Das Wichtigste in Kürze
- Die Kurfürsten-Anlage in Heidelberg wird ein neuer Begegnungsraum durch Sanierung und Engagement.
- Der Verein gegen Müdigkeit fördert soziale Integration und schafft positive Begegnungsräume.
- Armut und Obdachlosigkeit bleiben gesellschaftliche Herausforderungen, die angegangen werden müssen.
Metropolregion. Zur Gesamtansicht einer Stadt gehören Gebäude, Infrastruktur, öffentliche Räume, aber vor allem Menschen, die diese Stadtlandschaft durch das Miteinander prägen. Der Bereich zwischen Hauptbahnhof und Römerkreis gilt seit jeher als gefährlicher, undurchsichtiger Ort, vorwiegend von Drogenabhängigen und Obdachlosen genutzt – irgendwann nachdem der alte Heidelberger Kopfbahnhof von 1840 nahe der Altstadt rund einen Kilometer weiter westlich als Durchgangsbahnhof konzipiert und vom damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss am 5. Mai 1955 eingeweiht worden war.
Seit Montag besteht die erneute Chance für einen Neubeginn in Heidelberg
Doch sukzessive wurden aus der ursprünglichen Bahntrasse Richtung Mannheim Straßenzüge und die bepflanzte Kurfürsten-Anlage. Und ein Problembezirk, den es in größeren Städten überall gibt. 1955 wurde auch die großflächige Brunnenanlage mit ihren Wasserspielen errichtet. Sie sollte – von der Idee her – ein Anziehungspunkt für Bürgerinnen und Bürger sein. Doch es kam am Drehkreuz zwischen Altstadt und Hauptbahnhof, zwischen Bergheim und der Weststadt bekanntlich ganz anders.
Seit Montag besteht die erneute Chance für einen Neubeginn. Stadtverwaltung, Landschafts- und Forstamt, Stadtplanungsamt, Architekt, Baufirma und einige Medienvertreter treffen sich am unter Denkmalschutz stehenden Brunnen, der mitsamt der weitläufigen Platzfläche von rund 1.500 Quadratmetern akribisch-aufwändig für 1,4 Millionen Euro saniert wurde. Acht Jahre lang herrschte Betriebspause für die beruhigenden Wasserspiele. Die Technik musste mit dem „Herzstück“ unterhalb des Brunnens mit neuer Filteranlage, Entkalkungsanlage, Flüssigchlordosieranlage und komplett ausgetauschten Rohrsystemen auf den neuesten Stand gebracht werden, sodass ähnlich wie in einem topmodernen Schwimmbad Wasserqualität, Desinfektion und pH-Wert stimmen.
Eines von 50 Projekten
- Insgesamt 950.000 Euro war der Stadt Heidelberg, in enger Abstimmung mit der Landesdenkmalpflege, die Sanierung wert.
 - Die anderen 450.000 Euro stammen aus der Förderung des Bundesprogramms „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ .
 - Der programmatische Titel in der Universitätsstadt heißt „Mittendrinnenstadt“ – die historische Brunnenanlage nach dem Motto „Erhalt geht vor Erneuerung“ ist eines von über 50 Projekten, die zwischen Karlstor und Hauptbahnhof seit drei Jahren umgesetzt wurden.
 
Raoul Schmidt-Lamontain, Bürgermeister für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität, spricht von einem „anspruchsvollen Projekt und einer sensiblen Anpassung“. Jetzt gehe es darum, wie dieser schöne, einsehbare Platz genutzt werde. In diesem Zusammenhang hebt er das begleitende bürgerschaftliche Engagement hervor. Der Verein gegen Müdigkeit habe viel positive Energie investiert und „ein soziales Auge mit auf diesen Platz geworfen“.
Ohne Finanzzuschüsse wäre die facettenreiche Instandsetzung der Pflaster- und Natursteinflächen, der Beckenbereiche mit bunten mediterranen Mosaiken und silbernen Düsen, umgebenden Blumenbeeten, Bänken, alten Mauerlampen, neuen Beleuchtungsstäben der benachbarten Stadtwerke unmöglich gewesen. Insgesamt 950.000 Euro war der Stadt Heidelberg, in enger Abstimmung mit der Landesdenkmalpflege, die Sanierung wert.
Die anderen 450.000 Euro stammen aus der Förderung des Bundesprogramms „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“. Der programmatische Titel in der Universitätsstadt heißt „Mittendrinnenstadt“ – die historische Brunnenanlage nach dem Motto „Erhalt geht vor Erneuerung“ ist eines von über 50 Projekten, die zwischen Karlstor und Hauptbahnhof seit drei Jahren umgesetzt wurden.
