Bürstadt. Da ist er wieder. Bereits zum dritten Mal stattet der bundesweit bekannte Comedian Tutty Tran Bürstadt einen Besuch ab. Im mit knapp 600 Besuchern ausverkauften Bürgerhaus spielt er am Freitagabend sein aktuelles Programm „HAI DAI MAU“. Ein köstlich amüsanter Abend.
Der 36-Jährige scheint sich hier wohlzufühlen und das Publikum der Grund dafür zu sein. Kaum hat er kurz nach 20 Uhr die Bühne betreten, da rasten die ersten seiner Fans schon aus, und der Beifall ist frenetisch. Zu verdanken haben wir seine Präsenz in der deutschen Stand-Up-Comedyszene eigentlich dem Internet, wo er seine Karriere als You-Tuber mit Fitnessvideos begann. Doch fiel er auch dort in erster Linie mit seinem Humor auf, deshalb der Spartenwechsel.
Zu Beginn gibt er sich betroffen. Warum? Bei der anfänglichen Kennenlernrunde mit den Zuschauern stellt er fest, dass zwei Elfjährige darunter sind. Und wenn eines von Tutty Tran, der mit Vornamen eigentlich Thomas heißt, bekannt ist, dann ist es sein bisweilen derber Humor. Dieser Herr Tran geht gerne unter die Gürtellinie, was seinem Programm eine (nicht bindende) Altersempfehlung „ab 16 Jahren“ eingebracht hat.
„Ihr dürft heute rauslassen“, steigert er die Vorfreude derer, die ihn kennen und gibt gleichzeitig eine Warnung heraus an diejenigen, die ihn erstmalig erleben. Der Mann, der sich selbst als „Vollblutbambusratte“ bezeichnet, hält wenig von Political Correctness und hat nur ein Ziel: Er möchte Menschen zum Lachen bringen. Auf dem Weg zur guten Laune ficht der Berliner mehr Säbel als Florett, sein Lieblingsopfer ist dabei die eigene Familie.
Sein Vater bekommt so richtig was mit
Der bekannteste „Reisbürger“ Deutschlands hat vietnamesische Wurzeln, und genau dies hat er zu seinem ganz persönliche Geschäftsmodell gemacht. Wer kennt ihn nicht, den lustig anmutenden Akzent, den aus Südostasien stammende Menschen an den Tag legen, wenn sie deutsch sprechen? Tutty Tran bedient sich dieses Idioms auf klischeehafte Art und Weise, karikiert sie geradezu.
Seine Auftritte scheinen dabei eine Selbsttherapie zu sein. Die Dinge des täglichen Lebens verarbeitet er anscheinend am besten in aller Öffentlichkeit. Mit seiner Freundin Laura ist er inzwischen zusammengezogen. Das Sprachwirrwarr wird dadurch nicht wirklich besser, denn sie kommt aus Sachsen, was die Ossifrau auf den Mann aus Fernost treffen lässt.
Die Eskalation der Sprache ist es, die sein Dasein bisweilen in das Absurde abdriften und seine Zuhörer aus dem Lachen nicht mehr herauskommen lässt. Die eigentliche Hauptperson des Abends und Garant für zahlreiche Zwerchfellüberlastungen aber ist nicht anwesend. Es ist sein Vater. Dessen Unfähigkeit bestimmte Worte und Buchstaben korrekt auszusprechen garantieren im Alltag für haarsträubende Missverständnisse.
Was dabei herauskommt, wenn ein Mann, der kein Freund von Umlauten ist, sich lautstark darüber auslässt, dass er gerade in eine Pfütze getreten ist, mag zwar furchtbar lustig sein, aber eben nicht druckreif. Und dann ist da noch der Hang, beim Einkauf ständig über den Preis verhandeln zu wollen. Was auf dem Wochenmarkt vielleicht noch erklärbar wäre, ist beim Besuch von Aldi oder McDonalds einfach nur grotesk.
Der verhaltensauffällige Papa produziert reihenweise denkwürdige Anekdoten, die Reise durch gemeinsame Peinlichkeiten Lachtränen zuhauf. Mit seiner Lebenspartnerin hingegen läuft es vergleichsweise reibungslos. Natürlich gibt es da die Diskrepanz zwischen Frauen, die zu viel reden, und Männern, die zu wenig zuhören, aber ansonsten ist alles paletti.
Den einzigen nachdenklichen Moment produziert er beim Rückblick auf die Corona-Zeit. Isoliert von fast allem blieb das Internet die einzige Verbindung zur Außenwelt. Doch das für ihn Schlimmste: „Der Staat hat uns Künstler als nicht relevant eingestuft und praktisch nicht unterstützt. Das hat wehgetan und viele Kollegen in Existenzängste gestürzt.“
Danach schaltet er wieder einen Gang höher. Er lässt seine Kindheit in den 90er-Jahren noch einmal aufleben mitsamt alter Fernsehserien, Videokassetten und der Jugendzeitschrift „Bravo“ inklusive deren Dr. Sommer als Aufklärungsersatz für den wissbegierigen Nachwuchs.
Die Besucher erleben einen echten Profi bei der Arbeit, selbst Störungen jenseits der Bühne werden souverän gemeistert. Wer nach dieser Vorstellung noch mehr von Tutty Tran sehen möchte, hat Glück. In einem Jahr, genauer gesagt am 12. Dezember 2025, wird er auf Einladung des Kulturbeirats mit „Wok-Life-Balance“ zum vierten Mal seine Visitenkarte in Bürstadt abgeben.
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