Mundart

Was man im Bürstadt-Wörterbuch von Alexander Bauer nachschlagen kann

Alexander Bauer hat gesammelt: Wörter im Bürstädter Dialekt. Rund 2500 Begriffe kamen bisher zusammen, die er in einem Wörterbuch - gedruckt und digital - festgehalten hat. Was den CDU-Landtagsabgeordneten dazu motiviert hat

Von 
Götz Lambert
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Alexander Bauer mit dem von ihm herausgegebenen Mundart-Wörterbuch. © Berno Nix

VWenn in „Bärschdadt“ jemand um Geld bittet, dann spricht er von „aabumbe“, und wenn ihm die Bitte erfüllt wird, hat ihm der Angesprochene möglicherweise etwas „zuugeschuschdert“. Es handelt sich um Wörter der Bürstädter Mundart, die leider vom Aussterben bedroht sind. Damit sie nicht völlig in Vergessenheit geraten, hat Alexander Bauer ein Mundart-Wörterbuch herausgegeben, das die Herzen aller Dialektsprecher höherschlagen lässt und zweifellos ein Stück Heimatkultur widerspiegelt. Mundart ist für den CDU-Landtagsabgeordneten mehr als nur eine sprachliche Spielart, sie vermittelt ihm Identität, Nähe, Geborgenheit und Heimat.

Einsatz für die „Muddasprooch“

Das Wörterbuch wurde in ehrenamtlicher Arbeit erstellt. Der Verkaufserlös kommt den „Bäschdädder Babbler“ und deren Arbeit zum Erhalt der Bürstädter Mundart zu Gute.

Erwerben kann man das Mundart-Magazin „Gesprochene Heimat“ für 5 Euro über die Wörterbuch-Homepage oder bei Veranstaltungen der „Bürstädter Babbler“.

Jeder kann dieses Wörterbuch durch die Übermittlung von Korrekturen oder neuen Dialektwörtern weiter verbessern und bereichern. Dafür steht folgende Mailadresse zur Verfügung: kontakt@Mundartretter.de. gl

Zum Erhalt der lokalen „Muddasprooch“ hat Alexander Bauer als Hommage an Bürstadts Owwerbabbler Frank Gumbel rund 2500 Bäschdädder-Dialektwörter in einer Datenbank zusammengetragen. Das digitale Bürstädter Mundart-Wörterbuch ist auf der Internetplattform www.mundartretter.de online.

Mit dem Tod seiner Eltern wurde dem 52-Jährigen bewusst, dass auch der Dialekt verloren geht. „Für mich war die Bürstädter Mundart eine Art Familiensprache“, bemerkt der ehemalige Gymnasiallehrer, und aus seinen Worten geht deutlich hervor, welchen Stellenwert diese Sprache für ihn hat. Seine Augen leuchten, wenn er ganz besonders ausgefallene Mundartwörter und deren Bedeutung erwähnt. Dass die Dialektsprecher aussterben, ist kein reines Bürstädter Phänomen. Auch andernorts geht die Mundart verloren. „Bayrisch wird nach einer Prognose in 20 Jahren ausgestorben sein“, informiert Bauer.

Das Dialektsterben lasse sich kaum aufhalten. Im Norden hat die Standardsprache die Mundarten schon stark verdrängt. Nordfriesisch werde nur noch von rund 1000 Menschen aktiv beherrscht, nennt der Landtagsabgeordnete ein Beispiel. Seine Einschätzung zur Zukunft der Mundarten klingt wenig erfreulich: „Schon die nächste Generation wird den Dialekt nicht übernehmen, ihn nur noch passiv beherrschen, und noch eine Generation später ist eine jahrhundertelang gewachsene Sprachtradition verloren.“

Sogar die Wissenschaft widerlegt Vorurteile gegenüber der Mundart

Dialekt hatte, das weiß der Politiker aus eigener Erfahrung, lange kein gutes Image. Wer Mundart sprach, galt als „dümmlich“, „einfach gestrickt“ und mit einem „schlichten Gemüt“ ausgestattet. Dass dies keineswegs der Realität entspricht, macht Alexander Bauer an Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann fest, „der die Mundart geradezu zelebriert“. Sein regional eingefärbter Zungenschlag vermittele ihm eine gewisse Bodenständigkeit und Nähe zu den Menschen. Und: Die Hirnforschung habe bestätigt, dass Dialekt schlau mache. „Wer also neben dem Hochdeutschen auch noch „Bäschdädderisch“ spricht, trainiert sein Gehirn wie ein Mehrsprachler“, sagt Bauer.

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Zurück zum Wörterbuch: Vor etwa einem Jahr sei ihm bewusst geworden, erzählt Bauer, dass es in den umliegenden Städten und Gemeinden ein Mundartwörterbuch gebe, lediglich Bürstadt könne kein Exemplar vorweisen. Deshalb sei er auf die Idee gekommen, Wörter des Bürstädter Dialektes und deren Bedeutung aufzuschreiben. Eine wunderbar sprudelnde Quelle entdeckte Bauer im Altenpflegeheim. Die Senioren hätten sich sehr darüber gefreut, ihm Wörter nennen zu können. Auch Freunde und Bekannte lieferten ihm jede Menge Begriffe, die er akribisch sammelte - eine „Mammutaufgabe“, wie sich herausstellen sollte. „Den Grundstock für das Werk lieferte übrigens Frank Gumbel mit seinem Bürstädter Almanach“, wie Bauer hervorhebt.

Beim Sammeln, Aufschreiben, Ordnen und Erklären wurde dem Politiker bewusst, wie sehr die Bürstädter Mundart von der kurpfälzischen, aber auch französischen und jüdischen Sprache geprägt ist. In seinem Wörterbuch fügte er deshalb hinzu, welche Wurzeln das jeweilige Wort hat. Wer glaubt, das Werk sei vollendet, täuscht sich: Es handele sich um ein dynamisches „Mitmach-Wörterbuch“, das ständig ergänzt und korrigiert werde. Aus diesem Grund gibt es eine Datenbank im Internet, die permanent auf den neusten Stand gebracht werden könne. „Die gedruckte Version ist für ältere Menschen gedacht“, konstatiert Bauer.

Neues Projekt: Dialektwörter nach Kategorien ordnen

Animiert und überwältigt von der enormen Resonanz, den vielen positiven Rückmeldungen und den zahlreichen begeisterten Wörtersammlern hat Alexander Bauer bereits ein weiteres Projekt in petto: Er möchte Dialektwörter speziell zum Thema „Essen und Trinken“ ordnen und eine Rubrik mit „Schimpfwörtern“ einführen. Darüber hinaus interessieren ihn typisch Bürstädter Spitznamen und Ortsbezeichnungen. „Die zweite Ausgabe wird ein Wissensbuch“, betont Bauer, dem die Freude an der kommenden Aufgabe anzusehen ist. „Ich möchte die sprachliche Vielfalt bewahren“, lautet sein Ziel.

Und einen Wunsch hat der hessische Landespolitiker auch noch: „Vielleicht findet irgendwann im hessischen Landtag eine Debatte in Mundart statt.“

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