Heidelberg. Er war ein feiner Mensch und kunstsinniger Charakter, sein Herz schlug vor allem für die Literatur und dabei noch besonders für die Lyrik. Ihr hat der Heidelberger Kritiker, Literaturvermittler und Publizist Michael Braun den Großteil seiner Arbeitskraft und zahlreiche kundige Veröffentlichungen gewidmet. Braun war schon länger krank. Nun ist er nach übereinstimmenden Medienberichten kurz vor Heiligabend gestorben. Der Vater eines Sohnes wurde 64 Jahre alt.
Geboren 1958 im pfälzischen Hauenstein, studierte Braun Geisteswissenschaften und entschied sich danach bald für eine freiberufliche Tätigkeit als Kritiker, Moderator und Publizist. Er schrieb für namhafte deutschsprachige Zeitungen, darunter auch die Neue Zürcher, und war zudem für renommierte Radiosender tätig, nicht zuletzt den Deutschlandfunk. Michael Braun war (Mit-) Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen.
Seine Stimme wird fehlen
Mehrere der von ihm zusammengestellten Anthologien boten lyrische Texte ebenso wie Deutungen dazu. Der von ihm lange betreute „Deutschlandfunk-Lyrikkalender“ erschien im Heidelberger Wunderhorn-Verlag, die mehrteilige Anthologie „Der gelbe Akrobat“, die neue deutschsprachige Gedichte versammelte, im Leipziger Poetenladen. Seine jüngste Veröffentlichung war dem vor 50 Jahren gestorbenen Lyriker und Schriftsteller Günter Eich gewidmet, für dessen Wiederentdeckung Michael Braun plädierte (wir berichteten).
Braun ging es in einem von reichlich Eitelkeit geprägten Metier nie um sich, sondern stets um die Sache der Literatur. Entsprechend waren seine Texte, die kundig entschlüsselten und verständlich einordneten, dabei aber selbstredend auch wohlformuliert und akribisch durchgearbeitet waren. Um Originalität buhlte er nicht, souverän wirkte seine von herausragender Kennerschaft getragene und 2018 mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik gewürdigte Arbeit nicht zuletzt deswegen.
Zahlreiche jüngere Autoren verdankten ihre Bekanntheit Michael Brauns Vermittlungstätigkeit, der stets auch auf Entdeckungen aus war, statt sich allein dem schon Etablierten, Bewährten zu widmen. Sein Tod ist für die deutsche Literaturlandschaft ein Verlust, seine Stimme wird fehlen.
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