Justiz

"Fauler Pelz": Rätselhafter Tod eines 27-Jährigen in Heidelberger Vollzugsanstalt

Das Sozialministerium nimmt Stellung: Am Mittwoch wurde der leblose Körper eines suchtkranken Mannes gefunden. Zuvor hatte es Kritik an den Zuständen im "Faulen Pelz" in Heidelberg gegeben. So ist der aktuelle Stand

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Stephan Alfter
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Blick aus einem Zimmer im "Faulen Pelz" in Heidelberg. Das Foto stammt aus dem Jahr 2022. © Philipp Rothe

Heidelberg. Im Heidelberger Maßregelvollzug „Fauler Pelz“ haben Beschäftigte am Mittwoch einen 27-jährigen Patienten tot aufgefunden. Laut Polizei ist anschließend ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, weil die Ursache des Todes unklar ist und geklärt werden muss, ob der Mann auf einem unnatürlichen Weg umgekommen ist.

Das baden-württembergische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration äußerte sich am Freitagnachmittag ausführlich zu den Fragen, die im Raum stehen. Schließlich gab es einige Vorwürfe.

Besonderes Augenmerk verdient der Fall zunächst, weil es eine längere Auseinandersetzung zwischen der Stadt Heidelberg und dem Bundesland über die Art der Nutzung gegeben hat. Die Stadt wollte dort keinen Maßregelvollzug für suchtkranke Straftäter und setzte sich seit 2021 massiv gegen die Pläne zur Wehr.

Stadt hätte "Faulen Pelz" gern als Teil der Uni genutzt

Gerne hätte die Stadt den 150 Jahre alten Bau mit den dicken roten Sandsteinmauern, innerhalb derer seit 2015 kein Gefängnis mehr untergebracht war, für universitäre Zwecke zur Verfügung gestellt. Das Land wiederum pochte darauf, rund 70 Drogensüchtige dort unterzubringen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind.

Einblick in den Maßregelvollzug: In solchen Räumen leben suchtkranke Straftäter, nach dem der „Faule Pelz“ für elf Millionen Euro saniert worden war. © Philipp Rothe

Es sollte als zweijährige Zwischenlösung für den überlasteten Maßregelvollzug dienen, während andernorts in Schwäbisch Hall ein neues Gebäude entsteht. Es sei die einzige Option, kurzfristig Platz zu schaffen, hieß es dazu im Sozialausschuss des Stuttgarter Landtags in der Streitphase. In vergleichbaren Einrichtungen, so die Erklärung, habe man schon Stockbetten aufstellen müssen. So viel zum ersten Teil der Vorgeschichte.

Gibt es im "Faulen Pelz" schwere Missstände?

Der zweite Teil geht auf Recherchen des SWR zurück. Der Sender will erfahren haben, dass Rechtsanwälte, Angehörige und ehemalige Mitarbeiter schwere Missstände festgestellt haben, seit im August vergangenen Jahres die ersten Patienten eingezogen sind. Es mangele an Pflegekräften, Therapieangeboten, Medikamenten und ärztlicher Versorgung, zitiert SWR diese Vorwürfe.

Das durch einen Catering-Service gelieferte Essen sei teilweise verdorben gewesen, hieß es da. Im Winter seien auch einige Patienten- und Aufenthaltsräume nicht beheizt gewesen, die Räume seien dadurch stark ausgekühlt. Private Sicherheitsdienste seien nicht ausreichend qualifiziert. Teilweise würden die Mitarbeiter kaum Deutsch sprechen. Die Klinikleitung und das Sozialministerium seien über die Missstände informiert worden, hätten aber bislang nicht reagiert.

Wiederbelebung bei 27-Jährigem scheiterte

Das änderte sich am Freitag. „Wir können bestätigen, dass am Mittwoch ein 27-jähriger Patient leblos in seinem Zimmer aufgefunden wurde“, so eine Sprecherin des Stuttgarter Sozialministeriums. Es seien Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet worden, die erfolglos geblieben seien. 

Der "Faule Pelz" in Heidelberg, aufgenommen 2022. © Philipp Rothe

Zur Krankengeschichte des Patienten könne aus Datenschutzgründen nichts Näheres gesagt werden. Zum Zeitpunkt des Todes sei die Personalausstattung in der Einrichtung ausreichend gewesen. Patienten in Forensischen Kliniken würden ohne konkreten Anlass nicht dauernd überwacht. Das sei rechtlich auch nicht zulässig.

Ministerium: "Fauler Pelz" ist Übergangslösung

Zu den von Patienten erhobenen Vorwürfen bezüglich der Gesamtsituation im Faulen Pelz teilte die Sprecherin mit, dass es sich beim „Faulen Pelz“ um eine Übergangslösung handle. Wörtlich sagt sie: „Dass das Gebäude insgesamt nicht uneingeschränkt den therapeutischen Anforderungen einer modernen Klinik für Forensik entspricht, ist richtig. Das war auch eines der Hauptargumente des Landes für einen Neubau einer Klinik in Schwäbisch Hall.“

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Ein Großteil der beschriebenen Vorwürfe sei aus Sicht des Ministeriums aber entweder unbegründet beziehungsweise sei in den vergangenen Monaten bearbeitet worden, um Verbesserungen zu erzielen. Dazu habe es immer wieder Gespräche vor Ort gegeben.

Caterer für den "Faulen Pelz" soll gewechselt werden

Bekannt sei, dass die Qualität des Essens, das von einem örtlichen Caterer geliefert wird, in der Kritik stehe. Auch dass die Patienten äußerten, das Essen nicht zu akzeptieren. Daher seien mit dem externen Lieferanten bereits Verbesserungen vereinbart worden. Da deren Umsetzung noch nicht ausreichend sei, habe die Klinik entschieden, den Anbieter zu wechseln. Die technischen Vorbereitungen dafür seien derzeit in Arbeit.

Land dementiert Mangel an Medikamenten

Hinsichtlich der ärztlichen Versorgung sei sichergestellt, dass alle Patienten bei der Aufnahme ordnungsgemäß untersucht würden und es regelmäßig die Möglichkeit für Kontakte zu Ärzten gebe. Auch ein ärztlicher Rufbereitschaftsdienst sei eingerichtet.

So sah es im Jahr 2022 vor der Renovierung im "Faulen Pelz" in Heidelberg aus. © Philipp Rothe

Alle Elemente der Behandlung seien über Jahre in den Zentren für Psychiatrie erprobt und entsprächen dem aktuellen fachlichen Standard für eine Entwöhnungsbehandlung, so das Ministerium. Nach einer erfolgreichen Therapiezeit im „Faulen Pelz“ würden die Patienten zur weiteren Behandlung in die anderen Entziehungsanstalten im Land verlegt. Auch ein Mangel an Medikamenten entspreche nicht den Tatsachen.

Zur Besucherfrage äußerte sich das Ministerium ebenfalls am Freitag. Im „Faulen Pelz“ gebe es Besucherzimmer. Es treffe zu, dass nur Verwandten ersten Grades der Besuch gestattet ist. Diese Regelung sei aus Gründen der Sicherheit getroffen worden, auch um Möglichkeiten des Drogenschmuggels zu reduzieren. Es bestünden aber weitreichende Möglichkeiten, per Videotelefonie (Skype) zu kommunizieren.

Transparenzhinweis: In einer ersten Version des Textes wurde das Alter des verstorbenen Mannes mit 28 Jahren angegeben. Diese Information des Sozialministeriums hat die Behörde inzwischen korrigiert.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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