Bürstadt. „Wenn ich diese volle Kirche sehe, sollten wir vielleicht jeden Sonntag Abschied feiern!“ Auch zu seiner offiziellen Verabschiedung ließ sich Pfarrer Peter Kern den Spaß nicht nehmen. Fast bis auf den letzten Platz besetzt war die Kirche Sankt Michael zu Ehren eines Geistlichen, der vom Rummel um seine Person sonst wenig hält. Derjenige, um den es geht, ist schließlich Jesus Christus: „Kommt zu seinem Gedächtnis an diesem Sonntag, der ein Sonnentag ist“, sagte Peter Kern mit Blick auf bestes Wetter.
„Echte katholische Frömmigkeit“ ist eine jener Eigenschaften, für die der Priester von einem alten Gefährten besonders geschätzt wird. Mit Gary Lukas Albrecht verbindet ihn eine mehr als 40-jährige Freundschaft. Als Spätberufene haben die beiden im westfälischen Bad Driburg Abitur gemacht und sodann den pastoralen Weg eingeschlagen. Der Bitte von Peter Kern, zu seinem Abschied zu sprechen, ist der Pastor der Gemeinde St. Ignatius in Essen umgehend nachgekommen. Eingetroffen in Bürstadt war er erst nachts, zuvor hielt er die Messe zu einer Goldenen Hochzeit.
Die Festpredigt solle „kein Lebenslauf“ werden, erklärte Gary Albrecht. Klare Vorgaben habe er von Kern bekommen, der 16 Jahre in Bürstadt gewirkt hat. Eine davon: „Es darf auch humorvoll zugehen.“ Dies ließ sich der gebürtige Hamburger kein zweites Mal sagen - und hielt ein Porträt des Geehrten empor: „Sie sehen hier ein Jugendbild des heute ergrauten Pfarrers, der viel auf dem Buckel hat“, so Albrecht zur alterstypischen Veränderung. Bei Entstehung des Bilds habe Kern noch „recht vergnüglich in eine ungewisse Zukunft“ geschaut. Dass es nicht immer einfach würde, sollte sich später bewahrheiten. Insbesondere im Zuge der Zusammenführung der beiden Pfarreien St. Michael und St. Peter zu einer kooperierenden Pfarrgruppe war manche Hürde zu nehmen. Doch helfe Kern der Glaube, und dieser sei „katholisch“ im besten Sinne des Wortes: „das Ganze betreffend“.
Engagement in der Asylarbeit wird vielfach gewürdigt
Albrecht zufolge hat der Bürstädter Pastor die anderen Kirchen stets einbezogen. Auch zum Abschied wehte der ökumenische Geist, ein Grußwort sprach Johanna Gotzmann als Pfarrerin der evangelischen Kirche. Was sind nun weitere „typische“ Eigenschaften des in den Ruhestand tretenden Priesters? Fleiß und Intelligenz nannte Albrecht zuerst - sowie die „Abneigung gegen Dummschwätzer“. Davon gebe es zu viele, „in diesen verrückten Zeiten“. Peter Kern packe da lieber an.
Vielfach gewürdigt wird sein Engagement in der Asylarbeit. Manfred Hartmann, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates, hob den Einsatz des Pastors im Jahr 2015 hervor. Er habe sich für den Verbleib von Geflüchteten in Bürstadt eingesetzt und hauptamtlichen Mitarbeitern die nötige Zeit für die Organisation von Integrationsaufgaben gewährt. Unter maßgeblicher Beteiligung von Gemeindereferent Michael Held und Pfarrsekretärin Rosemarie Hartmann seien gefestigte Strukturen entstanden.
Etwas Bleibendes hat Peter Kern noch in anderer Hinsicht geschaffen: den Fastnachtsgottesdienst mit den örtlichen Karnevalsvereinen. Der Pastor ist Ehrensenator beim HCV Bürstadt - durchaus passend zum Glauben, wie Gary Albrecht findet: Auch wenn „nicht schriftlich überliefert ist, ob Jesus jemals gelacht hat“, so habe der Heiland das Leben nicht verachtet: „Unser Herr und Meister war weder ein Moralapostel noch ein Asket!“ Freudig geriet dann auch der Auftritt der Bürstädter Kita-Kinder: „Liebe das Leben, und das Leben liebt dich“, sangen sie vor den Augen des scheidenden Pfarrers, dessen Nachfolger Christian Rauch - als Leiter der neu geschaffenen Großpfarrei „Pater Alfred Delp“ - zum 1. Januar feststeht.
Ein Wohnortwechsel kommt für Kern nicht in Betracht
Den förmlichsten Teil des zweieinhalbstündigen, von den Musikern der KKM begleiteten Gottesdiensts übernahm Joshy Pottackal. Der Priesterreferent vom Bistum Mainz überreichte Peter Kern, der ab 1997 zunächst in Großzimmern wirkte, die Ruhestandsurkunde: „Ich spüre, dass Sie für Bürstadt Großartiges geleistet haben“, zitierte Pottackal aus dem Schreiben von Bischof Peter Kohlgraf.
Peter Kern hat im August seinen 69. Geburtstag gefeiert. Gary Lukas Albrecht hatte ein paar Tipps für den Wegbegleiter: „Liebe auch du das Leben, liebe ein leckeres Essen und ein gutes Glas Wein! Dann mache ich mir keine Sorgen um deinen Ruhestand!“ Diesen will Kern mit Lesen und Reisen ausfüllen. Ein Wohnortwechsel kommt nicht in Betracht, in Bürstadt erwarte dies niemand. Außerdem wohne er „nur 200 Meter entfernt“. Peter Kern stellt klar: „Ich bleibe in Sichtweite zum Kirchturm!“
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