Heidelberg. Mit rund 800 Millionen Euro ist der Heidelberger Haushalt so groß wie nie - doch weiter wachsen darf er nicht, weil Einnahmen wie die Gewerbesteuer wegbrechen. Deswegen müssen jetzt auch alle Ausgaben unter die Lupe genommen werden, sagt Oberbürgermeister Eckart Würzner am Montagmittag bei einem Pressegespräch im Heidelberger Rathaus.
Gleichzeitig ist der Stadtchef offen für Möglichkeiten, weitere Geldquellen zu erschließen - und sagt daher auch nicht kategorisch nein zu einem Mobilitätspass oder einer Bettensteuer: „Wir müssen alles diskutieren“, sagt er angesichts eines klaffenden Lochs im Doppeletat von 100 Millionen Euro. Weil Würzner diese „Spar- und Streich“-Diskussionen aber vom Bundestagswahlkampf abkoppeln möchte, wird er den Doppelhaushalt 2025/26 erst im Sommer beschließen lassen. Der Etat soll im Frühling 2025 eingebracht werden. Die vorgezogenen Bundestagswahlen werden voraussichtlich am 23. Februar stattfinden.
Jahresauftakt
- Alle zwei Jahre gibt es in Heidelberg einen großen Neujahrsempfang, in den Jahren dazwischen eine kleinere Lösung.
- 2025 ist ein „Dazwischen-Jahr“: Die Jahresauftaktveranstaltung stellt am Sonntag, 19. Januar, von 11.30 bis 16 Uhr den Sport in den Mittelpunkt.
- Nach der Neujahrsansprache von Oberbürgermeister Eckart Würzner in der Boxhalle des Olympiastützpunktes im Neuenheimer Feld können die Besucher den OSP erkunden und Heidelberger Sportvereine kennenlernen – von Hockey bis Klettern. miro
Heidelberg ist mit dieser finanziellen Herausforderung nicht allein - und wo genau es den Kommunen drückt, hat er gerade in seiner Rolle als Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetages auch Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt. „Wir hatten ein intensives, eineinhalbstündiges Gespräch“, erzählt Würzner. Es gehe nicht an, dass der Bund den Gemeinden Pflichten auferlege, sich aber selbst aus der Finanzierung immer mehr zurückziehe. „Das machen wir so nicht weiter mit“, formuliert Würzner kämpferisch. Dabei verhehlt er nicht, dass eine solche Finanzsituation für Heidelberg recht neu sei, während sie andere Städte vor allem in Nordrhein-Westfalen aber schon länger plage.
Heidelberger Haushalt so umfangreich wie nie - gleichzeitig Grenze erreicht
„Wir hatten noch nie so viel Geld wie aktuell“, fasst der Oberbürgermeister die Heidelberger Situation zusammen. Ein Etat von erstmals mehr als 800 Millionen Euro (2024) sei für eine Stadt wie Heidelberg zwar angemessen, doch nun vergrößerten die zunehmenden Verpflichtungen den Umfang auf 900 Millionen Euro. Aber auch in der Unistadt gibt es Unternehmen, die an der Automobilbranche hängen und derzeit schwer kämpfen müssen, was sich in wegfallenden Gewerbesteuern ausdrückt.
Die Stadt habe sich frühzeitig engagiert, zukunftsweisende Technologien und Know-how gute Rahmenbedingungen zu geben und belegt seine Gründerfreundlichkeit in Rankings. Doch diese jungen Unternehmen zahlen aktuell noch nicht oder wenig in den Gewerbesteuertopf ein. „Wir brauchen sie aber, um zukünftig auch im internationalen Wettbewerb zu bestehen“, sagt Würzner.
Er bezeichnet diese Start-ups als „zarte Pflanzen“, für die der Boden bereitet und die gehegt werden müssten. „Wir waren in den vergangenen Jahren gewohnt, nur noch die Ernte zu verteilen“, beschreibt er die Strukturänderungen, die ein Umdenken erforderten.
Doch der Spielraum der Kommunen - zum Beispiel bei der Unterstützung zukunftsträchtiger neuer Branchen - werde wegen der steigenden Zahl an Pflichtaufgaben immer geringer. Auf rund zehn Prozent schätzt Würzner das „variable“ Kapital, während rund 90 Prozent des Etats für Pflichtaufgaben draufgingen. Das sei eine fatale Entwicklung.
Als Beispiel für vom Bund auferlegte, aber nicht ausreichend finanzierte Leistungen nannte der Stadtchef die Aufgaben aus dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) und den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Um den erfüllen zu können, investiert die Stadt aktuell in drei Kitas, die zwischen Frühjahr und Sommer in Betrieb gehen und schließt das Loch in der Personaldecke unter anderem mit kolumbianischen Fachkräften. Mit dem Zurückgehen zum G9-Gymnasium würden weitere Investitionen in Mensen nötig - auch darüber herrsche in der Haushaltskommission Konsens.
Bund und Land kürzen ihre Zuschüsse
Doch während solche Baumaßnahmen früher von 70-prozentiger Förderung von Bund und Land rechnen konnten, könne man heute froh sein, wenn es 30 Prozent seien. Für Pflichtaufgaben freiwillige Leistungen wie die Schulsozialarbeit oder Deutschförderkurse zu streichen, kommt für Würzner nicht in Frage.
Um der schwierigen Finanzsituation begegnen zu können, gebe es keine Denkverbote. Kommt jetzt etwa die 2017 abgelehnte Bettensteuer zurück in die Diskussion? „Vermeintlich höhere Einnahmen müssen auch Sinn ergeben und einfach umsetzbar sein“, erteilt Würzner der Idee nicht generell eine Absage. Aber man dürfe die Unternehmen und die Verwaltung nicht unnötig mit weiteren Dokumentationen überfrachten: „Wir brauchen kein weiteres Bürokratiemonster“, betont der Stadtchef.
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