Energiespeicher

Blick bis in die Pfalz: Heidelberger „Thermoskanne“ bekommt Aussichtsplattform

Der 55 Meter hohe Heidelberger Energiespeicher nimmt langsam seine endgültige Gestalt an. Die begehbare Aussichtsplattform ist bereits fertig, nur mit dem Restaurant und der Rooftop-Bar gibt es Probleme.

Von 
Bernhard Zinke
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Die Aussichtsplattform des Energiespeichers in Heidelberg Pfaffengrund íst fertig betoniert. © Dittmer Fotografie/Stadtwerke Heidelberg

Heidelberg. Die ersten mächtigen Stahlteile der künftigen Treppe liegen bereit. In den kommenden beiden Wochen werden auch aus weiterer Entfernung Menschen zu sehen sein, die auf Arbeitsbühnen in luftiger Höhe am Kran hängen und die in Helixform rundum laufende Treppe an der „Thermoskanne“ festschrauben. Der Zukunfts- und Energiespeicher der Stadtwerke Heidelberg nimmt immer mehr seine endgültige Gestalt an.

Fachleute haben dem 55 Meter hohen Tank, in dem rund 20 000 Kubikmeter heißes Wasser brodeln, längst die Krone aufgesetzt. „Der Primärstahlbau ist komplett fertig, die begehbare Aussichtsplattform mit Technikebene, künftigem Restaurant und Rooftop-Bar ebenso“, berichtet Heiko Faulhammer, dem als Geschäftsführer der Stadtwerke für den Bereich Umwelt der Bau des Zukunfts- und Energiespeichers eine Herzenssache ist.

Eröffnung im kommenden Jahr

Aktuell betonieren die Fachfirmen in luftiger Höhe bei spektakulärem Ausblick mit Sicht bis in den Odenwald und die Pfalz den sogenannten Catwalk. Das ist der Rundumlauf vor den Fenstern der Restaurant-Ebene , der später nicht nur reizvoller Aufenthaltsort für schwindelfreie Zeitgenossen sein wird, sondern auch als Rettungsweg im Sicherheitskonzept eingeplant ist.

Eigentlich hatten die Stadtwerke das Restaurant und die Eventlocation in diesem Jahr eröffnen wollen. Aber wie vielen anderen machte die Lieferkettenproblematik auch diesem Projekt einen Strich durch die Zeitplanung. „Dieses Jahr werden wir das nicht mehr schaffen“, sagt Faulhammer. Aber im ersten Halbjahr 2023 sollen die ersten Restaurantgäste die traumhaften Aussichten genießen können.

Der Heidelberger Energie- und Zukunftsspeicher

  • Wie eine überdimensionale Thermoskanne fasst der Energiespeicher der Stadtwerke Heidelberg in Pfaffengrund bis zu 115 Grad heißes Wasser, um es bei Bedarf ins Fernwärmenetz abzugeben.
  • Das Fassungsvermögen beträgt 20 000 Kubikmeter in einem Zweizonenspeicher. Das Nutzvolumen beträgt 12 800 Kubikmeter.
  • Um die neue Energie erlebbar zu machen, entsteht auf dem Dach des Energiespeichers eine begehbare Aussichtsplattform, darunter ein Restaurant inklusive Lounge und einen Veranstaltungsraum geben.
  • Die Außenhülle wird von einer Seilkonstruktion umspannt, in die 11 000 rautenförmige und bewegliche Metallplatten eingearbeitet sind. Diese wird dem Speicher je nach Lichtsituation und Wind eine sich ständig verändernde Fassade geben. 

Es sei leider nicht so flott vorangegangen, wie man sich das gewünscht habe, berichtet Faulhammer. Zum Teil seien Neuausschreibungen von Arbeiten nötig gewesen, um die Kosten nicht explodieren zu lassen. Und der Teufel steckte wie so oft im Detail. Beispielsweise waren kleine, unscheinbare, aber wichtige Teile aus hochwertigem Stahl für die Tragekonstruktion der Podeste vor den Aufzügen eingeplant. Diese sollten aus der Ukraine geliefert werden. „Die Suche nach Ersatz hat sich als sehr viel aufwendiger als erwartet gestaltet“,erläutert der Geschäftsführer nur eines von vielen Beispielen, „aber jetzt haben wir wohl die größten Hürden genommen.“ Die Schächte für die beiden Aufzüge, mit denen Gäste weitaus bequemer als über die Außentreppen nach oben gelangen können, sind bereits betoniert. Noch in diesem Jahr soll dann die Montage der Aufzüge folgen.

Seilnetz wird ab August gespannt

Ende Juli oder Anfang August wird sich auch sichtbar an der Außenhaut etwas tun. Dann wird ein Seilnetz über die Fassade gespannt. Die Seile sind bereits fertig produziert und lagern bei der Seilbaufirma, die das Netz spannen wird. Ein wenig dauern wird es allerdings noch mit den etwa DIN A4-großen Stahlplättchen, die in die Seilkonstruktion gehängt werden sollen und als bewegliche Windspiele dem Energiespeicher ein ständig wechselndes Äußeres geben sollen. „Das wird wohl erst im kommenden Jahr passieren“, sagt Faulhammer.

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Monatelang habe man überlegt, ob man die Plättchen nicht - zumindest auf der Südseite - mit Photovoltaik-Elementen überziehen sollte und einen weiteren Energiespeicher auf dem Energiespeicher platzieren sollte. Schließlich habe man die Idee doch verworfen, weil sie technisch nicht umsetzbar gewesen sei. Photovoltaik-Elemente benötigen eine entsprechende Verkabelung. Und die wird bei sich bewegenden Elementen nicht lange halten. Es hätte vermutlich nur wenige Wochen gedauert, bis die ersten Reparaturarbeiten fällig gewesen wären.

„Dafür haben wir sehr viel größere Photovoltaik-Anlagen rund um den Energiespeicher aufgebaut“, erläutert der Geschäftsführer. Auf dem Dach der Stellplätze für Lkw schafft die Anlage eine Leistung von 130 Kilowatt peak. Das Dach über den Mitarbeiterparkplätzen kann 150 Kilowatt peak produzieren. „Damit könnten wir den Jahresbedarf von rund 115 Haushalten decken“, rechnet Faulhammer vor.

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"Wollen Energie erlebbar machen"

Ohnehin ist der Energiespeicher mit der Gatronomie und Eventlocation eine Sache, mit der die Stadtwerke in der Branche einiges Aufsehen, aber auch Kopfschütteln bei manchen Kollegen erregen. Energiespeicher, die heißes Wasser für die Fernwärme aufkochen, gibt es einige in Deutschland: in Mannheim, Nürnberg oder Kiel. Aber diese Speicher stehen abgesperrt in Gewerbegebieten, keiner hat sie öffentlich zugänglich gemacht. „Wir wollen Energie erlebbar machen. Das unterscheidet uns dann vielleicht auch von anderen Marktteilnehmern“, sagt der Stadtwerke-Chef.

Übrigens hat der Energiespeicher in der vergangenen Heizperiode auch funktional den Betrieb aufgenommen und hat geholfen, die Lastspitzen im Fernwärmenetz zu glätten. Das habe reibungslos funktioniert. Faulhammer: „Der Speicher läuft“.

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