Heddesheim. Bei archäologischen Ausgrabungen in Heddesheim sind im September Überreste einer römischen Bebauung freigelegt worden. Möglicherweise handelt es sich dabei um Teile einer Villa Rustica, also eines Gutshofes. Bis das ganz sicher ist, werden vermutlich noch Monate ins Land gehen. Denn das Landesamt für Denkmalpflege hat die Grabungen erst einmal unterbrochen und die freigelegte Fläche wieder abgedeckt.
Expertin ordnet den Fundort in Heddesheim ein
Auf der Grabungsstelle erläutert Inga Kretschmer vom Landesamt für Denkmalpflege Einzelheiten. Zunächst ordnet sie anhand einer Karte den Fundort ein. Dieser befand sich nämlich früher auf einer Halbinsel des Neckars. Wie eine Schleife umrundete der Fluss jenes Stückchen Land, das die Menschen über Jahrhunderte hinweg immer wieder genutzt haben, um hier zu siedeln. Es gab gute Böden, eine geschützte Lage und Wasser. Auch das Neubaugebiet „Mitten im Feld“ liegt hier, wo zuletzt 2018 eine Fülle von Spuren menschlicher Besiedlung gefunden worden waren.
„Es sieht derzeit so aus, als ob es sich um den Überrest eines Raumes handelt, der beheizt worden ist“, formuliert Kretschmer ganz vorsichtig zur jüngsten Grabung. „Zuerst dachten wir, es sei ein Keller“, erzählt die Archäologin. Beim weiteren Graben traten dann allerdings Funde wie die Teile einer Fußbodenheizung zu Tage. „Es muss nicht immer ein römischer Gutshof sein“, schränkt sie ein: „Es gibt auch andere römische Gebäude und Siedlungsstrukturen.“ Ein anderer Fund spricht aber zumindest für eine hochwertige Bebauung: Fragmente mit bemaltem Wandputz.
Areal der Ausgrabungen in Heddesheim durch Landwirtschaft und Sondengänger gefährdet
Dass die Überreste gefunden wurden, ist auch ein bisschen Glück, erklärt Kretschmer. Denn das Areal sei stark gefährdet. Zum einen durch die Landwirtschaft, die beim Pflügen Schätze im Boden treffen kann. „Aber die Landwirte pflügen zum Glück nicht mehr so tief“, zeigt sich die Archäologin erleichtert. Ein noch viel größeres Problem seien in Heddesheim die illegalen Sondengänger, die nach Metall suchen. „Dadurch wird die Archäologie zerstört“, klagt Kretschmer. Das ist mindestens eine Ordnungswidrigkeit, kann aber bei Unterschlagung von Funden auch eine Straftat sein. Überdies ist es höchst gefährlich, denn in der Vergangenheit wurden hier mehrfach explosive Kampfstoffe gefunden, unter anderem Panzergranaten und Relikte einer Flakstellung.
Doch zurück zur römischen Bebauung. Dass sie hier gefunden wurde, kommt nicht völlig überraschend. Der nördliche Ortsrand von Heddesheim steckt nämlich voller historischer Schätze. „Das Gelände ist archäologisch vermint“, formulierte der Mannheimer Archäologe Klaus Wirth 2017 im Interview mit dem „Mannheimer Morgen“. Bevor die ersten Häuser im Baugebiet „Mitten im Feld I“ gebaut werden konnten, musste das Areal intensiv erkundet werden.
Bereits 2013 wurden im Baugebiet „Mitten im Feld I“ Teile einer Siedlung freigelegt
Wirth und sein Team hatten 2013 in dem ersten Abschnitt des Baugebietes die Straßentrassen archäologisch begleitet und dabei ganz im Süden eine Siedlung mit Back- oder Röstöfen und Grubenhaus aus dem 4./5. Jahrhundert freigelegt. „In der Folge haben wir große Bauflächen im Norden des Baugebietes und auch das Regenrückhaltebecken nördlich der Kreisstraße untersucht“, erinnert sich Wirth. Dabei seien große Mengen römischer Ziegel in den Verfüllungen von Gruben und Grubenhäusern entdeckt worden: „Das nahmen wir zum Anlass, die Ackerflächen nördlich der Kreisstraße regelmäßig zu begehen.“
Hier sei vor allem Georg Trapp aktiv gewesen, der auch Richtung Viernheimer Straße auf den Gewannen Frechten und Viernheimer Straße fündig wurde. Neben großen Mengen an Ziegeln und Keramik seien dabei auch dicke Brocken von römischem Beton, opus cimentitium, gefunden worden. Spätestens da war für Wirth klar, dass sich im Boden Reste von Steingebäuden erhalten haben mussten. Die aktuelle Grabung des Landesamtes für Denkmalpflege bestätige diese Annahme nun, auch wenn die Fläche aktuell nur Teilbefunde zeigt. Es sei zu hoffen, dass der Landesdenkmalpflege zukünftig Gelegenheit gegeben werde, „dem sensationellen Befund hinterherzugraben“, erklärt Wirth auf Anfrage.
Auch im Hirschberger Ortsteil Großsachsen gibt es eine Villa Rustica
Dass es sich tatsächlich um eine Villa Rustica handelt, ist nicht unwahrscheinlich. Rund drei Kilometer nordwestlich liegt ebenfalls eine solche, nämlich auf der Gemarkung des Hirschberger Ortsteils Großsachsen. Die 1984 begonnenen Ausgrabungen förderten eine bemerkenswerte Villa Rustica zu Tage, die zum Umkreis des römischen Lopodunum, dem heutigen Ladenburg, gehörte. Die eindrucksvoll rekonstruierten Ruinen zeigen nach Angaben der Gemeinde das Haupthaus in seiner letzten Ausbaustufe. Die Anfänge des Hofes liegen in der Zeit um 120 nach Christus. Er wurde bis zum Rückzug der Römer über den Rhein um 250 nach Christus mehrmals umgebaut. Die einstige Römervilla ist ein beliebtes Ziel von Radtouren und Wanderungen.
Der aktuelle Ausgrabungsort in Heddesheim liegt weniger als zwei Kilometer vom ehemaligen Fernweg der Römer entfernt. Die „Hohe Straße“ verläuft von Ladenburg aus am heutigen Straßenheim vorbei und führte Richtung Mainz. Auch in Schriesheim wurden mehrere Villen entdeckt, unter anderem 1970/71 beim Bau des Zubringers L 536 zum Rhein-Neckar-Schnellweg (A 5) im Gewann Schanz. Teile davon sind als Rekonstruktion heute im Untergeschoss des Rathauses von Schriesheim zu sehen.
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