Kampfmittelbeseitigung

Bombenfunde in Heidelberg: „Es war haarscharf“

Auf der Baustelle in der Heidelberger Bahnstadt läuft die Suche nach weiteren Bomben auf Hochtouren. Ein Baggerfahrer hatte in einer Woche zwei Blindgänger ausgegraben. Dabei hat der Baggerfahrer auch die Zünder erwischt

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Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes packen die entschärfte erste Bombe ein, die auf einer Baustelle in der Bahnstadt gefunden wurde. Aktuell läuft die Suche nach weiteren gefährlichen Hinterlassenschaften. © René Priebe

Heidelberg. Es war offensichtlich auch Glück im Spiel, dass beim Fund der beiden Bomben auf der Baustelle in der Bahnstadt kein Unglück passiert ist. „Es war haarscharf“, sagt Mathias Peterle in der Rückschau. Der Experte des baden-württembergischen Kampfmittelbeseitigungsdienstes hat die erste der beiden amerikanischen 250-Kilo-Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft, ein Kollege von ihm die zweite. Der Baggerfahrer habe bei der Arbeit beide Male die Bomben extrem ungünstig am Kopf erwischt und dabei die Zünder stark deformiert. Dabei ist der Zünder bei jeder Entschärfung der entscheidende Punkt. Ohne ihn ist eine Sprengkörper meist harmlos. „Aber wenn irgendetwas die nötige Gewalt auf den richtigen Punkt bringt, dann löst der Zünder aus“, berichtet Peterle.

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Experten sind auf der Suche

Wie berichtet, hat die Stadt Heidelberg einen Baustopp angeordnet und ein neues Räumungskonzept angeordnet. Aktuell ist das Kampfmittelbergungsunternehmen Schollenberger auf der Baustelle aktiv und forscht erneut nach möglichen gefährlichen Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkriegs. Eigentlich habe man das Gelände schon vor Beginn der Bauarbeiten zu dem Büro- und Laborgebäude namens „Sky One“ an der Max-Jarecki-Straße genau unter die Lupe genommen, sagt Uwe Feigl, Einsatzleiter der zuständigen Niederlassung in Edingen-Neckarhausen. Aktuell laufen die Überprüfungen, warum die beiden Bomben übersehen werden konnten. Im einen Fall sei es vermutlich ein Übertragungsfehler bei den Daten gewesen. Im anderem Falle habe die Bombe sozusagen direkt an einem stahlbewehrten Fundament im Boden geklebt. Und darüber abgelagerter Bauschutt habe den Instrumenten die „Sicht“ versperrt. Zudem sei das Baufeld noch nicht in seiner ganzen Tiefe freigegeben worden. Diese Woche sei die Suche in vollem Gange. Vermutlich werde man bereits in der kommenden Woche die Arbeiten beenden können.

Die landeseigenen Kampfmittelräumer wissen im Grunde sehr genau, wo sich explosive Hinterlassenschaften noch im Untergrund finden könnten. Dazu nutzen die Experten alte Luftbilder der amerikanischen und britischen Militärs. Die haben ihre Bombardements jeweils nach den Angriffen fotografisch dokumentiert. Damit wollten sich die Allierten ein Bild davon machen, was sie getroffen hatten. Die Militärs haben in den1980 und 1990er Jahren ihre Archive für die Kampfmittelbeseitiger geöffnet, sodass die weißen Flecken auf der Landkarte immer geringer werden.

Von Heidelberg wissen die Fachleute nun, dass die Alliierten das Stadtzentrum zwar von ihren Flächenbombardements verschont haben. Die kriegswichtigen Bahnlinien, die der Versorgung oder dem Rückzug von Truppen dienten, waren aber durchaus Primärziele. Und so nahmen die Amerikaner den Güterbahnhof 1945 wenige Tage vor ihrem Einmarsch in der Stadt unter schweren Beschuss.

Dass an einer Stelle binnen kurzer Zeit zwei Blindgänger gefunden werden, ist laut Mathias Peterle gar nicht so selten. Im Daimler-Werk in Sindelfingen seien im Februar 2017 zwei Bomben sogar binnen 24 Stunden gefunden worden. Auch da habe die Stadt interveniert, einen Baustopp verfügt und ein neues Räumungskonzept veranlasst. Das habe zu erheblichen Verzögerungen geführt, erinnert sich Peterle.

Doch Zufallsfunde wie in Heidelberg seien eher selten. Wenn Bagger eine Bombe ausgraben, dann geschehe das meist in Begleitung von Kampfmittelexperten, die dann eigens auf der Suche nach Blindgängern seien, berichtet der Feuerwerker.

Baustelle ruht seit drei Wochen

„Wir sind vor allem froh und glücklich, dass niemandem etwas passiert ist“, sagt Juliane Steidel, Büroleitern für die Sky-Labs in Heidelberg, die auch für das Management des neuen Gebäudes Sky One verantwortlich sind. De facto ruht die Baustelle an der Jarecki-Straße seit dem 7. Dezember, als ein Baggerfahrer die erste der beiden Bomben ausgegraben hatte. Die Baustelle sei von den Behörden gerade mal ein paar Stunden freigegeben gewesen, als die zweite Bombe wenige Meter neben der ersten Fundstelle ausgegraben worden sei.

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Nun hofft Skylabs, dass die Bauarbeiten in der zweiten Januar-Woche wieder aufgenommen werden können. „Wir sollen das Gelände dann kampfmittelfrei übergeben bekommen“, berichtet Steidel vom Ergebnis des Krisentreffens, das in der Woche vor Weihnachten stattgefunden hat. Welche Auswirkungen der dann fast vierwöchige Stillstand auf den Baufortschritt hat, lasse sich derzeit nicht seriös sagen. Aber klar sei das Ziel: „Die Bauarbeiter sollen gefahrlos weiterarbeiten können“, so Steidel.

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