Noch ist alles neu, vieles in Bewegung. Und nach wie vor gibt es ein „Hier“ und ein „Dort“. Dennoch: Am 1. Januar, Punkt null Uhr, wird aus den katholischen Gemeinden im Pastoralraum von Hüttenfeld bis Groß-Rohrheim die neue Pfarrei Alfred Delp Südliches Ried. Für Pfarrer Christian Rauch und Gemeindereferentin Birgit Bongiorno ein großer Augenblick. „In dieser Sekunde stoßen wir auf jeden Fall mit einem Glas Sekt an“, versichern die beiden im Gespräch mit unserer Redaktion.
Der entscheidende Schritt ist dann geschafft, auf den das gesamte Team in den vergangenen Jahren hingearbeitet hat. Im Sommer 2022 ging’s los mit der ersten Pastoralraumkonferenz - und sehr vielen Gelegenheiten, sich gegenseitig kennenzulernen. Inzwischen hat sich Pfarrer Ludger M. Reichert aus Biblis verabschiedet, der Bürstädter Pfarrer Dieter Kern den Ruhestand angetreten. Inzwischen besteht das Team noch aus 6,5 Stellen, das gemeinsam für die 17 850 Katholiken in der gesamten Pfarrei zuständig sind. „Das ist noch immer nicht in alle Köpfe vorgedrungen“, stellt Rauch fest. So ist Pfarrer Adam Malzcyk eben nicht mehr nur für Bobstadt und Hofheim zuständig, sondern für den gesamten Pastoralraum. „Und wenn jemand aus Lampertheim einen Raum braucht, und ich etwas in Hofheim anbiete, finden das viele noch sehr irritierend.“
„Die alte katholische Welt gibt es nicht mehr“
Allerdings gebe es auch die andere Seite: Hüttenfelder, die in Biblis den Gottesdienst mitfeiern und umgekehrt. Und ganze Grüppchen, die die Fahrten zu den weiter entfernten Kirchen organisieren. Besonders freut die beiden, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pastoralraums überall freundlich aufgenommen werden. „Die alte katholische Welt gibt es nicht mehr“, stellt Bongiorno fest. „Manchen fällt das schwer, aber es gibt Bewegung.“
Flexibel bleiben müssen auch diejenigen, die in der neuen Alfred-Delp-Gemeinde die Fäden in der Hand halten. Schon allein, weil das zentrale Pfarrbüro seinen Sitz in Bürstadt hat. Christian Rauch, bis vor kurzem noch Pfarrer allein für die Andreasgemeinde, ist ab sofort hier zu finden - was der Autorin dieser Zeilen allerdings erst genau in dem Moment einfällt, als sie die Klingel am Lampertheimer Pfarrhaus drücken will.
„So geht es uns doch allen“, sagt zehn Minuten später ein lachender Geistlicher, der sich die Wartezeit mit einem kleinen Plausch in der Kaffeeküche des Bürstädter Pfarrhauses vertreibt.
Pfarrhaus von St. Michael wird komplett umgebaut
Pater Biji und Pfarrer Malczyk haben sich auch gerade eine Tasse eingeschenkt - „so treffen wir uns, zufällig auf einen Kaffee“, berichtet Rauch, der unbedingt findet, dass der kleine Irrweg mit in den Bericht über die neue Pfarrei gehört.
Nichts bleibt, wie es vorher war. Auch im Pfarrhaus von St. Michael. Pfarrer Kern ist ausgezogen, die Wohnung im ersten Stock steht leer. Hier oben entstehen die Büros für die neue Leitung, die sich Rauch und Bongiorno gemeinsam mit Bettina Seibert teilen - „zwei Frauen und ein Mann, und das in der Katholischen Kirche!“ Die Verwaltungschefin ist künftig für Immobilien und Vermögen zuständig. Die Gemeindearbeit übernehmen Rauch und Bongiorno gemeinsam, jeweils mit anderen Schwerpunkten. „Wir haben Listen mit unseren Aufgaben, die müssen wir noch verinnerlichen“, scherzen die beiden. Für den Pfarrer ist es allerdings immer noch ungewohnt, künftig nicht mehr für alles zuständig zu sein.
