Heidelberg. Wenn sich gleich mehrere Nobelpreisträger die Türklinken in der Sofienstraße 12 in Heidelberg in die Hand geben – dann ist wieder „Geist Heidelberg“ angesagt: Zum 13. Mal veranstaltet das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) das Wissenschafts-Festival.
Experten aus Medizin, Natur- und Geisteswissenschaften geben ihre Erkenntnisse weiter und diskutieren darüber gerne mit dem Publikum. DAI-Direktor Jakob Köllhofer und Kulturbürgermeisterin Martina Pfister haben das Programm jetzt vorgestellt. Einen Schwerpunkt wird die Künstliche Intelligenz (KI) bilden.
Festival des Wissens
- Das 13. International Science Festival „Geist Heidelberg“ beginnt am 17. Oktober und reicht bis Mitte Dezember.
- Organisiert wird das Wissenschafts-Festival vom Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI). Adresse: Sofienstraße 12 in Heidelberg.
- Mehr als 40 renommierte Referenten aus dem In- und Ausland berichten aus ihren Wissensgebieten – darunter allein fünf Nobelpreisträger.
- Es richtet sich nicht allein an wissenschaftliches Publikum, sondern möchte allgemein Interessierte ansprechen.
- Die Experten stellen sich in der Regel auch der Diskussion mit den Gästen.
- Die Vorträge und Konferenzen stammen aus fünf Themenschwerpunkten: Biologie und Medizin, Physik und Astronomie, KI und Digitalisierung, Wissenschaft & Gesellschaft sowie Philosophie.
- Programm, Tickets und Infos unter www.geist-heidelberg.de
Zwar gibt es im Jahr zwei nach der Pandemie keine Vorgaben mehr für Veranstaltungen mit Publikum vor Ort. Aber das Coronavirus sorgt doch auch in diesem Winter für Einschränkungen. So fallen gleich zu Beginn drei hochkarätige Termine aus, weil die Referenten unter starken gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden – die zum Teil einer Covid-Erkrankung zuzuschreiben sind.
Sowohl der Entdecker der Gravitationswellen, der Nobelpreisträger Kip Thorne (8. Oktober), als auch der Soziologe Thilo Bode (10. Oktober) mussten krankheitsbedingt ihre Vorträge in Heidelberg absagen. Thorne wird stattdessen im Frühjahr erwartet. Und so verschiebt sich der Auftakt des Festivals, der eigentlich an diesem Sonntag sein sollte, auf den 17. Oktober. Dann wird Jürgen Knoblich über die Erforschung von Gehirnerkrankungen sprechen.
Der Stammzellenforscher geht davon aus, dass auch Vorformen von Gehirnzellen eines Tages im Labor nachgezüchtet werden können. Der Behandlung von Krankheiten wie Epilepsie, Gehirntumoren oder Suchtverhalten würde das vermutlich einen großen Schub geben. Knoblich, Jahrgang 1963, leitet das Institut für Molekulare Biotechnologie in Wien.
„Bahnbrechende Kraft“
„Beide Hirnhälften ansprechen“ sollen die Themen und Referenten des Festivals, betont DAI-Direktor Köllhofer. Also sowohl die rationale als auch die emotionale/kreative Seite. Denn nur ganzheitlich seien die großen Themen der Welt zu beantworten. Dass im Mittelpunkt des Festivals in diesem Jahr die KI mit ihren möglichen Auswirkungen auf die Zivilisation stehe, habe sich beinahe von selbst ergeben, spricht Köllhofer von der „unglaublich bahnbrechenden Kraft“ dieser Technologie, die unser Leben deutlich verändern werde, prophezeit er.
Genauso wichtig, wie diese Entwicklungen zu erklären, zu verstehen und einzuordnen, sei es, gerade Kindern und Jugendlichen ein Gegenangebot zur virtuellen Welt zu machen. Und so startet parallel zum „Geist Heidelberg“ das internationale Kinderbuchfestival (12. bis 22. Oktober), das „Die Schule der magischen Tiere“ von Margit Auer genauso im Programm hat wie einen „Harry Potter“-Büchertag.
„Fakten mit der Möglichkeit, direkt an der Quelle nachzufragen“: So könnte man das Wissenschaftsfestival „Geist Heidelberg“ wohl auch untertiteln. Denn Köllhofer weiß, dass die geladenen Experten hier im kleineren Rahmen so nahbar sind wie selten. So gehört in der Regel eine einstündige Diskussionsrunde mit Publikumsfragen genauso zum Format wie die Möglichkeit, zu den hochkarätigen Referenten Kontakt aufzunehmen.
Treffen mit dem früheren Chef
Kulturbürgermeisterin Martina Pfister, die gerade ihre erste Dienstwoche beendet, freut sich, in Heidelberg diese „in Deutschland einzigartige Veranstaltungsreihe“ zu wissen. „Ich werde auf jeden Fall bei einigen Terminen dabei sein“, versprach sie. Zumal ihr früherer Chef, Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, am 7. Dezember ebenfalls einen Vortrag hält.
Und auf welchen besonderen Gast ist Köllhofer in diesem Jahr am meisten stolz? Medizin-Nobelpreisträger Aaron Ciechanover berichtet am Samstag, 18. November, unter der Überschrift „Medizin nach Maß“ vom Wunderstoff Ubiquitin, der „Müllabfuhr“ der Zellen.
Dass die Erlebnisse solcher Liveveranstaltungen nicht durch digitale Termine zu ersetzen sind, belegt Köllhofer mit dem Auftritt des Physik-Nobelpreisträgers William Philipps bei „Geist Heidelberg“ im vergangenen Jahr: Der Experte auf dem Gebiet der Laserkühlung hatte vorab 60 Liter flüssigen Stickstoff geordert und den während seines Vortrags durch den Raum wabern lassen, während er sein hochkomplexes Wissen anschaulich erklärte. „Er hat gezeigt, wie man Wissen nachhaltig vermittelt“, erinnert sich Köllhofer.
Vor zwei Jahren kam übrigens die gerade für ihre mRNA-Forschung mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Biochemikerin Katalin Karikó ins DAI. Diese Netzwerke und die guten Verbindungen des DAI-Direktors in die Vereinigten Staaten seien es, die solche Koriphäen ihrer Fächer jedes Jahr in die Sofienstraße 12 locken, freut sich Köllhofer, der von einem Volumen von 500 000 Euro spricht, die ohne die guten Verbindungen für ein solch renommiert besetztes Festival aufgebracht werden müssten.
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