Bildung

Hilfsprogramm für Ludwigshafener Problem-Schulen

Die Probleme waren riesig: Knapp 40 noch junge Kinder an der Ludwigshafener Gräfenauschule konnten nicht versetzt werden. Jetzt soll ein Pilotprojekt Linderung an mehreren Grundschulen verschaffen. Das ist geplant

Von 
Thomas Schrott
Lesedauer: 
Barbara Mächtle, Leiterin der Gräfenauschule in Ludwigshafen. © Uwe Anspach/dpa

Ludwigshafen. Nach einem Hilferuf von Rektorin Barbara Mächtle machte die Gräfenauschule vor knapp einem Jahr bundesweit Schlagzeilen. 39 von 139 Erstklässlern mussten die Klasse wiederholen.

Diese alarmierende Nachricht warf ein Schlaglicht auf die großen Probleme, mit denen die Grundschule im Ludwigshafener Stadtteil Hemshof zu kämpfen hat. Viele der insgesamt 450 Kinder haben keine oder nur unzureichende Deutschkenntnisse und stammen aus bildungsfernen Familien, denen die Notwendigkeit von Schule nicht recht vertraut ist.

98 Prozent der Schüler haben Migrationshintergrund

Hier will das Pilotprojekt Familiengrundschulzentrum ansetzen und als Brücke zwischen Eltern und Bildungseinrichtung dienen. Es soll ab kommendem Schuljahr an der Gräfenauschule sowie an drei anderen Ludwigshafener Grundschulen starten.

Die Gräfenauschule in Ludwigshafen. © Bernhard Zinke

Der Handlungsbedarf ist unstrittig. 98 Prozent der Gräfenau-Schüler haben einen Migrationshintergrund. Vielen von ihnen mangelt es nicht nur an Deutschkenntnissen, sondern auch an der nötigen Konzentration und einem grundsätzlichen Zahlenverständnis, berichteten Lehrer im Herbst. Dies sei auch darauf zurückzuführen, dass diese Kinder keine Kita im Stadtteil besucht hatten.

Eltern sollen stärker am Schulleben beteiligt werden

Das Familiengrundschulzentrum soll den Kindern den Einstieg in das Schulleben erleichtern und die Eltern sozialpädagogisch begleiten. Die Schule soll nun ein „multiprofessioneller Ort“ der Beratung, Begegnung und Bildung werden, an dem wichtige Ansprechpartner gebündelt sind, formulierte die SPD das Ziel in einem Antrag zum Stadtrat. Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen hätten gezeigt, dass damit Eltern stärker in die Schulen eingebunden werden und die Zahl der Schulschwänzer zurückgehe.

Bei dem Projekt in Ludwigshafen geht die Gräfenau-Schule eine Kooperation mit der benachbarten Goetheschule Nord ein. Zudem beteiligen sich die Kästner-Grundschule mit den meisten Grundschülern in Rheinland-Pfalz und die Bliesschule, sagte Bürgermeisterin Cornelia Reifenberg (CDU). Weitere Modellstandorte sind Koblenz und Wittlich. Ludwigshafen sei erst zum Zug gekommen, nachdem Kaiserslautern abgewinkt habe, blickte die Dezernentin zurück.

Stiftung beteiligt sich an Kosten für das Projekt

Für die Gesamtkoordination des Programms in Ludwigshafen werde eine zusätzliche Personalstelle geschaffen. Hinzu kommen jeweils eine halbe Personalstelle an den teilnehmenden Schulen sowie mindestens eine halbe Stelle Schulsozialarbeit. An den jährlichen Gesamtkosten von 225 000 Euro beteiligen sich das Land mit 115.000 Euro und die Wübben-Stiftung mit 42.000 Euro. Den Rest übernimmt Ludwigshafen.

Ein Bildungsbrennpunkt: die Gräfenauschule in Ludwigshafen. © Bernhard Zinke

Auch wenn damit die Finanzierung geklärt ist, kann die hoch verschuldete Chemiestadt nicht einfach die Stellen ausschreiben, sondern muss diese erst in einem Nachtrag bei der Aufsichtsbehörde ADD beantragen, merkte die parteilose Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck an. Verbesserungen gingen ihr bislang zu langsam. So trat Steinruck wegen unzureichender Unterstützung des Landes auch für die Gräfenauschule aus der SPD aus.

Mehr zum Thema

Kommunalpolitik

Ludwigshafen: Klage gegen Land Rheinland-Pfalz rückt näher

Veröffentlicht
Von
Thomas Schrott
Mehr erfahren
Bildung

Unterricht in vier Herkunftssprachen an Grundschule Gräfenau in Ludwigshafen

Veröffentlicht
Von
Bernd Glebe
Mehr erfahren
Bildung

Besuch an einer Brennpunktschule: Ein Tag an der Grundschule Gräfenau

Veröffentlicht
Von
Anna Suckow
Mehr erfahren

Einhellig billigten die Fraktionen das Projekt, auch wenn sie nicht alle Wünsche als erfüllt ansahen. Wilhelma Metzler (CDU) forderte eine Doppelbesetzung der Lehrer in den ersten Klassen. Ähnliche Probleme gebe es auch an anderen Grundschulen der Stadt, sagte Ibrahim Yetkin (Grüne im Rat). Steinruck wies noch auf eine andere offene Frage hin: „Die Stiftung steigt nach drei Jahren als Finanzier aus. Dann muss es eine Lösung geben.“

Redaktion MM-Redakteur seit 1984, zuständig für den Bereich Ludwigshafen - mit all seinen Facetten

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke