„Vielleicht tut es weh, aber wir machen den Schritt und werden ganz sicher viele neue Sachen sehen. Lass uns nochmal aufdrehen“, singen die Schillerschüler auf dem Bildungs- und Sportcampus in Bürstadt, da kullern die Tränen. Nicht nur bei zahlreichen Kindern der sechs vierten Klassen, auch Betreuer der Bärenhöhle, die zum Ende des Schuljahres aufhören, kämpfen mit den Emotionen beim Abschlussfest. Ab Ende August übernimmt das Lernmobil die Betreuung der Grundschüler, und diesen Wechsel machen nur wenige Kräfte mit.
„Ihr ward alle klasse und einmalig“, ruft Elisabeth Antoniou den Kindern zu und bedankt sich bei ihnen für die tolle Zeit in der Bärenhöhle. Ab Ende August - mit Beginn des neuen Schuljahres - arbeitet sie als Betreuungskraft in einer städtischen Kita. „Ich wollte die Stadt als Arbeitgeber behalten“, sagt sie. „Da weiß ich, was ich habe.“ Ihre Kolleginnen und Kollegen neben ihr nicken. Neun von ihnen hören nun an der Schillerschule auf, erzählen sie, vier bleiben dort und sind künftig beim Lernmobil unter Vertrag. Fragen von Eltern gebe es nach wie vor viele.
Wie eng die Bindung der Kinder zu ihren Betreuern ist, wird deutlich, als die Viertklässler Trost suchen. Ihre Schule nach vier Jahren zu verlassen, fällt ihnen sichtlich schwer - auch wenn jetzt die Sommerferien vor der Tür stehen. Noch viel länger, nämlich 20 Jahre, war Sandra Beilstein an der Grundschule, um die städtische Schulkindbetreuung zu leiten. Dass ihr Sohn nun mit ihr die Schule verlässt, macht es nicht leichter. Beiden steht nun ein neuer Abschnitt bevor. „Das war eine tolle Zeit und eine tolle Gemeinschaft an der Schule“, sagt Beilstein zu den Kindern und den Lehrern und blinzelt ihre Tränen weg. Manche Schulkinder überreichen noch persönliche Geschenke und finden ganz liebe Worte zum Abschied.
Erst Corona, dann Baustelle - schwierige Jahre für Kinder
Elvin umarmt spontan ihren Sportlehrer Rolf Winkler. Sie werde ihn sehr vermissen, verrät das Mädchen. Denn der Konrektor geht in Ruhestand. Von der Fußball-AG, die der 65-Jährige lange geleitet hat, bekommt Winkler Tennisbälle geschenkt. Die könne er bald gut gebrauchen, wenn er mehr Zeit habe. In Sachen Fußball kennt sich Winkler offenbar auch gut aus. „Er hat es immer geschafft, die Mannschaft aufs Treppchen zu bringen“, sagt Hausmeister Jörg Tremmel stolz. Beim letzten Turnier der Schulen im Kreis seien die Kicker der Schillerschule wieder Zweite geworden.
Den Abschied nach 24 Jahren an der Schillerschule hat Winkler gut vorbereitet und früh Anträge gestellt, damit seine Nachfolge rechtzeitig geklärt werden konnte: Alexandra Schwarz übernimmt seine Position an der größten Grundschule im Kreis. Eine Herausforderung bleibt wohl die Personalsituation, auch wenn es inzwischen ein großes Team an Vertretungskräften gebe, vor allem mit Studentinnen. Rückblickend sagt Winkler: „Die Personalsituation war sehr belastend.“ Täglich musste er mit Ausfällen im Kollegium umgehen.
Oft sei es äußerst schwierig gewesen, den Pflichtunterricht angesichts der vielen Krankheitsfälle abzudecken. „Viele Langzeitkranke waren nicht adäquat zu ersetzen.“ Als sich ein weinender Viertklässler an ihn lehnt, sagt er: „Das schaffst du schon, ich muss ja auch gehen.“ Und Elvin verrät er: „Möglicherweise sehen wir uns wieder, wenn ich mal Vertretung mache.“ Wie oft das sein werde, überlege er noch.
Eigentlich ist der 65-Jährige Gymnasiallehrer, hat dann aber im Bereich EDV bei Bilfinger und Berger gearbeitet, weil es damals keine freien Stellen gab. Parallel studierte er Grundschulpädagogik und bekam dann eine Stelle in Langen, ehe er nach Bürstadt kam. Später hätte er ans Gymnasium wechseln können, wollte aber nicht mehr. „Ich habe mich hier wohl gefühlt“, sagt er. Zu gerne hätte er noch den Einzug in die neue Schule erlebt, die aber erst im kommenden Jahr fertig wird. Von der tollen Ausstattung schwärmt er.
Wie schwierig es die Viertklässler hatten, vergießt Schulleiter Torsten Wiechmann nicht. „Als ihr zu uns kamt, musstet ihr Masken tragen und ständig Hände waschen, weil wir Angst hatten, ihr könntet euch anstecken.“ Dann wurde der Ostbau der Schule abgerissen, Bagger bestimmten das Bild. „Den Einzug erlebt ihr nun leider nicht mehr.“ Aber vielleicht kommen sie ja mal zum Schulfest vorbei. Und so mancher hat einen engen Draht zu den Zweitklässlern, die die Großen als Paten unterstützt haben.
Die Betreuer der Bärenhöhle starten übrigens noch nicht in den Urlaub: Ab Montag stehen die Ferienspiele an, in der ersten Woche direkt mit 100 Kindern. „Wir lassen es nochmal krachen“, sagt Melanie Christl. Zwei Wochen lang wollen sie sich mit dem Musical Tabaluga beschäftigen. „Das war unser tollstes Motto - und schon ohne Abschied emotional, diesmal wahrscheinlich besonders.“ Die Aufführung nach den zweiwöchigen Proben ist am Freitag, 26. Juli, um 17 Uhr zu erleben. In der dritten Ferienwoche stehen dann Spiel, Spaß und Action auf dem Programm. „Danach beginnt etwas Neues“, meint Elisabeth Antoniou optimistisch - für die Kinder wie für die Erwachsenen. Genau einen Monat später beginnt das neue Schuljahr und ein neuer Abschnitt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/buerstadt_artikel,-buerstadt-emotionaler-abschied-von-betreuern-und-konrektor-an-buerstadts-schillerschule-_arid,2224052.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/buerstadt.html