Gastonomie

Bleibt im Friedrichshof in Edingen bald die Küche kalt?

Das Geschäft boomt, das Essen schmeckt, und trotzdem könnte die Küche im Friedrichshof in Edingen ab Ende des Jahres kalt bleiben. Das wäre für mindestens einen Verein eine existenzielle Bedrohung

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Das Vereinslokal Friedrichshof in Edingen. © Hans-Jürgen Emmerich

Edingen-Neckarhausen. Es gibt kaum eine Veranstaltung, die nicht im Friedrichshof in Edingen stattfindet. Das Vereinslokal in der Anna-Bender-Straße ist der Dreh- und Angelpunkt im Ortskern. Ob Versammlungen, Vorträge, Schach, Skat, Doppelkopf oder Darbietungen: Meist ist es diese Gaststätte, die den örtlichen Vereinen als Treffpunkt dient. Menschen feiern hier Geburtstage, Taufen und Hochzeiten, und nach vielen Beerdigungen versammeln sich die Hinterbliebenen und Trauergäste hier, um bei Kaffee und Kuchen Abschied zu nehmen. Nicht auszudenken, wenn diese Traditionswirtschaft schließen würde. Und trotzdem könnte genau das passieren. Denn die Pächter hören Ende des Jahres auf, aber Nachfolger gibt es bislang nicht.

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Dass die Wirtsleute Manfred und Petra Müller aufgeben, hat mit einem Mangel an Gästen oder Umsatz nichts zu tun, wie sie versichern. Im Gegenteil. Das Geschäft brummt, viele Besucher sind Stammgäste. Auch Corona hat den Gastronomen kaum zugesetzt. Sie boten ihre beliebten gutbürgerlichen Speisen zum Abholen an und konnten sich damit so gut über Wasser halten, dass sie die erhaltenen Staatshilfen später wieder zurückzahlten. „Die hatten wir ohnehin auf die hohe Kante gelegt“, gesteht der Wirt.

Manfred Müller ist seit 20 Jahren Wirt des Vereinslokals Friedrichshof, gemeinsam mit seiner Frau Petra. Ende 2023 hört er auf. © Hans-Jürgen Emmerich

Seit 20 Jahren ist er nun schon Pächter im Friedrichshof. „Die Räumlichkeiten sind genial“, schwärmt er: „So etwas gibt es heute nur noch selten.“ Der Gastraum ist vom Rest des Saals durch eine bewegliche Wand getrennt. So lässt sich die Fläche bei Bedarf ohne weiteres vergrößern. Vor einiger Zeit wurde ein Aufzug eingebaut, der den Zugang ins Obergeschoss barrierefrei macht. Dort gibt es ein weiteres Nebenzimmer. Im Keller befindet sich zudem noch eine Kegelbahn, auch wenn diese schon ein wenig in die Jahre gekommen ist und das Interesse daran in jüngster Zeit eher zurückgeht. „Aber man kann da noch kegeln“, versichert Erika Keller, die Vorsitzende der Sängereinheit Edingen.

In Vereinseigentum

Das mehr als 100 Jahre alte Gebäude mit Sandsteingesimsen an den Fenstern und dem schmiedeeisernen Schriftzug „Sängerheim Friedrichshof“ in Versalien über dem Eingang gehört dem Verein, das Grundstück steht im Eigentum der Gemeinde. Im Saal hält die Sängereinheit ihre Chorproben unter der Leitung von Peny Bauer immer donnerstags ab. Im Herbst wollen sie das 25. Jubiläum des Frauenchors gebührend feiern. Das Konzert wird allerdings wohl in der Kirche stattfinden. Für die Sängereinheit ist der Friedrichshof gleichwohl in doppelter Hinsicht von existenzieller Bedeutung. Zum einen, weil die Aktiven hier proben, zum anderen, weil sie ihre Arbeit hauptsächlich aus der Pacht des Lokals und der Miete der Wirtswohnung finanziert. „Für große Veranstaltungen wie früher haben wir nicht mehr die Leute“, plaudert die Finanzchefin Gertrud Häfner aus dem Nähkästchen. Auch deshalb suchen sie nun händeringend nach einem neuen Pächter.

Kassiererin Gertrud Häfner (v.l.), Wirt Manfred Müller und Vorsitzende Erika Keller vor dem Vereinslokal der Sängereinheit, dem „Friedrichshof“. © Hans-Jürgen Emmerich

Scheidender Wirt bietet Rat an

Er soll aber nicht irgendeiner sein, wie Keller deutlich macht: „Wir suchen einen Wirt, der kochen kann.“ Und damit meint sie gutbürgerlich. Denn das ist das Erfolgsrezept der jetzigen Betreiber. Wenn donnerstags Schlachtfest oder freitags Hähnchentag ist, dann läuft ohne Vorbestellung gar nichts. „Wir könnten das anders nicht schaffen“, beteuert Manfred Müller, der in diesem Jahr 65 wird und langsam an den Ruhestand denkt. Einen Nachfolger würde er aber nicht im Regen stehen lassen, im Gegenteil: „Ich stehe jederzeit mit meinem Rat zur Verfügung.“ Obwohl er und seine Frau die Wohnung Ende des Jahres ebenso räumen wie das Lokal, werden sie nur ein paar Meter weiter wohnen. „Da hab ich ein Häuschen geerbt“, verrät Müller. Von einem Umbau der Wirtschaft rät er ab: „Der Friedrichshof ist ein Lokal im alten Stil, und das sollte man auch so beibehalten.“ Seine Stammgäste, die auch aus Plankstadt, aus Südhessen und von der Bergstraße kommen, sind so etwas wie eine Familie, sagt er: „Man kennt sich, da setzt sich jeder zu jedem an den Tisch.“

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Ob das so bleibt, hängt nun vor allem davon ab, ob die Sängereinheit einen neuen Pächter nach ihrem Geschmack findet. Die Vorsitzende Erika Keller wünscht sich das. „Am besten wäre eine Familie mit Kindern“, sagt sie unter Hinweis auf die vorhandene Wohnung. Ihr Angebot soll gutbürgerlich sein, „mit annehmbaren Preisen“, wie sie betont. Denn der Friedrichshof ist nicht nur Vereinslokal, sondern auch ein Treffpunkt für viele Senioren im Ort, die hier regelmäßig zum Mittagessen kommen.

Spezialität: Ochsenbrust

Ein Klassiker von Wirt Manfred Müller ist Ochsenbrust mit Meerrettich. Dieses Gericht gibt es seit mehr als zwei Jahrzehnten beim Kurpfälzer Abendessen der FDP, und auch der Gemeinderat durfte es im vergangenen Dezember beim Weihnachtsessen genießen. Wie es gelingt, das würde Müller einem Nachfolger sicher auch mit auf den Weg geben.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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