Heidelberg. Über den großen Bildschirm an der Wand des „Qube“-Hotels im Heidelberger Stadtteil Bahnstadt laufen aktuelle CNN-Bilder aus der Ukraine. Darunter sitzt eine betagte, aber rüstige Dame, die eine weite Reise hinter sich gebracht hat und nun vor laufender Kamera ein Interview gibt. Drei Tagen war Zoe Burdoj von Kiew nach Heidelberg unterwegs. Die 94 Jahre alte Jüdin hat den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg überlebt – und nun Putins Bomben. Am Donnerstagabend ist sie in Heidelberg angekommen.
Hilferuf in sozialen Netzwerken
Ein Hilferuf in sozialen Netzwerken, den ihre in den USA lebende Tochter formuliert hatte, brachte die Rettungsaktion ins Rollen: Vitali Klitschko, Bürgermeister in der umkämpften ukrainischen Hauptstadt, und sein Bruder Wladimir wurden auf die Mitteilung aufmerksam und schickten eine Bitte um Unterstützung an Freunde nach Deutschland. Begleitet von Sohn, Pflegerin, Nymphensittich „Tischa“ und einem Team der „Bild“-Zeitung reiste die Seniorin über Ungarn nach Deutschland. Hier ruht sich die Seniorin nun aus. Es ist ihr erster Besuch hier. Als sie 14 war, kamen die Deutschen in ihre Stadt. Ihre Eltern starben im Krieg und Nachbarn versteckten das Mädchen. Jetzt hier zu sein, hat für sie nichts mit der Geschichte zu tun: „Es sind so viele Jahre vergangen, Deutschland hat sich verändert, die Menschen haben sich verändert.“
Unternehmer Winfried Rothermel tätschelt ihr die Hand. „Unsere Regierungen müssen sich anstrengen, um wieder Frieden einkehren zu lassen“, sagt die Geflüchtete in ihrer Muttersprache Ukrainisch, ein Landsmann übersetzt. „Mein größter Wunsch ist, dass Frieden auf der Welt ist“, fügt Burdoj hinzu. Ihre Füße stecken in dicken Plüschhausschuhen. Wann sie wirklich richtig ankommen, ist ungewiss.
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