Umweltschutz

Auch bei Heidelberg: Fische im Neckar benötigen mehr Schutz

Viele Fischarten sind bedroht, auch im Neckar in Heidelberg. Das Aktionsbündnis Unterer Neckar (AUN) fordert gewässerökologische Hilfen und mehr Engagement seitens der Landesregierung

Von 
Dirk Timmermann
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Am Unteren Neckar, wie hier am Altneckar Wieblingen, ist die Fischfauna stark bedroht. © Regine Buyer

Heidelberg. Fischschutz und Hochwasserschutz müssen kein Widerspruch sein. Allzu häufig geraten die Belange der kleinen Wasserbewohner jedoch in den Hintergrund. Zahlreiche Arten sind bedroht, auch am Neckar in Heidelberg. Darauf machten Vertreter des Aktionsbündnisses Unterer Neckar (AUN) bei ihrer Informationsveranstaltung im Welthaus aufmerksam.

Der Zusammenschluss aus Mitgliedern von Naturschutzbund (NABU), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesnaturschutzverband (LNV) und engagierten Bürgern hat es sich zum Ziel gesetzt, die einzigartige Auenlandschaft für Lebewesen wie Biber, Eisvogel, Meerneunauge sowie die verbundene Pflanzenwelt nachhaltig zu sichern.

Fangbücher zeigen: Rückgang von 45 auf 30 Fischarten im Neckar

„Wir finden hier noch rund 30 Fischarten“, erklärte Regine Buyer, Sprecherin des AUN. Vor einigen Jahren seien es noch 45 gewesen, berichtet die promovierte Biologin mit Verweis auf Fangbücher der Fischereiorganisationen. Dass es für Bitterling, Aal, Maifisch und Lachs zunehmend schwierig wird, liege an nicht ausreichendem Fischschutz. Funktionierende Auf- und Abstiegshilfen seien oft nicht vorhanden.

Auch am Unteren Neckar, der seit 2000 zum europäischen Schutzgebietssystem Natura 2000 gehört und als FFH-Gebiet eingestuft ist, seien die Probleme spürbar, bestätigt Andreas Kellner, Mitglied des Vorstands beim NABU Heidelberg. Ungeachtet der sechs Naturschutzgebiete in diesem Abschnitt – vom Altneckar in Wieblingen bis zur Maulbeerinsel bei Feudenheim – sei das Gewässer für Fische schwer durchgängig.

Schleusen auf dem Neckar können tödlich für Fische sein

Ein Hindernis stellten regelmäßig die Schleusen dar: 27 von ihnen gibt es entlang der gesamten 367 Kilometer Flussstrecke zwischen der Quelle in Villingen-Schwenningen und der Mündung in Mannheim, 200 Kilometer werden für die Schifffahrt genutzt. Die Gefahren an Staustufen verstärkten sich durch die integrierten Wasserkraftwerke, weiß man beim NABU.

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Potenziell tödlich sind zu weitmaschige Gitter der Rechenanlagen am Kraftwerkseinlauf: „15 Millimeter sollte das Maximum sein, damit Fische nicht in den Gefahrenbereich eindringen“, nennt Kellner ein wesentliches Anliegen – das immerhin beim Neubau des Kraftwerks am Karlstor bedacht worden sei, nicht dagegen am Stauwehr Wieblingen.

Erleichterungen für Aale und Wanderfische schaffen

Aalen und anderen Wanderfischen würde es außerdem helfen, beim ersten und zweiten Hochwasser des Jahres die vorhandenen Spülklappen temporär um zehn bis 20 Zentimeter zu öffnen. Auf diese Weise könnten die Fische im Überlauf schwimmen.

Eine weitere Forderung formuliert Paul Hennze, Vorstandssprecher beim NABU Mannheim: „Die Lockströmung muss stärker sein als die Strömung am Kraftwerksauslauf“ – eine Maßnahme, die mit vergleichsweise geringem Aufwand realisiert werden könne.

Entlang des Neckars zu wenig Fischaufstiegshilfen

In Sachsen-Anhalt sei an den Gittern vor dem Turbineneinlauf bereits eine mittlere Anströmgeschwindigkeit von 0,3 Metern pro Sekunde vorgeschrieben, in Bayern sogar nur 0,2 bis 0,3, so dass Jungfische aus eigener Kraft von den Gitterstäben wegschwimmen können. Eine solche gesetzliche Begrenzung fehle in Baden-Württemberg, beklagt das AUN.

Ebenfalls erforderlich: mehr Fischaufstiegshilfen an den 48 Querbauwerken entlang des Neckars. Lediglich an 17 von ihnen sind Fischtreppen installiert – zu wenig für Andreas Kellner, der sich auf eine Machbarkeitsstudie des Landes von 2005 beruft.

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Einen weiteren Schritt zum „barrierefreien Neckar“ sehen die Umweltschützer in einer gesetzlich zu verankernden Mindestwassermenge. „Die nicht schiffbaren und für den Ökosystemschutz relevanten Bereiche des Unteren Neckars dürfen in heißen Sommern nicht trockenfallen“, warnt Regine Buyer.

Dazu sei es notwendig, die Wassermenge, die bei den Staustufen in die Altarme geleitet wird, situativ zu erhöhen. Das FFH-Gebiet Altneckar Heidelberg-Wieblingen könne seinen Schutzzweck derzeit nicht ganzjährig erfüllen, wie die vergangenen trockenen Jahre gezeigt hätten.

Aktionsbündnis in Ilvesheim realisiert gewässerökologische Maßnahmen

Ein Beispiel, das Mut machen könnte, ist Ilvesheim: Das Aktionsbündnis hatte sich bei der Gewässerdirektion Wasserstraßen und Schifffahrt dafür eingesetzt, gewässerökologische Maßnahmen in der Altneckarschleife zu realisieren. Unter anderem sollte ein Wasserstreifen unterhalb der Brücke in Seckenheim wieder durchgängig gemacht werden, der Aushub sollte zur Aufschüttung der in Ilvesheim durch Überflutung teilweise verlorenen Kiesbank dienen.

Nach Zustimmung der städtischen Gremien änderte sich jedoch 2021 die Gesetzeslage. Seitdem ist die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung auch zuständig für ökologische Maßnahmen an schiffbaren Flüssen und damit für die Revitalisierung des Ilvesheimer Altneckars. Die Vielzahl an Kompetenzen erleben die Naturschützer als Herausforderung.

Dennoch erhalte man grundsätzlich viel Zustimmung aus der Landespolitik. Hochrangige Vertreter hätten bereits signalisiert, Zuständigkeiten klären zu wollen. Bei Worten soll es indes nicht bleiben. Schließlich sei Wasser „keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss“.

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