Ludwigshafen. Scheidungsgespräche und Domino - was in Ludwigshafen gerade passiert, hat von beidem etwas. Fällt ein Stein, dann hat das Auswirkungen auf die folgenden. Bleibt einer stehen, stockt alles. Ein nicht unwesentliches Element im Ringen um eine völlige Neustrukturierung der Geburtsstadt des 2017 verstorbenen CDU-Bundeskanzlers Helmut Kohl ist das Gebäude der Kreisverwaltung des Rhein-Pfalz-Kreises am Europaplatz. Es liegt direkt neben der maroden Hochstraße Nord, die abgerissen werden soll. Die Zukunft der Immobilie ist offen, denn Landrat Clemens Körner hat - ganz unabhängig von maroden Straßen - schon seit geraumer Zeit das Ziel, die Stadt mitsamt mehreren hundert Mitarbeitern zu verlassen.
Gesetzliche Verordnung von 1969 muss für Umzug geändert werden
Salopp gesprochen, ist das bestehende Kreishaus in seinem Zustand der nebenan verlaufenden Hochstraße nicht ganz unähnlich, weshalb mehr als ein Dutzend Standorte für einen Neubau ins Auge gefasst worden waren. Inzwischen ist klar: Körner möchte nach Schifferstadt auf ein Gelände direkt neben dem Hauptbahnhof umzuziehen, das früher von der Bereitschaftspolizei genutzt wurde und heute dem Schifferstadter Bauunternehmen Heberger gehört. Raus aus Ludwigshafen also, das seit mehr als fünf Jahrzehnten Sitz der Verwaltung ist, die früher auf den Namen Landkreis Ludwigshafen hörte. Zum 1. Januar 2004 wurde dieser in Rhein-Pfalz-Kreis umbenannt - damals auch mit der Begründung, die Vorderpfalz unter diesem Namen touristisch besser vermarkten zu können. Mit einem Umzug in die Mitte jenes Rhein-Pfalz-Kreises würde gewissermaßen der letzte symbolische Schritt der Scheidung von der ohnehin unabhängigen Stadt Ludwigshafen vollzogen.
Dass Körner diesen Umzug noch im Amt erlebt, ist zu 99,9 Prozent ausgeschlossen, aber der Beschluss zu diesem fast historischen Schritt könnte in recht naher Zukunft fallen. Nicht ganz unwesentlich ist ein Termin, der für den 64-jährigen Dudenhofener in den nächsten Wochen ansteht. In Mainz könnte der CDU-Landrat vor den Vertretungen von allerlei Ministerien dann letztmals persönlich begründen, warum es aus seiner Sicht total sinnvoll ist, eine gesetzliche Verordnung aus dem Jahr 1969 zu ändern. Diese legt schlicht fest, dass der Sitz der Kreisverwaltung in Ludwigshafen ist.
Mit einer Änderung dieses Paragrafen tut sich das Land Rheinland-Pfalz seit geraumer Zeit schwer. Eine Sprecherin im Innenministerium sagt auf Anfrage, dass die Prüfung der Antragsunterlagen noch andauere - auch weil sich Pläne des Kreises geändert hätten. Der Zeitpunkt für eine Entscheidung sei noch nicht klar. Man bemühe sich um einen zügigen Abschluss.
Landrat Körner sieht seine Position durch ein Gutachten gestärkt
Bewertet werden muss vom Land bei dieser Entscheidung unter anderem die Wirtschaftlichkeit des Umzugs und ob dies zu besonderen Lasten für die Steuerzahler führe. Clemens Körner, noch bis November 2025 im Amt, verneint. Ein unabhängiges Gutachten habe ergeben, dass ein Neubau wirtschaftlicher sei als die Sanierung am Europaplatz. Eine Analyse eines Zyklus von 50 Jahren hat nach Aussage von Körner ergeben, dass bei einer Sanierung in dieser Zeitspanne 222,8 Millionen Euro an Kosten anfielen, der Bezug eines Neubaus zunächst unter Mietbedingungen mit späterem Kauf aber nur 177,5 Millionen Euro koste. Ein Unterschied von rund 21 Prozent zugunsten eines Umzugs nach Schifferstadt demnach. Körner sieht sich bestätigt und rechnet eigentlich fest mit einer Zusage aus Mainz.
Besonders sind die Bedingungen in Schifferstadt, weil das Gelände, das sich bereits im Eigentum von Heberger befindet, auch von dem Unternehmen bebaut werden soll. Schon seit Jahren wurde ein entsprechender Plan im Schifferstadter Gemeinderat vorangetrieben. Gerhard Becker, bei Heberger verantwortlich für das Projekt, kündigt ein für die ganze Rhein-Neckar-Region vorbildhaftes Objekt hinsichtlich der Nachhaltigkeit an. Der Betrieb sei ohne fossile Brennstoffe und insofern auch ohne CO2-Emissionen möglich. Heberger soll aber vorerst nicht an den Kreis verkaufen, sondern womöglich in einem Konsortium als Vermieter dieser Immobilie auftreten. „Wir wollen in Kürze die Baugenehmigung beantragen“, sagt Becker, der fest mit der Kreisverwaltung als Ankermieter auf dem insgesamt 20 000 Quadratmeter großen Areal rechnet. In rund drei Jahren könnte das Gebäude schließlich stehen.
Ilona Volk, Bürgermeisterin in der 22 000-Einwohner-Stadt, freut sich über die Aufwertung der Flächen, die ideal am Bahnhof lägen, wo Mitarbeiter der Verwaltung aussteigen könnten - gewissermaßen ein positiver Dominoeffekt, während in Ludwigshafen die „Scheidung“ läuft.
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