Abteilungsleiter für Stadtentwicklung: „Es ist von Belang, die Innenstädte größer zu denken“
„Es ist von Belang, die Innenstädte größer zu denken“, sagt Peter Hoffmann, Abteilungsleiter im Amt für Stadtentwicklung und Stadtplanung, und weist damit auf die Scharnierfunktion der Kurfürsten-Anlage hin. Im Sommer hatte Heidelberg mit der Aktion frei zugänglicher Klaviere auf vier öffentlichen Plätzen für Aufmerksamkeit in der „Mittendrinnenstadt“ gesorgt. Nun soll der rufbeschädigte Bereich zwischen Tipico-Wettbüro, Kaufland und Stadtwerken, als Bereicherung des Stadtbildes und des Stadtlebens eine Imageaufwertung erfahren und die gestalterische Basis für mehr Empathie, friedlichere Zusammenkünfte und positiv konnotierte öffentliche Begegnungsräume schaffen.
„Ich blicke hoffnungsvoll in die nahe Zukunft, dass wir ein gutes Miteinander finden“, sagt Shooresh Fezoni, Mitbegründer und Vorstand des Vereins gegen Müdigkeit, gegenüber dieser Redaktion. Das gehe zwar nicht von heute auf morgen, doch es sei „eine Art von kooperativer Stadtentwicklung par excellence“, die sich im „Rattenpark“ oder „Bella Park“ Schritt für Schritt bemerkbar mache.
Seit Jahren leistet der gemeinnützige Verein mit seinen zusammengerechnet zweieinhalb hauptamtlichen Stellen und mehr als 25 Ehrenamtlichen wertvolle Dienste. Das Zusammenspiel mit Stadtverwaltung, Ordnungsdienst, Polizeibehörden und sozialen Organisationen ist eine Facette. Der Maßnahmenkatalog, vervollständigt durch die Waffen- und Messerverbotszone (täglich zwischen 17 Uhr und 6 Uhr morgens am nächsten Tag geltend) seit dem 1. Oktober 2025, beinhaltet zudem zahlreiche Kontrollgänge und Bußgeldstrafen bis zu 350 Euro bei Nichtbeachtung des „Waffenstillstands“.
Das Gesamtpaket zeigt Wirkung: Der Stress, der laut Shooresh Fezoni insbesondere innerhalb der Gruppe gewalttätiger Personen entstehe, sei deutlich weniger geworden. „Bei den Drogen handelt es sich gar nicht mal so sehr um harte Drogen, sondern vorwiegend um Hasch – wie in Mannheim oder anderen Städten“, berichtet Fezoni.
Aus Angsträumen Begegnungsräume schaffen
Nach zweieinhalb Jahren künstlerischer wie stadtmacherischer Ansätze hält er einen Aspekt für zentral. „Das A und O ist bei all unserem Tun, die Menschen würdig abzuholen. Das müssen wir alle gemeinsam hinkriegen.“ Das heißt? Integration statt Ausgrenzung: Menschen zuzuhören und ihnen eine Stimme zu geben. Aus Angsträumen Begegnungsräume zu schaffen, wie beispielsweise am benachbarten Kiosk des Vereins gegen Müdigkeit, der Kunst, Kultur, Spiele wie Schach oder Tischtennis, Erinnerungen und Parkerlebnisse („Park ABC & Faktencheck, „Wuselkarte“, „A Walk in the Park“) miteinander verknüpft.
Eigentlich schaffe der Verein Kunst im öffentlichen Raum. Public-Art-Protagonist Fezoni: „Wir gestalten Räume und vor allem auch Beziehungen, die in diesen Räumen passieren. Heidelberg hat ganz wenig Grünflächen. Also ist der Park ein Schatz, den wir zurückerobern möchten.“
Alle Beteiligten wissen, dass die Probleme nicht im Hauruckverfahren zu lösen sind. Armut und Obdachlosigkeit sind längst ein gesellschaftliches Phänomen. Selbst in der gutbürgerlichen Heidelberger Weststadt seien immer mehr Obdachlose zu entdecken. Ein „Housing-First-Prinzip“ könne für Entlastung sorgen.
Auch Drogenabhängige, Obdachlose und „Gestrandete“ gehören zur Gesamtansicht der Stadtgemeinschaft
Fezoni und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter wollen weiter „Mitmachen“ in der Weiterentwicklung urbaner Strukturen. 2026 planen sie die Gestaltung eines alternativen Wettbüros im sogenannten „Bermudadreieck“. Auf jener Rasenfläche, die schräg gegenüber vom Tipico-Eckhaus liegt. Der alte, neue Brunnen, der 70.000 Liter Wasser pro Stunde umwälzt, der Platz in der Kurfürsten-Anlage, der Kiosk im „Bella Park“, die Sitzflächen – sie sind Mosaiksteine einer Herausforderung. Und dabei gehören in Heidelberg auch Drogenabhängige, Obdachlose und „Gestrandete“ zur Gesamtansicht der Stadtgemeinschaft.
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