Entwicklungshilfe

Viernheim sammelt Spenden für Schulspeisung in Burkina Faso

In Burkina Faso droht eine Hungersnot. Das haben zwei Vertreter der Partnerregion von Viernheim nun berichtet und den Freundeskreis Yaa Soma um Hilfe gebeten

Von 
Roland Schmellenkamp
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Vereinsgründerin Helga Winkenbach (v.l.), mit Gaby Weik, Moussa Koala, Gilbert Kaboré und der Vereinsvorsitzenden Wencke Stülpner. © Roland Schmellenkamp

Zusammenarbeit auf Augenhöhe und persönlicher Austausch: Beim Pressegespräch des deutsch-burkinischen Freundeskreises Yaa Soma anlässlich eines Besuchs aus Burkina Faso in Viernheim wurde mehrmals betont, wie wichtig dies sei. Deshalb hat der Freundeskreis ein spezielles Konto mit Sonderspenden, über das der Besuch von Afrikanern mit Kosten für Flüge, Versicherung und Taschengeld bezahlt wird. Damit wurde der Besuch von Gilbert Kaboré, dem Vorsitzenden des dortigen Partnervereins, und des Schriftführers Mouassa Koala finanziert, die bis Sonntag zu Gast sind. Beide haben als Lehrer gearbeitet, sind jedoch jetzt in der Schulverwaltung tätig und 44 Jahre alt.

Für die privat untergebrachten gab es in Deutschland ein umfangreiches Programm mit Besuchen in Museen und im Zoo Heidelberg, wo Koala erstmals einen Löwen sah. Außerdem war die kleine Delegation in Schulkassen zu Gast, im Hambacher Schloss und bei einer Opernaufführung. Und sie nahmen an einer Mitgliederversammlung von Yaa Soma teil, um die Vereinsstruktur besser kennenzulernen. Dabei ging es auch um die weitere Zusammenarbeit.

Grundnahrungsmittel Hirse konnte noch nicht ausgesät werden

Der Klimawandel macht sich auch in Burkina Faso bemerkbar: Früher habe es, erzählt Koala, regelmäßig eine Regenzeit und danach eine Trockenzeit gegeben. Doch dieses Jahr regnete es bisher kaum, das Grundnahrungsmittel Hirse wurde daher noch nicht in die trockenen Böden gepflanzt. Normalerweise wären die Pflanzen jetzt etwa einen Meter hoch. Die Regenzeit sei seit einigen Jahren nicht mehr kalkulierbar. Die Erntevorräte seien aber aufgebraucht - und ob überhaupt noch Hirse gesät werden kann, sei ungewiss. „Ich habe Angst, dass gar nichts wächst“, so Koala. Es drohe Hunger im ganzen Land, und deshalb beantragen die beiden beim Freundeskreis Yaa Soma einen Zuschuss zur Schulspeisung.

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Weiter sei sauberes Trinkwasser an den Schulen gewünscht, in den Dörfern gibt es meist nur Wasserlöcher. Doch ein Brunnen kostet um die 10 000 Euro. Das sei, so Vorsitzende Wencke Stülpner, nur über Sponsoren zu finanzieren. Eine weitere Idee aus Burkina Faso ist ein Aufklärungs-Projekt für junge Mädchen, insbesondere zur Sexualerziehung.

Auf die Frage nach ihren Erwartungen an den Besuch erzählt Koala: „Ich habe Angst vor Rassismus gehabt, wurde aber überall freundlich angeschaut. Ich fühle mich angenommen und wurde hier von den Passanten nicht besonders beachtet.“ Überrascht habe ihn die Sauberkeit in der Stadt - und dass Autofahrer auf Fahrradfahrer Rücksicht nehmen. Das sei in Burkina Faso nicht der Fall. Sehr interessant sei der Besuch in der Friedrich-Fröbel-Schule gewesen: „Die Schüler wissen viel über Afrika.“ Das sei in Burkina Faso in Bezug auf Europa nicht so. Sehr gut gefallen habe ihnen auch der Besuch im Museumscafé, wo sie mit Menschen außerhalb des Vereins ins Gespräch kamen.

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Sandra Usler
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Kaboré ergänzt, dass viele Fragen von Geldspendern beantwortet wurden. Beispielsweise, wie die aus Deutschland finanzierten Schulbücher im Unterricht verwendet werden, die Organisation in der Schule oder zu den finanzierten Schulbänken - die Kinder sitzen sonst oft auf dem Boden und haben gar keine Schulbücher. Die Projekte entwickeln sich: Beispielsweise wollte die Elterngemeinschaft eine Schulkantine haben. Aus Deutschland kam Geld für Material wie Kochtöpfe. Später entstand die Idee zu einem eingezäunten Schulgarten, um den Speiseplan zu bereichern.

Koala führt ein Tagebuch und möchte in Burkina Faso den Menschen dort mitteilen, was die beiden hier erlebt haben. Ganz neu war für ihn, mit Fahrstühlen und Rolltreppen zu fahren. Gleiches gilt für Türen, die sich automatisch öffnen und Einkaufswagen in Supermärkten. Selbstverständlich haben sie sich auch EM-Spiele angeschaut. Koala erzählt eine Anekdote aus seiner Kindheit: „Mein Vater hat mir irgendwann verboten, Fußball zu spielen, weil ich die Schule vernachlässigt habe!“ In Burkina Faso sind die Bälle selbst gemacht. Er spielte barfuß auf dem steinigen Boden. Gilbert Kaboré und Mouassa Koala sind beide katholisch, Letzterer jedoch auf Umwegen: Zwei Jahre war er Moslem, hat aber durch seine katholische Frau zu diesem Glauben gewechselt. Kaboré betont: „Egal, welche Religion jemand in unserem Land hat, er bleibt mit der traditionellen animistischen Religion verbunden!“ Wencke Stülpner ergänzt: „Das Land ist dafür bekannt, dass dort Menschen verschiedener Religionen friedlich zusammenleben.“

Verein ist 2016 aus einem Freundeskreis heraus entstanden

Der deutsch-burkinische Freundeskreises Yaa Soma hat das Ziel, im westafrikanischen Land die Bildung zu verbessern. Pro Jahr stehen dem Verein dafür rund 50000 Euro zur Verfügung. Der Großteil des Budgets kommt über den Verkauf von Geschenkartikeln, Taschen, Modeschmuck und anderem aus Burkina Faso sowie Marmelade und Gebäck zusammen.

Der Verein wurde 2016 von Helga Winkenbach aus einem Freundeskreis heraus gegründet, acht Frauen sind im Vorstand. Der Verein arbeitet mit Behörden und Elternvertretungen zusammen.

Das Land südlich der Sahara mit rund 20 Millionen Einwohnern war bis 1960 französische Kolonie und ist einer der ärmsten Staaten. Es werden rund 60 Sprachen gesprochen, die häufigste Religion ist der Islam. 2022 gab es einen Militärputsch, der damalige Anführer wurde von anderen Militärs gestürzt. Teile des Landes stehen unter Kontrolle von islamischen Terrororganisationen. Kaboré betont: „Es ist wichtig, dass das Vertrauen zu uns erhalten bleibt und es künftig weiter Spenden gibt.“

Mehr Informationen auf www.yaasoma.de

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