Heidelberg. 100 Jahre alt ist die städtische Wohnungsbaugesellschaft GGH im vergangenen Jahr geworden. Mit einem ausgefeilten Papier soll nun das nächste Vierteljahrhundert vorbereitet werden. Mehr als drei Stunden haben sich vier Ausschüsse des Gemeinderats damit am Mittwochabend beschäftigt. Am 10. Februar soll die „Strategie 2035“ dann in der nächsten öffentlichen Gemeinderatssitzung auf den Weg gebracht werden.
Knackpunkt: Um ihrer politischen Aufgabe, mehr geförderten Wohnraum zu schaffen, gerecht zu werden, muss die GGH voraussichtlich Geld aus dem städtischen Haushalt anfordern - zwischen fünf und sechs Millionen Euro pro Jahr. Und das, obwohl sie sich inzwischen auch als Bauträger betätigt und so selbst Mittel für Investitionen erwirtschaftet.
Am 10. Februar im Gemeinderat
Das GGH-Konzept war im Oktober vom Gemeinderat in die Ausschüsse zurückverwiesen worden. Vor allem den linken Gruppierungen im Gemeinderat geht die soziale Ausrichtung der Wohnungsbaupolitik indes nicht weit genug - gefordert wird zudem eine „transparente Darstellung“ der Vergabepraxis des günstigen Wohnraums sowie eine konstante Berichterstattung darüber, wie die Ziele jährlich umgesetzt werden.
Die Mitglieder von Stadtentwicklungs- und Bauausschuss, Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität, Ausschuss für Soziales und Chancengleichheit, Haupt- und Finanzausschuss trafen sich in einer Hybridsitzung und über alle Anträge musste aus diesem Grund vier Mal hintereinander abgestimmt werden. Am Ende gaben alle Ausschüsse dem Strategiepapier eine mehrheitliche Empfehlung mit auf den Weg.
Ein „hartes Stück Arbeit“ stelle das Papier dar, fasste der Sitzungsleiter und Erste Bürgermeister Jürgen Odszuck zusammen. Allein der Aufsichtsrat der GGH, dem auch mehrere Gemeinderatsmitglieder unterschiedlicher Parteien angehören, hätten mehr als ein Jahr intensiv daran gearbeitet.
Peter Bresinski, seit 2003 Geschäftsführer der größten Vermieterin in der Stadt, stellte das Zukunftskonzept ausführlich vor. Die GGH „erweitert ihren Wohnungsbestand überproportional zum Wachstum der Stadt und berücksichtigt dabei Bevölkerungsgruppen, die sich auf dem freien Wohnungsmarkt nur schlecht versorgen können“, betonte er. Rund 500 Wohnungen seien an die Stadt Heidelberg und soziale Institutionen wie die Awo oder die Lebenshilfe vermietet. Bis 2035 soll der Wohnungsbestand von heute gut 7300 auf 9500 Wohnungen anwachsen. Wurden im Jahr 2007 noch jährlich 90 Wohnungen fertig, sollen es nun etwa 150 sein.
Mietgerechtigkeit angestrebt
Die beiden Stichworte „Miet-“ und „Flächengerechtigkeit“ tauchten immer wieder in der Ausschusssitzung auf. Um das Wohnen gerechter zu machen, bekommen Mieter mit Einkommen und Wohnberechtigungsschein grundsätzlich einen Mietnachlass von zehn Prozent auf die Vergleichsmiete - das gelte für geförderte Wohnungen genauso wie für frei finanzierte Wohnungen. Um Fehlbelegungen zu vermeiden, wird nur eine Wohnfläche gefördert, die der Anzahl der Bewohner entspricht. Möchte ein Paar - etwa nach Auszug der Kinder - trotzdem die 100 Quadratmeter große Wohnung behalten, werden aber nur rund 60 Quadratmeter davon „subventioniert“, erklärte Bresinski.
Neben dem Bau oder dem Umbau nimmt der Klimaschutz einen breiten Raum im Strategiepapier ein. Die CO2-Emissionen sollen bis 2030 mindestens um 50 Prozent gesenkt werden. Erreicht werden soll das vor allem durch energetische Sanierungen. 7500 Quadratmeter Wohnfläche sollen pro Jahr modernisiert werden - das entspricht einer Sanierungsrate von 3,6 Prozent. Bei allen Neubauten werd geprüft, „ob der Effizienzhausstandard 40 möglich ist“, betonte der GGH-Geschäftsführer. Diesen Standard generell vorzugeben, hält er nicht für sinnvoll: Ein solches „Korsett“ würde viel Geld verschlingen, das - bei deutlich mehr ökologischem Ertrag - mit anderen Maßnahmen besser investiert sei, findet Bresinski.
Ein Antrag der Grünen, wonach „grundsätzlich höhere Energiestandards anzustreben“ seien und ein „detaillierter Klimaplan bis Ende 2022 der Gesellschafterin vorgelegt werden“ soll, fand bei allen vier Abstimmungen der jeweiligen Ausschüsse keine Mehrheit.
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