Heddesheim. Der Wahlkampf um den Bürgermeisterposten in Heddesheim geht in die entscheidende Phase. So haben die Wählerinnen und Wähler die sechs Kandidaten bei ihrer offiziellen Vorstellung am Donnerstagabend in der Nordbadenhalle mit Fragen gelöchert. Wie sieht die berufliche Qualifikation der Bewerber für das Amt aus? Und sollte der Chef im Rathaus auch in der Gemeinde wohnen? Fast drei Stunden hatten Daniel Gerstner (SPD), Tobias Köber (FDP), Jens Römer (Mitglied der Grünen), Achim Weitz (parteilos, von der CDU unterstützt), Norbert Hölscher (parteilos) und Peter Seitz (parteilos) Zeit, sich ihrem Wahlvolk im Saal und per Livestream daheim zu präsentieren.
In gut einer Woche, am 20. März, wird gewählt. Wer folgt nach 24 Jahren auf Bürgermeister Michael Kessler? Der scheidende Amtsinhaber fühlte sich bei der Kandidatenvorstellung diesmal durchaus wie ein Fernsehmoderator, als er die Heddesheimer nicht nur in der Nordbadenhalle, sondern auch „draußen an den Bildschirmen“ begrüßte. Ein kurzes Innehalten, Kessler erinnerte „an die dramatische Situation in der Ukraine“ an das Leid, aber auch den Mut der Menschen im von Vladimir Putin und seiner Armee überfallenen Land.
Jeweils zehn Minuten hatten die Bewerber anschließend Zeit, sich zu präsentieren. Dabei stellte sich erstmals Peter Seitz einer größeren Öffentlichkeit - und verwirrte seine Zuhörer, als er als Lösung des Kriegs in der Ukraine ein Schachspiel vorschlug: „Die Russen spielen doch gerne Schach, sollen sie doch gegeneinander spielen, Bomben sind nicht ok.“ Maria Hechler kritisierte später bei der Fragerunde der Bürger: „Wir sind hier nicht im Kabarett!“
Solidarität mit Flüchtlingen
Die Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet wollen sie alle unterstützen, wenn sie nach Heddesheim kommen. Hölscher: „Das ist Pflicht für die Gemeinde!“ Weitz verwies auf seine Erfahrungen als Leiter des Ordnungsamtes in Schriesheim: „Wir müssen die große Bereitschaft in der Bevölkerung, den Menschen zu helfen, strukturieren und kanalisieren - und das wird uns noch eine lange Zeit beschäftigen.“ „Schnelle und unbürokratische Hilfe gemeinsam mit der Bürgerschaft“, sagte Römer zu. Hölscher hat als Chef im Jobcenter schon Erfahrungen beim Aufbau eines Integrationscenters gesammelt, und Gerstner mahnte, „zusammenzurücken“ und mit den Ehrenamtlichen Angebote für die Flüchtlinge aus der Ukraine zu schaffen und diese Maßnahmen zu koordinieren.
Schwerpunkt Bildung
Von der Weltpolitik zurück zu den Fragen, die den Bürgern auf den Nägeln brennen: Für Schule und Bildung wollen sich alle Bewerber verstärkt einsetzen, sollten sie gewählt werden. Dabei geht es unter anderem um die Neugestaltung der Pausenhöfe. „Hier haben wir 450 000 Euro für eine erste Phase im Haushalt“, berichtete Gemeinderat Gerstner. Allerdings waren sich alle einige, dass diese Summe nicht ausreichen wird, um den Kindern und Jugendlichen der Hans-Thoma-Grundschule und der Karl-Drais-Gemeinschaftsschule einen adäquaten Pausenhof einzurichten. Gerstner: „Das wird wahrscheinlich doppelt, ja dreifach teurer.“ „Problem erkannt“, versicherte Studiendirektor Römer. „Der Schulhof ist ein Dauerbrenner, da muss mehr Geld fließen“, weiß auch Achim Weitz. Ob der Bereich künftig eingezäunt oder offenbleiben soll, darüber müsse diskutiert werden. Köber kann sich außerdem eine Schulküche an der Karl-Drais-Schule vorstellen. Hölscher und seine Mitbewerber setzen weiter auf eine optimale technische Ausrüstung der Schulen, auf die Digitalisierung. Allein Peter Seitz erklärte: „Ich bin ein Kreidemensch.“
Frage nach Qualifikation
„Was qualifiziert Sie aus ihrem bisherigen beruflichen Leben für das Bürgermeisteramt?“, wollte Werner Pasch wissen. Gerstner erklärte, man müsse auf dem Chefsessel im Rathaus nicht unbedingt Verwaltungsfachwirt sein. Beruflich habe er als Projektmanager durchaus viel mit Verwaltungen zu tun - und im Rathaus stünden ihm ja fähige Amtsleiter und Mitarbeiter zur Verfügung. „Mit mehr Transparenz und Kommunikation kann ich mich hier als Schlüsselspieler gut einbringen“, versprach der 41-Jährige. Weitz setzt dagegen voll auf seine Erfahrung als Diplom-Verwaltungswirt: „Ich habe die Bürgermeister-Schmiede in Kehl absolviert.“ Für ihn mache es Sinn, „einen gut vernetzten Verwaltungsprofi an der Spitze des Rathauses zu haben“.
Köber berichtete, als selbständiger IT-Berater habe er gelernt, „zuzuhören und im Team zu arbeiten“. Auch Römer sieht sich als Teamworker. Darüber hinaus verfüge er als Studiendirektor über Führungsqualitäten. Hölscher erklärte, Heddesheim brauche einen neutralen Verwaltungschef mit Erfahrung, das Kessler’sche Erbe könne nur jemand antreten, der davon etwas verstehe.
Umzug - Ja oder nein?
Hölscher war schließlich auch der einzige Bewerber, der einen Umzug nach Heddesheim ausschloss, sollte er am 20. März gewählt werde: „Es kann ein Vorteil sein, wenn man von außen kommt. Aber natürlich werde ich präsent vor Ort sein“, antwortete er auf die Frage von Joerg Landenberger. Weitz wohnt noch in Neckarhausen: „Das ist ja keine Entfernung, außerdem bauen sie für mich gerade die neue Neckarbrücke.“ Allerdings könne er sich durchaus vorstellen, nach Heddesheim zu ziehen: „Das würde mir gefallen.“ Gerstner, Köber und Römer wohnen ja bereits in der Gemeinde - finden das auch wichtig. Und Peter Seitz hatte gleich ein Angebot an die beiden auswärtigen Kandidaten: „Ich habe hier ein großes Haus, sie können bei mir einziehen.“
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