Kommunalpolitik

Streichorchester in Edingen-Neckarhausen sorgt für Disharmonie

In Edingen-Neckarhausen setzt die Gemeinde immer häufiger den Rotstift an. Das bringt die Betroffenen mehr und mehr auf die Palme, wie sich jetzt zeigt.

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Das Jugendblasorchester „Windstärke 08“ unter der Leitung von Laurance Mahady beim Sommerkonzert im Juli 2024. © Christoph Bluethner

Edingen-Neckarhausen. Die Kooperation mit der Musikschule Mannheim wird aus Kostengründen eingestellt, das Kleinhallenbad in Edingen steht vor einer möglichen Schließung, die Gemeindebücherei im Schloss in Neckarhausen ist Geschichte. In Edingen-Neckarhausen wird gerade häufig der Rotstift gezückt, weil der Haushalt der Gemeinde defizitär ist. Immer mehr Bürger machen deshalb ihrem Ärger Luft. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderates dauerte die Fragestunde aus diesem Grund fast 30 Minuten.

Karin Huth, seit 2010 Bürgerin der Gemeinde und Elternbeirätin, hakte in Sachen Kleinhallenbad nach. Im April hatte sie 300 Unterschriften vorgelegt, um Antworten auf konkrete Nachfragen zu bekommen. Jetzt wollte sie wissen, was daraus geworden ist. „Wir sind noch am Sammeln von Daten, andere Themen waren dringender“, sagte Bürgermeister Florian König. Gespräche mit den Nutzern sollten ebenfalls noch geführt werden, einen konkreten Zeitpunkt könne er noch nicht nennen.

Das Kleinhallenbad in Edingen, hier im September 2011, steht auf der Streichliste der Gemeinde. © Marcus Schwetasch

Auf eine weitere Nachfrage von Rainer Huth bestätigte König Gespräche mit dem Rektor der Pestalozzischule, Eric Sasse, über dieses Thema. „Wir müssen auf jeden Fall Schwimmunterricht gewährleisten“, versicherte der Bürgermeister. Allerdings könne sich der Umfang durchaus reduzieren, wie er durchblicken ließ. In Neckarhausen habe auch nur eine Klassenstufe Schwimmunterricht. „Wir loten im Moment alles aus“, erklärte er und versicherte, die Gemeinde wolle dabei Transparenz zeigen.

„Es wird an den Kindern gespart“, kritisierte Rainer Huth und wollte wissen, ob es schon Zahlen gebe, wie viel gespart werde. „Es geht nicht darum, bei den Kindern zu sparen“, entgegnete König. Konkrete Zahlen könne er noch nicht nennen, sagte der Bürgermeister und fügte hinzu: „Wir müssen sparen, sparen, sparen, wo wir können.“

Im April 2009 probte das 2008 gegründete Jugendblasorchester Windstärke 08 für sein erstes Konzert. © Melanie Schaumburg

Die Mutter eines Kindes aus der Bläserklasse befasste sich mit dem Thema Musikschule. Man habe verstanden, dass Kostensenkung das Gebot der Stunde sei. „Aber es darf nicht alles der Kostenfrage unterworfen werden“, kritisierte sie: „In Neckarhausen geht außer Wohnen nicht mehr viel.“ Jetzt stehe auch noch die Bücherei auf der Streichliste: „Sind Sie sich der Konsequenzen bewusst?“ Die Zukunft der Bläserklasse und damit auch der Ensembles in der Gemeinde sei so nicht mehr gesichert.

„Dass es die Bläserklasse in der bisherigen Form nicht mehr gibt, war schon vorher klar“, hielt König ihr entgegen. Die Transportkosten seien höher als die Kurskosten, nannte der Bürgermeister einen Grund dafür. „Wir denken, dass wir eine Alternative gefunden haben“, erklärte er. Verträge mit Mannheim werde es deshalb eher nicht mehr geben. „Bläserunterricht ist trotzdem möglich“, versicherte König. Das Kursangebot solle so weit wie möglich gleich bleiben.

Gemeinde setzt aus Kostengründen auf eine private Musikschule

Der Bürgermeister betonte weiter, die Elternbeiträge blieben stabil, die Gemeinde müsse aber bei der geplanten Kooperation mit einer privaten Musikschule nichts mehr zahlen. Auf die Frage, ob jemals mit der Stadt Mannheim verhandelt worden sei, entgegnete König: „Es ist unrealistisch, dass andere Kommunen unseren Anteil mittragen.“ Die Musikvereinigung Neckarhausen fürchtet unterdessen um die Zukunft ihres 2008 gegründeten Orchesters „Windstärke 08“, dessen Leiter jeweils die Musikschule gestellt habe. „Ich kann den Unmut verstehen“, beteuerte der Bürgermeister. Ein Konzept zur Erhaltung der Jugendorchester gebe es noch nicht, antwortete er auf eine entsprechende Frage. Er sei froh, dass man ein vergleichbares Angebot gefunden habe, und versicherte: „Ich hätte mir das gerne gespart, aber es ging leider nicht.“

Der Gemeinderat von Edingen-Neckarhausen hatte sich in seiner Mai-Sitzung mit dem Thema Musikschule befasst. Bereits im Vorfeld war – vorsorglich – ein Vertrag mit der Mannheimer Musikschule zum 30. April 2026 gekündigt worden, wegen steigender Kosten und der schlechten Finanzlage der Gemeinde. Rund 150.000 Euro pro Jahr ließ es sich Edingen-Neckarhausen bislang kosten, dass ihre Kinder und Jugendlichen die musikalische Bildung der Musikschule Mannheim in Anspruch nehmen können. 259 machen das laut Verwaltung aktuell, davon fast ein Drittel in Bläserklassen.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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