Rhein-Neckar. Der junge Mann mit den tätowierten Unterarmen macht einen leicht verzweifelten Eindruck. Der Kofferraum des Kleinwagens, den er nun nicht mehr weiterfahren darf, steht offen. Die Beamten haben sich den Inhalt genau angeschaut. „Sie dürfen gerne Ihren Vater anrufen“, schlägt eine Beamtin vor. Ein Drogen-Schnelltest ist bei ihrem Gegenüber positiv ausgefallen - wie bei fast jedem zehnten Kontrollierten. Mehrere Stunden lang haben rund 50 Beamte des Polizeipräsidiums Mannheim am Dienstag bis in den Abend hinein auffällige Fahrer und Fahrzeuge auf der L 541 zwischen Heddesheim und Hirschberg gestoppt und überprüft.
Der Europäische Drogenbericht, der just am Tag der Kontrolle veröffentlicht wurde, unterstreicht die Bedeutung solcher Kontrollen: Viele Drogen sind mehr denn je im Umlauf - etwa Kokain und Amphetamin. Da sie in Europa hergestellt werden, steige die Verfügbarkeit, fasst die in Lissabon präsentierte Untersuchung zusammen.
Polizei-Fortbildung
- Das Kompetenzteam Drogen im Straßenverkehr (KODIS) des Polizeipräsidiums Mannheim führt einmal im Monat mit Unterstützung des Einsatzzugs eine Kontrolle durch, die gleichzeitig als Fortbildung für die rund 1300 Kollegen der Schutzpolizei dient.
- Seit 2018 gibt es diese Schulungen, die an wechselnden Orten innerhalb des Rhein-Neckar-Kreises organisiert werden und die weitere Fortbildungen in Theorie und Praxis ergänzen.
- Mehrere Stunden lang wird eine solche Großkontrollstelle betrieben.
„Wir schlagen hier zwei Fliegen mit einer Klappe“, erklärt Polizeisprecher Michael Klump: Die Kontrolle ist gleichzeitig eine Fortbildung für Polizeibeamte aus mehreren Revieren im Rhein-Neckar-Kreis. Unter Federführung des Kompetenzteams Drogen im Straßenverkehr (KODIS) üben jeweils Zweierteams mit einem erfahrenen und einem jüngeren Beamten beziehungsweise einer Beamtin die richtigen Abläufe bei der Kontrolle. Dabei ist die Eigensicherung ein wichtiger Aspekt, denn immer werden Polizeibeamte auch bei solchen Routineaufgaben plötzlich attackiert. Jedem Team schaut ein KODIS-Experte über die Schulter, ergänzt Einsatzleiter Iwan Ischtschenko. Er bespreche später mit den Kollegen, wo vielleicht Verbesserungen möglich sind.
Nicht mehr weiterfahren darf etwa ein schlaksiger Paketfahrer, der Kollegen anrufen und bitten muss, ihn abzulösen. Menschen in Stressjobs wie Kurierfahrer oder Beschäftigte der Gastronomie, die nicht selten 16 oder gar 18 Stunden auf den Beinen sein müssten, griffen relativ häufig etwa zu Amphetaminen oder Cannabis, weiß Claus Hering, der Leiter des Kompetenzteams. Seine Kontrollstelle, die unter anderem aus mehreren weißen Partyzelten und einer mobilen Toilette besteht, könne quasi überall aufgebaut werden: „Wir sind autark, brauchen weder Strom noch Wasser“, erklärt er.
Bläuliches Wasser im Urinbecher
Auf den „Park & Ride“-Parkplatz auf Hirschberger Gemarkung rollen jene Fahrzeuge, die Kollegen am Kreisel jenseits der A 5 herausgefischt haben - in jeder der vier Richtungen scannen je zwei Beamte die Fahrzeuglenker und Mitfahrer. Wer verdächtig erscheint, wird auf den Kontrollplatz geschickt. Dort lassen sich die Beamten Führerschein, Ausweis und Fahrzeugpapiere zeigen. Mutmaßliche Fälschungen würden sich gleich Experten der Kripo ansehen. Der Zustand des Autos wird ebenfalls überprüft.
„Das hier ist kein Schlumpf-Urin“, zeigt Hering auf einen Plastikbecher mit Deckel in seiner anderen Hand. Vielmehr habe ein Proband - so heißen die gestoppten Fahrer - statt eigenem Urin die bläuliche Flüssigkeit der mobilen Toilette abgefüllt. „Eigentlich darf das nicht passieren“, betont Hering.
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Blutprobe vor Ort
Denn ein Beamter muss den Toilettengang begleiten. Der „Blauwasser-Pinkler“ flog auf und absolvierte eine weitere, diesmal strenger beobachtete Urinprobe. Die sei prompt positiv ausgefallen, im nächsten Zelt wartete dann der Polizeiarzt, um eine Blutprobe zu nehmen. Meist zeigten diese Personen drogentypische Anzeichen - etwa gerötete Bindehäute in den Augen. Gekühlt warten die Blut-Röhrchen auf ihren Transport in ein Labor. Das Ergebnis der Blutprobe ist beweiskräftig, ein Urin-Schnelltest nicht. Aber ein Angebot an die Kontrollierten: Fällt der Test, der wie ein Covid-Test funktioniert und auf fünf Drogentypen ausgelegt ist, negativ aus, darf der Überprüfte weiterfahren. Die Kontrollstelle blieb bis in den Abend hinein aufgebaut.
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