Porträt

Was Boris Wenz als neuer Bürgermeister in Bürstadt ändern will

Der SPD-Politiker möchte ganz genau wissen, was die Menschen in Bürstadt bewegt - und sie bei Entscheidungen von Anfang an mit ins Boot holen.

Von 
Sandra Bollmann
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Schlaglöcher in der Straße, im Hintergrund eine Industriebrache. Hier gibt es jede Menge zu tun, findet der SPD-Bürgermeisterkandidat Boris Wenz. © Berno Nix

Bürstadt. Eine Industriebrache, eine Straße voller Schlaglöcher – und ein Veranstaltungshaus, dessen Eingang nur über die Fahrbahn zu erreichen ist: Für Boris Wenz ist das KamÜ - das Veranstaltungshaus Kultur am Bahnübergang - der Ort in Bürstadt, an dem er den größten Handlungsbedarf sieht. Was er in Bürstadt verändern möchte, erläutert der Bürgermeisterkandidat der SPD im Gespräch mit unserer Redaktion.

Das lange schmale Grundstück zwischen Bahnlinie, Industriestraße und KamÜ sorgt seit Jahren für Diskussionsstoff. Nach dem Abriss der alten Raiffeisenhallen im Jahr 2022 ist von all den vielen Plänen und Vorschlägen nichts geblieben – außer einem Bauzaun und einer dicken Unkrautfolie, die sich nach und nach auflöst. „Eine schlimme Umweltverschmutzung!“, ärgert sich Wenz.

So könne das alles keinesfalls bleiben. „Wir müssen eine Entscheidung treffen. Aber wir müssen auch ehrlich mit den Konsequenzen sein“, stellt Wenz klar. Falls an dieser Stelle nämlich Parkplätze entstehen, wie vielfach gewünscht, muss Bürstadt Fördergelder zurückzahlen. Denn die hat die Stadt nur für den Fall erhalten, dass Wohnhäuser gebaut werden.

Schwere Laster sollen ausgebremst werden

Dringenden Handlungsbedarf sieht er auch in der Industriestraße, die nicht nur völlig durchlöchert ist, sondern auch viel zu eng. So befindet sich der Eingang zum KamÜ mitten auf der Fahrbahn, für einen Gehweg ist kein Platz. Eine Einbahnstraße wäre eine Möglichkeit, die „sehr heikle“ Situation zu entschärfen. Die Verkehrsführung in Bürstadt ist ohnehin ein großes Thema für den SPD-Politiker, den Schwerlastverkehr will er möglichst komplett aus der Innenstadt verbannen. „Ausbremsen“, lautet sein Vorschlag. „Wenn die Lkw schneller hier durchfahren als über die Umgehung, dann ist etwas falsch.“

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SPD-Politiker, Familienmensch und Kaufmann

  • Boris Wenz kommt am 23. August 1972 zur Welt und wächst in Griesheim bei Darmstadt auf. Seit 1997 lebt er mit seiner Familie in Bürstadt. Er hat zwei Kinder und ein Enkelkind.
  • Wenz absolviert eine kaufmännische Ausbildung bei der Firma Schlecker und arbeitet als Bezirksleiter, danach bei MediaMarkt und Netto. Nach einer Weiterbildung wechselt er in die Finanzbranche , seit 2012 ist er in der Immobilienfinanzierung bei der ING DiBa tätig.
  • Im Sommer 2004 tritt Wenz in die SPD ein und ist seit 2008 Stadtverordneter in Bürstadt. Von 2014 bis 2021 führt er als Vorsitzender den Stadtverband an. Zudem ist er Schöffe am Landgericht Darmstadt und sitzt im Aufsichtsrat der Baugenossenschaft Bürstadt.
  • Bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag, 9. März, will er für die SPD ins Rathaus einziehen. Sein Wahlprogramm ist auch nachzulesen unter boris-fuer-buerstadt.de

Falls er Rathauschef wird, will er dafür aber unbedingt die Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot holen – und nicht fertige Konzepte präsentieren, an denen kaum zu rütteln ist. So sei es bisher bei vielen Projekten in der Stadt gelaufen, kritisiert er, beispielsweise beim Umbau der Nibelungenstraße. Die Kommunikation zwischen Verwaltung und Bevölkerung, aber auch zwischen Verwaltung und Parlament ist für ihn eines der größten Probleme in Bürstadt. Als sichtbares Zeichen dafür wertet er, dass Bürger zuerst klingeln müssen, bevor sie ins Rathaus gelassen werden. Für Wenz ein völliges Unding: „Dass die Menschen vor verschlossenen Türen stehen, ist nicht nachvollziehbar.“

Dass die Bürstädter erst klingeln müssen, bevor sie ins Rathaus gelassen werden, ist für Boris Wenz ein völliges Unding. © Berno Nix

