Brandenburger Tor geht man inzwischen von einem sechsstelligen Euro-Betrag aus.

War der Rhein fast ausgetrocknet?

Die ohnehin anwesenden Polizeibeamten nahmen die beiden Aktivisten vorübergehend fest. Bei einem der Beiden handelt es sich offensichtlich um Moritz Riedacher. Er ist einer der bekannteren Mitglieder der „Letzten Generation“ und fungierte mehrfach als Sprecher nach Straßenblockaden in Stuttgart. Riedacher wurde nach Berichten mehrerer Medien schon zweimal zu jeweils viermonatigen Haftstrafen verurteilt, nachdem er bereits Dutzende Male den Verkehr aufgehalten haben soll.

„Dem lebendigen Geist“ steht über der Tür der Universität. Nach dem Farbanschlag ist diese Widmung nicht mehr deutlich lesbar. © Philipp Rothe

Sein Partner bei der aktuellen Aktion, die sich ungefähr zeitgleich an mehreren Universitäten in Deutschland abgespielt hat, war der 20-jährige Malte Nierobisch. Er richtete sich mit einem Statement an die Neuankömmlinge an der Uni. „Wir werden so lange protestieren, bis die Bundesregierung aus den fossilen Brennstoffen aussteigt. Doch unser Appell geht nicht nur an die Bundesregierung, unser Appell geht an die jungen Leute: ,Unfuck the System. Now’. Gebt euch nicht ab mit der Klimakrise, wehrt euch! Kommt in den friedlichen Protest!”

Noch am Vormittag verbreitete die regionale Gruppe der „Letzten Generation“ eine Pressemitteilung zum morgendlichen Geschehen per Mail. Darin standen jedoch nicht nur Wahrheiten, sondern auch Behauptungen, die einer Prüfung eher nicht standhalten würden.

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Von
Yelin Türk
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So hieß es, dass bereits jetzt die ersten Auswirkungen der Klimakatastrophe auch in der Rhein-Neckar-Region deutlich spürbar seien. So weit, so richtig. Der folgende Satz lässt aber etwas tiefer blicken: „In den Sommern 2022 und 2023 trocknete der Rhein fast vollständig aus“, heißt es da. Der Rhein im Juli als bloßes Rinnsal? Eher nicht. Richtig ist, dass es aufgrund ausbleibender Niederschläge im Zuge des Klimawandels häufiger zu Phasen von Niedrigwasser kommen soll.

Von einer bevorstehenden Austrocknung konnte zuletzt jedoch keine Rede sein, wenngleich Wissenschaftler für die fernere Zukunft davor warnen. Entsprechend apokalyptisch ist die Sprache der Klimaaktivisten im weiteren Verlauf der Mitteilung vom Montag. Sie warnen vor dem „tödlichen Regierungskurs“ des Kabinetts von Bundeskanzler Olaf Scholz.

Tagesablauf nicht gestört

Die Stadt Heidelberg habe schon im Jahr 2019 den Klimanotstand ausgerufen, ohne daraus jedoch besondere Notstandsmaßnahmen abzuleiten, werfen die Aktivisten unter anderem auch Oberbürgermeister Eckart Würzner vor. Der Masterplan Klimaschutz sei laut Expertenansicht weder ausreichend ambitioniert, noch würden die enthaltenen Maßnahmen tatsächlich umgesetzt.

Die Störaktion vom Montagmorgen - das berichtete die Universität Heidelberg auf Nachfrage am Nachmittag - hatte zunächst keine weiteren Folgen für den Verlauf des Erstsemestertags. Es mussten weder Seminare abgesagt noch Vorlesungen verlegt werden. Rektorin Frauke Melchior und Eckart Würzner begrüßten die Studierenden wie geplant und offerierten eine Info-Börse, bei der sich unter anderem die Beratungs- und Serviceeinrichtungen der Universität vorgestellten.

„Dem lebendigen Geist“, heißt es in großen Lettern über der Eingangstür des Uni-Gebäudes. Auch dieser Schriftzug ist am Montag durch die orangene Farbe zumindest in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Heidelberger CDU-Stadtrat Matthias Kutsch sagte dazu: „Es ist eine Schande, was die ,Letzte Generation’ macht. Weder zeugt diese Straftat von einem lebendigen Geist noch hilft sie dem Klimaschutz. Engagiert euch endlich konstruktiv.“

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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