Brauchtum

Riedroder Kerwe: So war das Volksfest in Bürstadts kleinstem Stadtteil

Zwar ist Riedrode Bürstadts kleinster Stadtteil, doch beim Feiern sind die Bewohner ganz groß. Das war während des Volksfestes geboten.

Von 
Jutta Fellbaum
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Die Gaudispiele mit Steckenpferdrennen. © Berno Nix

Riedrode. Ein bisschen verrückt und auch verdreht – das müssen die Organisatoren der Riedroder Kerwe wohl durchaus sein. Denn nicht umsonst ist die viertägige Sause so beliebt und lockt Gäste von nah und fern in den kleinsten Stadtteil von Bürstadt. Die Zutaten setzen sich zusammen aus einer gut gelaunten Kerwecrew um Mudder Hanna Deckenbach, ein bisschen Buddeln im staubigen Erdreich, gutem Essen und Trinken, Rummelplatzatmosphäre und einem Springparcours auf der Hauptstraße. Die temporäre Bar tut ihr Übriges dazu. Ein weiteres Plus ist Livemusik an allen Festtagen. Und das bei freiem Eintritt.

Festzelt hinter dem Milchhäuschen der Dreh- und Angelpunkt

So war das Festzelt hinter dem Milchhäuschen fast durchgängig gut besucht und Dreh- und Angelpunkt des Kirchweihfestes ohne Kirche. Denn die fehlt im Dörfchen ebenso, wie die Pflege der Grünflächen zu wünschen übriglässt. Das zumindest monierte Kerwemudder Hanna Deckenbach anlässlich des Amtsantritts von Bürgermeister Boris Wenz in ihrer Kerwered am Sonntag.

Bei den traditionellen Gaudispielen hatte Wenz seinem Steckenpferd beim „Hobbyhorsing“ kräftig die Sporen gegeben und war von den Ex-Kerwemädels und Richterinnen Lena Faecke, Lea Engel und Meike Ruh zum Sieger erklärt worden. Er verwies damit Neu-Kerwemädel Romy Gerhard, Ortsvorsteher Helmut Dietz und Sonnenbotschafterin Michelle Ohl auf die hinteren Plätze.

Die Kerwemudder Hanna Deckenbach mit Mundschenk Jannik. © Berno Nix

Doch zuerst musste die Kerwe am Freitagabend aus dem Erdreich gebuddelt und ans Tageslicht befördert werden. Der erste Abend gehörte den Fans der Band „District Lounge“. Die Dekoration samt 50er-Jahre Stehlampe ließ zwar etwas Angestaubtes vermuten, entpuppte sich dann aber als musikalischer Kracher. Dominik Winkler und seine Jungs wurden tüchtig gefeiert.

Rico Bravo spielt bis nachts um 1 Uhr

Noch wilder trieben es tags darauf die Fans von Rico Bravo – mittlerweile lebendes Inventar der Riedroder Kerwe. Mit Zottelperücke und modisch nicht ganz auf der Höhe der Zeit, gehörte sein Striptease ebenso zum ausgelassenen Fest wie seine Stimmungsmusik. „Er hat bis 1 Uhr gesungen“, resümierte Bernd Deckenbach am nächsten Morgen, als er noch an den letzten Zeilen der Kerweredd feilte.

Ausgrabung der Kerwe. © Berno Nix

Die hatte es in sich: Tochter Hanna trug in ihrer Rolle als Kerwemudder Beschwerden gegen undisziplinierte Verkehrsteilnehmer vor. Öffentlich gemacht wurde auch, dass ein Kerwebesucher im vergangenen Jahr nicht nur die ganze Breite der Straße für den Nachhauseweg gebraucht hatte, er war auch unfreiwillig in der Badewanne gelandet und dort eingeschlafen.

Lästern über den schiefen Kerwekranz in Bobstadt

Gelästert wurde über die Kerwe in Bobstadt, bei der der Kranz einfach nicht die richtige Position zu bringen war. Die Besitzer von verlegten Geldbeuteln und Schlüsseln, verlorenen Handys und gesperrten Kreditkarten wurden – sehr zur Freude der Zuhörer – durchweg namentlich vorgetragen. Wer den Schaden hatte, braucht für den Spott nicht zu sorgen: Das musste auch ein Teilnehmer des Walking Football feststellen, der nicht nur „eine Delle in den Fangzaun“ fabriziert, sondern sich auch noch dabei verletzt hatte.

Der Kerwekranz wird aufgehängt. © Berno Nix

In den Sonntag geleiteten die Blasmusiker des Katholische Kirchenmusikvereins. Unter der Leitung von Dirigent Tobias Molitor erklangen schon bald fröhliche Lieder, die den Einzug der Kerwecrew einleiteten. Unter großem Applaus wurde der Kerwebaum errichtet und der Kranz ohne Probleme aufgehängt.

Befreundete Vereine feiern tatkräftig mit

Im Dauereinsatz waren dabei Mundschenk, Glöckner und Kerweclausi sowie die Kerwecrew, die aus jeweils sieben Beteiligten beider Geschlechter besteht. Sie freuten sich auch über Abordnungen aus Hofheim, Wattenheim und Bobstadt. Selbst Wormser hatten sich über den Rhein gewagt. Doch sprichwörtlich den Vogel schoss der Heimat- und Carnevalverein (HCV) ab. In Bürstadt für die Kerwe maßgeblich verantwortlich, kamen sie in Mannschaftstärke und feierten kräftig mit.

Für die musikalische Untermalung sorgte die KKMV Bürstadt. © Berno Nix

Während die Süßmäuler schon auf Kaffee und Kuchen warteten, wurde viel gelacht und bei bestem Sommerwetter das kunterbunte Spektakel genossen. Selbst ein kurzer Sturm vertrieb die gute Laune nicht. Flugs erfolgte der Rückzug ins Zelt, wo genüsslich weiter gefeiert wurde.

Ausklang mit der Gruppe „Ghost“ und Freifahrten

Am Montag startete die letzte Runde. Zum Frühstück trat die Gruppe „Ghost“ auf und die Kindergartenkinder freuten sich über viele Freifahrten. Am Abend hieß es dann Abschied nehmen. Guter Tradition entsprechend, wurde das Kulturgut Kerwe unter viel Geheule und Geklage hinter dem Bürgerhaus zu seiner temporären Ruhe gebettet.

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Kerweopa Bernd Deckenbach zeigte sich mehr als zufrieden. Auch wenn die Nächte kurz waren und die Arbeit nicht enden wollte, freute er sich über den Erfolg – zumal er bereits einige Anekdoten für die nächste Kerwerede sammeln konnte.

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