Ried. „Wir sind in den Ausgabestellen in Bürstadt und Lampertheim am Limit. Daher können wir keine weiteren Leute aufnehmen“, sagt Tafelkoordinatorin Ute Weber-Schäfer von der Diakonie Bergstraße. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können den Menschen, die jetzt Tafelkunden werden möchten, höchstens noch ein Notfallpaket mitgeben. Tafelausweise werden im Moment nicht mehr ausgegeben.
„Nein zu sagen, das fällt unseren Ehrenamtlichen sehr schwer“, betont die Koordinatorin. „Wir müssen Leute wegschicken und ihnen sagen, dass sie es in vier Wochen noch einmal versuchen können. Das ist eine große Belastung für unsere Teams.“ Denn die Tafelmitarbeiter wollen ja helfen. Aber der Andrang sei nicht mehr zu bewältigen.
Die Kundenzahlen sind dauerhaft hoch. Bereits im Juni 2022 hatte Ute Weber-Schäfer berichtet, dass 501 Personen in der Bürstädter Ausgabestelle mit Lebensmitteln versorgt werden. Und so viele Personen sind es auch heute noch. „Wir haben in Bürstadt 185 Haushalte mit insgesamt 200 Kindern und 301 Erwachsenen.“ Auch Lampertheim sei mit insgesamt 470 Personen an der Obergrenze: verteilt auf 180 Haushalte, in denen 293 Kinder und 177 Erwachsene leben.
Steigende Zahlen in Viernheim
„Wir haben ständig steigende Zahlen“, sagt Herbert Kohl zur Situation bei der Tafel in Viernheim, deren Träger die katholische Pfarrei Heiliger Johannes XXIII ist. Gemeindereferent Kohl leitet die Tafel. „Wir versorgen jede Woche 400 Haushalte mit insgesamt 1200 Personen“, berichtet er. Es könnten weiterhin alle kommen, die berechtigt sind, in der Tafel Viernheim einzukaufen.
Wer von Armut betroffen ist und dies nachweisen kann, darf die Tafel besuchen, die für den eigenen Wohnort zuständig ist. In Viernheim prüfe dies das Sozialamt und melde dann der Tafel, wer berechtigt ist. „Wir stellen daraufhin einen Tafelausweis aus“, sagt Herbert Kohl und fügt hinzu: „Wir sind mit Helfern und Personal noch ausreichend gut aufgestellt.“ Allerdings läuft schon die Suche nach weiteren ehrenamtlichen Mitarbeitern, und es gibt eine Einschränkung für die Tafelkunden. Sie dürfen nur noch einmal pro Woche in die Ausgabestelle kommen. Zuvor konnten sie beide Ausgabetage nutzen.
Spenden und Ausgabestellen
- Über Lebensmittel- und Geldspenden würden sich die Tafeln in Viernheim, Lampertheim und Bürstadt freuen. Weitere Helfer sind ebenfalls sehr willkommen.
- Die Tafel Viernheim sucht Hilfe bei der Abholung von Lebensmitteln am Donnerstagvormittag. Nähere Infos gibt es bei Gemeindereferent Herbert Kohl, per E-Mail an hkohl@pfarrei-johannes23.de oder telefonisch unter 0176/43 59 30 16.
- Die Lebensmittelausgabe in Viernheim erfolgt im Katholischen Sozialzentrum, Stadionstraße 17 (neben Vogelpark). Während der Tafelladen dort nur Viernheimern offen steht, können die weiteren Angebote im Sozialzentrum von allen Interessierten genutzt werden. Kleidung und Geschirr zum günstigen Preis und Werkstätten für Fahrräder und Computer sind dort unter anderem zu finden. Außerdem lädt eine Vesperstube am Dienstag von 14 bis 16.30 Uhr zu Kaffee- und Kuchen ein. Freitags gibt es von 12 bis 14 Uhr Mittagessen - alles zum kleinen Preis
- Die Diakonie Bergstraße sucht als Träger der Tafeln in Lampertheim und Bürstadt ebenfalls weitere Ehrenamtliche für die Teams vor Ort. Gefragt sind vor allem Fahrerinnen und Fahrer. Aber auch die Teams in den Ausgabestellen freuen sich über Verstärkung. Weitere Auskünfte gibt Tafelkoordinatorin Ute Weber-Schäfer telefonisch unter 0151/22 54 51 14.
- Die Ausgabestelle in Lampertheim befindet sich in der Gewerbestraße 11 A. Die Tafel in Bürstadt, Am Bildstock 79, ist auch für Biblis und Groß-Rohrheim zuständig.