Verbesserungsbedarf sieht er auch bei den Informationen, die die Verwaltung den politischen Fraktionen zur Verfügung stellt. „Die Entscheidung ist oft vorgegeben, da wird nicht nach links und rechts geschaut.“ Den Vorschlag, den das Rathaus für die Nibelungenstraße von Forsthausstraße bis zum Stadtausgang vorlegte, sieht er als deutliches Beispiel: Danach sollten für den Umbau zahlreiche – auch sehr große und alte – Bäume fallen. Dass es auch andere Wege gibt, die Straße zu sanieren, sei erst im Nachhinein zu erfahren gewesen. Nach heftigen Bürgerprotesten in Sachen Naturschutz wurden der Beschluss schließlich verworfen. Für Wenz der Beweis: „Es gibt eine Schwarmintelligenz in Bürstadt. Man muss sie nur abholen.“

Er will deshalb mit den Menschen reden, bevor neue Pläne geschmiedet werden: Die Betroffenen fragen, was sie wollen und was sie stört, das ist ihm ein großes Anliegen. Teamgeist, ein sinnvolles Miteinander - für Wenz unerlässlich: „Nur so kommt man zum Erfolg.“ Das gilt für ihn in der Politik genauso wie im Sport. Lange Jahre war er bei den Bürstädter Footballern Redskins als Abteilungsleiter aktiv. Und machte sich schnell Gedanken, wie der Verein die vielen Kosten stemmen soll. Allein schon die Schiedsrichter zu bezahlen, sei teuer.

Eigene Hüpfburg feste Größe bei Vereinsfeiern

Dazu komme die Ausrüstung und vieles mehr. Nach einem Besuch bei Frankfurt-Galaxy samt Power-Party kam der Football-Fan auf die Idee, ein eigenes Sportfest auf die Beine zu stellen. Helfer im Verein standen bereit, für das nötige Equipment sorgte er selbst und schaffte kurzerhand eine Hüpfburg im Festivalformat an. Die Hüpfburg ist nach wie vor regelmäßig in Gebrauch - „bei der Sängerlust, dem SKK, den Garten- und Naturfreunden“, erzählt Wenz und lacht. „Die Vereine rechnen fest damit.“

Familienmensch ist der SPD-Politiker ohnehin, seit neuestem auch stolzer Opa. Handwerklich begabt ist er außerdem, hat schon zahlreiche Renovierungsarbeiten erledigt. Aber kann er auch Bürgermeister? Wenz beantwortet die Frage mit einem klaren „Ja.“ Wer aus der Kommunalpolitik vor Ort kommt, könne auch ein guter Rathauschef sein. Zudem sei er bei der früheren Drogeriekette Schlecker damals für 120 Mitarbeiterinnen zuständig gewesen, bei der Onlinebank ING DiBa habe er nach wie vor Personalverantwortung. Dabei unterscheidet er genau zwischen Vorgesetztem und Führungskraft. Er will auf jeden Fall Letzteres sein: „Im Rathaus gibt es sehr kompetente Mitarbeiter, in die man durchaus Vertrauen setzen kann.“

Die Fachleute in der Verwaltung will er auch, was die Finanzen betrifft, enger mit einbinden - mit den Budgetverantwortlichen im Detail durchsprechen, wo noch Sparpotenziale zu heben sind. Die Digitalisierung ist für ihn ebenfalls ein großes Thema. „Man muss zunächst investieren, kann aber viel Geld sparen. “ Und wenn man alles einfach von der Couch aus erledigen kann, macht das glücklich, sagt er mit einem Lachen.

Wohnungsbau und soziale Herausforderungen im Fokus

Ebenfalls ein große Herausforderung: die Wohnungsnot. Bauen sei dringend erforderlich - dafür kommt für ihn durchaus auch der viel umstrittene Freizeitkicker infrage. „Wir sind gesprächsbereit.“ Günstigen Wohnraum will er künftig in Zusammenarbeit mit der Baugenossenschaft schaffen. Städtische Grundstücke zu verkaufen, sieht Wenz eher als Maßnahme, um „den Haushalt hübsch zu machen“. Wenn die Stadt künftig darauf verzichte, und der Baugenossenschaft die Grundstücke in Erbpacht zur Verfügung stelle, könnten hier durchaus günstige Wohnungen entstehen.

Noch viel mehr Themen brennen Wenz auf den Nägeln. Dass noch immer keine neue Unterkunft für die Obdachlosen steht, sei nicht menschenwürdig. Und wie es mit dem Flüchtlingszustrom weitergeht, sei genau zu beobachten. „Wir müssen aufpassen, dass hier keine Parallelgesellschaft entsteht“, sagt er. Auch deshalb werde Wohnraum dringend gebraucht.

Es gibt also viel zu tun für den neuen Chef im Rathaus. Jetzt geht es für Wenz erst einmal darum, die Wahl zu gewinnen. Das sei im traditionell schwarzen Bürstadt und dem gereizten Bundestagswahlkampf allerdings nicht leicht, räumt er ein. „Ich muss die Leute davon überzeugen, den Menschen zu wählen, und nicht die Partei. Das ist die große Kunst.“

Redaktion Redakteurin "Südhessen Morgen", Schwerpunkt Bürstadt

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