Bürstadt. Übung macht den Meister. Besonders wünschenswert ist dies, wenn es sich um eine Institution handelt, deren Handeln im Ernstfall das Leben und die Gesundheit der Bürger schützt: die Feuerwehr.
Entsprechend groß war der Aufwand, als am Montagabend um19 Uhr die Jahresübung der drei Bürstädter Wehren Bürstadt-Mitte, Riedrode und Bobstadt begann. Treffpunkt war in diesem Jahr das Feuerwehrgerätehaus in Riedrode. Schon im Vorfeld wurden die Einwohner des Bürstädter Stadtteils per öffentlicher Bekanntmachung darauf aufmerksam gemacht, dass mit einem erhöhten Aufkommen von Einsatzfahrzeugen samt Sondersignalen zu rechnen ist, aber auch eingeladen, die Aktionen der Brandbekämpfer vor Ort selbst zu beobachten.
Dramatische Szenen am Riedroder Bahnhof
Bei Autofahrern, die um diese Uhrzeit die B 47 vorbei am Riedroder Bahnhof passieren und die nichts von einer Übung wissen, erzeugte der dort bietende Anblick wohl zunächst Beunruhigung. Überall Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr und Rotem Kreuz, zahlreiche Blaulichter, die die einsetzende Dämmerung erhellen. Das Szenario hatten sich der Riedroder Wehrführer Sascha Brutscher, sein Stellvertreter Silas Reinig, Sven Brutscher und Björn Steinmann ausgedacht und es wirkte realistisch.
Der Alarm geht in der Feuerwache ein. Ein Unfall wird gemeldet. Zwischen Bahnhof und Fußballplatz hat es einen Zusammenstoß zwischen einem PKW und einem Traktor gegeben. Aufgrund der Größe des Vorfalls wird Vollalarm für alle Bürstädter Feuerwehren ausgelöst. „Laut dem Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetz haben wir ein Zeitfenster von zehn Minuten, bis wir am Unfallort sein müssen“, klärt Einsatzleiter David Rennert auf.
Es geht sehr schnell. In deutlich weniger als den vorgegebenen zehn Minuten treffen die ersten Floriansjünger ein. Der PKW steht schwer beschädigt zwischen zwei Bäumen, in ihm befinden sich vier offenbar Schwerverletzte. Während die ersten Helfer sich um das Auto scharen, sind die Schreie einer Frau zu hören. Sie kommt gestikulierend angelaufen. Etwas Schlimmes scheint mit ihrem Mann passiert zu sein.
Ein Traktor steht unweit, zwei Anhänger dahinter. Von diesen tropft grüne Flüssigkeit auf den Boden, unter dem zweiten Anhänger liegt eine Person. Es handelt sich um eine Übung mit Gefahrgut: Nach der Kollision mit dem Auto will der Traktorfahrer wohl seine Fracht kontrollieren. Diese besteht aus hochgiftigem Gefahrgut, es kommt zur Kontamination und der Mann verliert das Bewusstsein.
Rettung und Dekontamination
Die Szene ist filmreif, weil gut vorbereitet. Von den sechs „Unfallopfern“ sind drei Dummies aus Kunststoff und drei echte Menschen. Sie haben perfekt aufgeschminkte Verletzungen. Für die Feuerwehren bedeutet dies zwei verschiedene Problemsituationen. Die Menschen müssen so rasch wie möglich aus dem Auto befreit und zur Erstversorgung an die Sanitäter vom Roten Kreuz übergeben werden. Der unter dem Traktoranhänger befindliche Mann muss geborgen und ebenso dekontaminiert werden, wie die Helfer und das von der Einsickerung der Giftstoffe betroffene Areal.
In vielen Stunden werden solche Situationen trainiert, damit es im Ernstfall schnell gehen kann, nun geht es schnell. Die Mitglieder der Einsatzabteilung nehmen den Unfallwagen in Augenschein. Wie viele Menschen befinden sich drin und wie schwer verletzt sind sie? Mit dem hydraulischen Spreizer beginnen sie, die Türen aufzuhebeln. Eine Person nach der anderen wird behutsam herausgebracht, dann dem Roten Kreuz übergeben. Parallel dazu laufen die Rettungsarbeiten rund um den Traktor. Nach der Bergung des Mannes läuft die Dekontamination ab.
Stadtbrandinspektor Sebastian Kaiser, sein Vorgänger Uwe Schwara und Sascha Brutscher beobachten das Vorgehen der Kollegen, Schwara macht sich Notizen. Kaiser gibt zu verstehen, dass er mit den gezeigten Leistungen zufrieden ist. Nach etwa 90 Minuten ist die Jahresübung beendet. Ein kurzes Resumée wird im Gerätehaus der Riedroder Kameraden gezogen, ein kleiner Imbiss ist derweil vorbereitet worden und nach den Anstrengungen sehr willkommen. 50 Feuerwehrmänner und -frauen aller drei Wehren haben an der Jahresübung teilgenommen und einmal mehr bewiesen, dass sich die Einwohner auch in schwierigen Situationen auf sie verlassen können.
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