„Es gibt auch die Überlegung, dass alle sechs Wochen eine Gruppe unserer Kunden pausiert“, teilt der Tafelleiter mit. So soll bei weiter steigenden Kundenzahlen sichergestellt werden, dass niemand abgewiesen werden müsse. In Viernheim bezahlen die Tafelkunden drei Euro pro Einkauf. „Der Warenwert liegt zwischen 40 und 50 Euro“, sagt Tafelleiter Herbert Kohl.
Altersarmut und Flüchtlinge
Neben der Versorgung von geflüchteten Menschen sei die Altersarmut ein großes Thema. „Da gibt es immer wieder Notfälle, bei denen wir natürlich versuchen zu helfen“, sagt die Koordinatorin der Tafeln in Bürstadt und Lampertheim. Bei einer Einzelperson sei dies leichter möglich als bei einer großen Familie. Bislang seien die in Bürstadt und Lampertheim neu aufgenommenen Flüchtlinge noch nicht bei der Tafel angekommen. Es habe zwar in der Lampertheimer Ausgabestelle viele Anfragen von ukrainischen Geflüchteten gegeben. Sie habe dann bei den betroffenen Menschen um Verständnis gebeten, dass keine zusätzlichen Tafelkunden mehr aufgenommen werden können, so Ute Weber-Schäfer. Sie stehe deshalb auch in Kontakt mit den Verantwortlichen in den städtischen Verwaltungen. So seien zum Beispiel neue Flüchtlinge in Bürstadt vom Interkulturellen Büro informiert worden, dass sie zurzeit nicht zur Tafel gehen können.
Andererseits werde alles versucht, damit die gespendeten Lebensmittel so vielen Menschen wie möglich zu Gute kommen. Wie Ute Weber-Schäfer berichtet, holt das Sozialbüro der Stadt Lampertheim donnerstags in der örtlichen Ausgabestelle zum Beispiel übrig gebliebenes Brot ab, um es den Geflüchteten zu bringen, die „gerade mit leeren Taschen in Lampertheim angekommen sind“. Das werde dankbar angenommen.
Ehrenamtliche Arbeit
Gleichzeitig erinnert sie daran, dass für die Versorgung von Menschen „andere Institutionen im Land Sorge tragen müssen“. Die Tafeln seien ehrenamtlich organisiert. Sie hätten sich zur Aufgabe gemacht, dass noch genießbare Lebensmittel, die im Handel aussortiert werden, nicht in der Mülltonne landen, sondern bedürftigen Menschen zur Verfügung gestellt werden. Doch während die Zahl der Hilfesuchenden steigt, nimmt die Menge der Lebensmittelspenden ab.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 sind Lebensmittel und Energie teurer geworden. Die Tafeln berichten, dass Supermärkte und Discounter weniger Ware einkaufen. Da blieben Regale schon mal leer, statt sie sofort wieder aufzufüllen. Zu viel bestellte Lebensmittel werde zu niedrigeren Preisen angeboten, bevor sie nicht mehr verkauft werden können. Zum Abholen für die Tafeln bleibe daher weniger übrig, sagt Ute Weber-Schäfer.
Weniger Sorgen bei der Lebensmittelbeschaffung hat Gemeindereferent und Tafelleiter Herbert Kohl in Viernheim. „Klar, unser Angebot an Mehl, Nudeln und Öl ist nicht immer toll. Aber der Online-Lieferservice bei uns direkt um Ecke gibt uns einiges.“ Beim Zentrallager einer Supermarktkette in der Nähe könne die Tafel größere Mengen abholen. Bei anderen Unternehmen gebe es auch immer mal wieder Sonderposten. „Kürzlich haben wir 50 Kisten Erdbeeren abgeholt.“
Betriebskosten gestiegen
Mit gestiegenen Betriebskosten haben alle drei Tafeln zu kämpfen. Besonders froh ist Ute Weber-Schäfer über die vier Mietpaten für die Bürstädter Ausgabestelle: Das sind die Stadt Bürstadt, die Firma Furniture, die Sparkasse Alzey Ried und die Volksbank Darmstadt. In Lampertheim bezahlt die Stadt die Müllgebühren. „Das sind 3200 Euro im Jahr“, berichtet die Koordinatorin. Paten zum Beispiel für das Betanken der Fahrzeuge seien auch hilfreich.
Immer wieder ein Thema ist in Bürstadt und Lampertheim, passendere Räume für die Ausgabestellen zu finden. „Das wäre ein erster Schritt, unsere Kapazität zu erhöhen“, sagt Ute Weber-Schäfer. „In Bürstadt bräuchten wir unbedingt Lagerfläche. Eine bessere Zufahrt und Parkmöglichkeiten wären auch gut. In Lampertheim befindet sich die Ausgabestelle in einem älteren Gebäude, das hohe Betriebskosten verursacht.“ Aber Umzüge seien eben auch mit Kosten verbunden.
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