Bürstadt. Die Pläne für eine rund 13 Hektar große Freiflächen-Photovoltaikanlage in Bürstadt werden konkreter: Neben den Solarmodulen sind „Im Hohen Weg“ nun auch Batteriespeicher vorgesehen, weil es schon jetzt in der Mittagszeit häufig zu viel Strom gibt, dieser aber abends gebraucht wird, wenn die Sonne nicht mehr scheint. Ingenieur Michael Schweiger stellte dem Bürstädter Bauausschuss in Aussicht, dass Anfang des neuen Jahres alle Genehmigungen vorliegen könnten.
Kritik gibt's keine im Bauausschuss an dem Vorhaben, das an zwei Bundesstraßen – südlich der B 47 und westlich der B 44 – geplant ist. Fast 20 Fußballfelder sollen dort mit Solarmodulen belegt werden. Am liebsten wäre es den Kommunalpolitikern jedoch, auf den Äckern könnte weiterhin etwas wachsen und dass diese der Landwirtschaft nicht verloren gehen. Von Agri-PV ist daher mehrfach die Rede, also dass neben oder unter der Anlage etwas angebaut werden kann. Wobei Planer Michael Schweiger bezweifelt, dass das gelingt – mit Verweis auf die innovative Ginseng-Produktion unter Solardächern auf dem Boxheimerhof. Sie kam nie ins Laufen. Von einer mobilen Hühnerfarm, Rindern oder Schafen ist in der Diskussion weiter die Rede oder auch von Hopfen, der sich am Gestänge hoch rankt. Schweiger bleibt skeptisch und schwärmt stattdessen von einer Blühwiese, auf der es sich lohne, Bienenkörbe aufzustellen.
Landwirt Matthias Heiser, um dessen Gelände es geht, sagt am Tag danach zu diesen Ideen: „Das ist nur Schönfärberei. Nur damit man sagen kann, man erhält die Fläche für die Landwirtschaft.“ Er hält es für unmöglich, diese weiter zu bebauen, weil es zu eng wird für die Maschinen, aber auch wegen des Schattens unter den Modulen. Das hätten schon genug Versuche gezeigt. „Des werd nix.“ Nicht mal seine Alpakas und Esel könnten dort weiden. „Die fressen die Kabel an.“ Allein Schafe dürften das Grün kurz halten.
Befürchtung, die Solarmodule könnten Autofahrer blenden
Eine Art Biotop kann sich Planer Michael Schweiger dort auch vorstellen. Langzeitstudien hätten gezeigt, dass sich geschützte Vogelarten gerne im umzäunten Bereich niederlassen, weil sie beim Brüten nicht von Hunden oder Füchsen gestört werden. „Als großer Nachteil bleibt aber die Veränderung des Landschaftsbildes“, gibt der Ingenieur zu. Statt Ackerflächen sind neben den Bundesstraßen bald glänzende Solarmodule zu sehen. Ob diese die Autofahrer blenden, will Bernd Herd (Grüne) sogleich wissen. Tatsächlich bestehe diese Gefahr – aber nur auf der Auffahrt von Lampertheim in Richtung Bensheim. „Dort haben wir eine Abschirmung vorgesehen.“
Dass der Batteriespeicher im Falle eines Brandes ein Risiko darstellen könnte, befürchtet Alexander Bauer (CDU). „Braucht die Feuerwehr spezielle Löschmittel, oder muss sie besser ausgestattet werden?“ Schweiger verneint das, Brände müssten lediglich mit speziellen Gaskartuschen bekämpft werden, die dem Feuer den Sauerstoff entziehen. „Die PV-Elemente selbst sind nicht brennbar, nur der Boden darunter.“ Mit der Feuerwehr werde es dennoch auf jeden Fall Gespräche geben, weil Strom fließe und eine Notabschaltung eingerichtet werden müsse.
Zunächst aber muss das Projekt eine weitere Hürde nehmen: Bislang fehlt noch grünes Licht von der Regionalversammlung, die erst Ende September in Darmstadt tagt. Diese muss zustimmen, dass hochwertiger Boden für die Energiegewinnung genutzt wird – und nicht mehr landwirtschaftlich. Ganz formell heißt das „Zielabweichungsverfahren“. Michael Schweiger ist zuversichtlich, dass die Zusage bald vorliegt. Er habe in seiner Begründung ausführlich dargelegt, dass die Felder längst nicht so wertvoll sind wie im Ried erwartet. „Laut dem Landwirt handelt es sich um eine seiner schlechten Flächen, die trotz Beregnung weniger Ertrag bringen als andere, die er nicht bewässert.“
Für die Regionalversammlung in Darmstadt musste Schweiger alle anderen Landwirte in Bürstadt anschreiben und fragen, ob es keine alternativen Standorte für die große Photovoltaik-Anlage gibt. Diese hätten aber abgewunken. Zudem sei die ganze Anlage auf 30 Jahre begrenzt: „Wir geben die Fläche der Landwirtschaft zurück.“ Eine Verlängerung sei aber auch möglich, in Absprache mit dem Betreiber. Dass dies die GGEW als örtlicher Energieversorger sein werde, sieht Schweiger als großen Vorteil. „Das Geld bleibt in der Region.“ Denn es gebe auch bundesweite Anbieter, aber gewünscht werde ein Partner vor Ort. In Zukunft sei auch eine Wasserstoffproduktion denkbar. „Bisher können solche Anlagen noch nicht wirtschaftlich betrieben werden, aber das Thema könnte noch interessant werden“, sagte Schweiger im Ausschuss.
Solarenergie auch fürs Image wichtig - damit die Sonnenbotschafterin nicht nur fürs gute Wetter steht
„Wenn man sich Sonnenstadt nennt, muss man auch solare Energien fördern“, erklärte Alexander Bauer und erinnerte an die Zeit, als Bürstadt mal das weltgrößte Photovoltaik-Dach hatte. „Es ist ja ein Treppenwitz, wenn unsere Sonnenbotschafterin jetzt nur noch fürs gute Wetter zuständig sein soll.“
Ganz entspannt bleibt Matthias Heiser, der seinen Acker ganz normal weiter bebaut. Zwiebeln und Weizen werden dort bald wachsen. Vor dem Jahresende 2026 rechnet er nicht damit, dass auf den 13 Hektar etwas passiert. Schließlich müsse auch noch eine Leitung zum Umspannwerk bei Rosengarten gelegt werden, und dafür brauche es auch noch Genehmigungen. „Da fließt noch viel Wasser den Rhein runter.“
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