Heidelberg. 14 Jahre haben die Planung und Durchführung der Sanierung eines der ältesten Gebäude im Neuenheimer Feld gedauert. Zwischenzeitlich bis auf den Rohbau „abgenagt“, ist das Gebäude mit der Adresse „INF 230“ und „INF 231“ nun wieder ein Schmuckstück: Das Center for Organismal Studies (COS) wurde nun nach einer 44,5 Millionen Euro teuren Modernisierung feierlich wiedereröffnet.
Dem lebenswissenschaftlichen Forschungszentrum auf dem Campus stehen damit flexible Arbeitsräume und Labore für die moderne Biologie, Räumlichkeiten für die gemeinsame Nutzung neuer Technologien sowie ein hochwertiger Hörsaal und Seminarräume zur Verfügung. Nutzfläche: rund 5 200 Quadratmeter.
Zoologische Sammlung: Mehr als 200 Jahre alt
Damit hat auch die über 200 Jahre alte Zoologische Sammlung, in der sich Heidelbergs berühmteste Biologen und Zoologen verewigt haben, ein neues, zeitgemäßes Zuhause gefunden. Beutelwolf, Pinguin und Baumkänguru, aber auch Hunderte von Fossilien, Insekten und Vögeln lagerten nach Beginn der Bauarbeiten jahrelang im Keller der alten Kinderklinik.
Der einst 500 Mitglieder starke Verein der Freunde und Förderer des Zoologischen Museums der Universität Heidelberg hatte sich 2016 aufgelöst, die Zukunft der Exponate galt als ungewiss.
Seit 1963 waren die ausgestopften Vögel und Säugetiere sowie die konservierten Reptilien in dem Gebäude zu sehen - zunächst nur für die Lehre, ab 1979 auch für die Öffentlichkeit. Jetzt sind sie wieder für beide Gruppen zu sehen.
Wobei Uni-Rektor Bernhard Eitel „seinen“ Dodo vermisst: Der flugunfähige Vogel, der ausschließlich auf Mauritius heimisch war und um den sich viele Mythen ranken, hat es (noch) nicht zurück in die neuen Vitrinen geschafft. Wegen seines üppigen Fleisches war das plumpe Tier bei Seefahrern beliebt, es gilt seit 1690 als ausgestorben. Eine Bio- und Gentechnikfirma kündigte kürzlich an, den putzigen Dodo wieder zum Leben erwecken zu wollen. Das komplette Erbgut sei jedenfalls schon rekonstruiert. Für Eitel ist der Vogel indes so etwas wie das Maskottchen seiner Heidelberger Universitätslaufbahn, erzählt er.
Fast lebendig wirken dagegen die von Restaurator Kurt Kellermann aufwendig restaurierten Stücke wie eine weiße Bergziege. Nun findet sich zumindest ein Teil des einstigen Schatzes in modernen Glasvitrinen und begleitet von multimedialen Einordnungen im Erdgeschoss und Souterrain des wie ein Neubau wirkenden Komplexes wieder. Genauso wie die beeindruckende Kunst am Bau, die 1971 von HAP Grieshaber wandgroß geschaffen wurde: Als Blickfang im Foyer des Hörsaals verweist der zwölf Meter lange Holzschnitt „Sintflut“ auf die bedrückende Aktualität des Themas Umweltschutz - gegenüber des Schaukastens mit bedrohten Arten.
Gebäude lebt für die nächsten 50 Jahre
„Timeline Evolution“ ist die neu arrangierte Ausstellung überschrieben, erklärt der Biologieprofessor Thomas Holstein. Möglich sei das neue Museum durch eine großzügige Unterstützung der Schmeil-Stiftung geworden. Den Heidelberger Architekten Maren und Uwe Reichel sowie Jutta Benkeser gelang es, das alte Gebäude in seiner Architektursprache weiterleben zu lassen und doch für die nächsten 50 Jahre fit zu machen.
Eine Machbarkeitsstudie hatte 2008 ergeben, dass eine Gesamtsanierung bei laufendem Betrieb realisierbar ist und die Gebäudestruktur für zukünftige Nutzungsanforderungen geeignet sei.
Die laufende Sanierung habe den Nutzern des Gebäudes einiges abverlangt, blickt der stellvertretende COS-Geschäftsführer Jan Lohmann zurück, der die Bauzeit und die damit verbundene Anstrengung mit dem ersten Marathonlauf in der Antike verglich.
Es gehe dabei nicht um Überempfindlichkeiten, sondern um nicht weniger als wissenschaftliche Existenzen, verwies Rektor Eitel etwa auf die rund 35000 Aquarien mit den etwa 50 000 sensiblen Fischen, die Professor Joachim Wittbrodt züchtet. Der Biologe forscht unter anderen im Exzellenzcluster CellNetworks an den Fischaugen.
Baustil der 1960er-Jahre
Zu den Gewinnern der Sanierung zähle neben den Nutzern der Universität vor allem die Öffentlichkeit, betonte Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck. Denn ihr bleibe ein „Zeitzeuge aus der Frühzeit des Neuenheimer Feldes erhalten“. Und ein „erstklassiges Institut“ habe nun wieder beste Arbeitsbedingungen. Mehr als 200 wissenschaftliche Einrichtungen gebe es in der Stadt, und das sorge auch dafür, dass Unternehmen erfolgreich seien. So darf sich die Stadt über einen Rekordeingang an Gewerbesteuern aus 2022 freuen - rund 170 Millionen Euro. 80 Prozent der Heidelberger beurteilten laut einer Befragung den Wissenschaftsstandort als sehr wichtig für die Stadtentwicklung.
Bei aller Freude über die Fertigstellung des COS: Ganz fertig, räumt Marco Grübbel, Leiter des Amts Vermögen und Bau Mannheim-Heidelberg, ein, ist „INF 230“ noch nicht: Es bleibt ein kleinerer Gebäuderiegel, der noch saniert werden muss: die Hausnummer „INF 232“. Doch von diesen Bauarbeiten, so verspricht er, werden die Wissenschaftler in den nun fertiggestellten Bereichen nicht mehr viel mitbekommen.
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