Das Thema Kinder und Familien beispielsweise steht nun auf dem Zettel der Gemeindevikarin. Und wenn es um Reparaturen geht, ist Bettina Seibert zuständig. Flexibilität spielt für das gesamte Team eine große Rolle: Das Bistum habe alle Beteiligten vor große Aufgaben gestellt, die „enorm viel Kraft“ kosteten. „Es braucht neue Konzepte für alles, von der Firmung bis zur Beerdigung“, macht Bongiorno deutlich. „Und das im laufenden Betrieb.“ Gut gelaunt sehen die beiden dennoch aus. Jetzt freuen sie sich erst mal auf die großen Feiern, die nun anstehen. Am Nachmittag des Neujahrstags - ziemlich direkt nach dem nächtlichen Anstoßen - ist ein festlicher Gottesdienst geplant: Am 1. Januar, 17 Uhr, verabschiedet sich die neue Pfarrei von allen Mitgliedern der bisherigen Pfarrgemeinderäte. Anschließend ist ein gemütliches Beisammensein bei einem Glas geplant. Ab diesem Tag besteht die neue Pfarrei Alfred Delp Südliches Ried dann auch rechtlich.
Große Gründungsfeier am 80. Todestag von Alfred Delp
Die offizielle Gründungs-, gleichzeitig aber auch Gedenkfeier findet am 2. Februar statt - dem Todestag von Namensgeber Alfred Delp: „An diesem Tag vor 80 Jahren wurde er hingerichtet“, ruft Rauch ins Gedächtnis. Das Fest soll trotzdem groß und bunt werden, mit allem drum und dran samt Turmbesteigung und Orgelführung. Verschiedene Gruppen aus allen Pfarreien wollen dabei sein.
Im März soll dann der neue Gemeinderat gewählt werden - „bis dahin herrscht tatsächlich eine Rat-lose Zeit“, formuliert Rauch mit einem Lächeln. Tatsächlich soll es aber „illegale“ Treffen geben: „Auch wenn es keine Entscheidungsgewalt bis zur Neuwahl gibt, gilt es dennoch, wichtige Themen zu besprechen. Wie wollen wir Ostern feiern?“, nennt er als Beispiel.
„Rat-lose Zeit“ bis zu den Neuwahlen im März
Dabei ist er sich absolut bewusst darüber, dass die Neugründung für viele langjährige Kirchenaktive eine Zäsur darstellet. „Viele Anfang-70-Jährige haben gesagt, das sei für sie der Anlass zum Abschied“, berichtet der Pfarrer. Von viel „Zurückhaltung“, spricht Birgit Bongiorno. Dabei würden Menschen, die bereit sind, alles in den Blick zu nehmen und auch Verantwortung zu übernehmen, dringend gesucht.
Gewählt werden soll ein gemeinsamer Rat für die gesamte Pfarrei. Allerdings gibt es diesmal noch eine Unterteilung in drei Gemeinden: Lampertheim - aber ohne Rosengarten, weil der Ortsteil nicht zum Pastoralraum gehört. Dann Bürstadt mit Bobstadt und Riedrode sowie Biblis mit Wattenheim und Groß-Rohrheim. Diese Trennung schlägt sich auch auf den Wahlzetteln wieder, die so gestaltet werden sollen, dass alle drei Gemeinden vertreten sind. „Das ist eine Vorgabe aus Mainz, damit sich alle wiederfinden“, erläutert Rauch.
Bei der nächsten Gemeinderatswahl, so hoffen Pfarrer und Gemeindereferentin, dürfte diese Unterteilung nicht mehr gebraucht werden. „Das Ziel ist, dass das in fünf Jahren keine Rolle mehr spielt.“ Und dass sich die Bürstädter in Groß-Rohrheim genauso wohlfühlen, wie die Bibliser in Hüttenfeld. Auch darauf wollen die beiden in der Silvesternacht anstoßen.
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