Soziales

Bürstadt bringt die E-Rikscha ins Rollen

Innerhalb von drei Monaten kamen 15.000 Euro an Spenden zusammen, nun hat die Bürgerstiftung eine E-Rikscha für Bürstadt bestellt.

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Corinna Busalt
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Nach einem Sommer mit der geliehenen Rikscha vom Land Hessen wird in Bürstadt bald das eigene Dreirad mit Elektromotor rollen. Siegfried Gebhardt will schon bald wieder in die Pedale treten. © Berno Nix

Bürstadt. „Wir freuen uns riesig, dass es bald losgeht!“ Siegfried Gebhardt erwartet in wenigen Wochen eine eigene Rikscha in Bürstadt. Rund 15.000 Euro sind dafür an Spenden aus der ganzen Stadt zusammengekommen, so dass die Bürgerstiftung das Fahrzeug mit E-Motor in Holland bestellt konnte. „Wir sind schon am Überlegen, wie wir uns am besten organisieren“, sagt Gebhardt vom Seniorenbeirat.

Dankbar ist Siegfried Gebhardt vor allem den vielen Spendern. Die Stadtverwaltung hatte Firmen und Vereine angeschrieben, die die Anschaffung großzügig unterstützt haben. „Die Vereine in Bürstadt hatten wir informiert, dass sie die Rikscha auch für Feste nutzen können oder um einen Jubilar mit einer Rundfahrt zu überraschen.“ Auch Privatpersonen hätten ihren Teil beigetragen und Beträge zwischen 10 und 1000 Euro überwiesen.

Engagiertes Team nötig

Nach der Testphase mit der geliehenen Rikscha vergangenen Sommer bekommt Bürstadt ein eigenes Fahrzeug mit Elektromotor. Es bietet vorne Platz für zwei Personen und macht bis zu 40 Kilometer lange Ausfahrten möglich.

Die Bürgerstiftung hat die Spenden gesammelt und die Rikscha bestellt. Später soll sie in den Besitz der Stadt übergehen.

Wer Interesse hat, sich dem Team der Ehrenamtlichen anzuschließen, kann sich an Siegfried Gebhardt vom Seniorenbeirat wenden unter 0159/633 23 83.

Als in wenigen Wochen so viel Geld zusammenkam, wurden gleich noch Decken bestellt, damit es die Fahrgäste bequem haben. „Eine richtige Beleuchtungsanlage mit Blinker haben wir uns ebenfalls geleistet“, sagt Gebhardt stolz. Zudem gehe es darum, für künftige Reparaturen gewappnet zu sein und Wasser für die Fahrgäste bereitzustellen.

E-Rikscha in Bürstadt: Engagierte Gruppe fährt, koordiniert Termine und übernimmt die Pflege

Allein mit der Anschaffung ist es laut Gebhardt nicht getan, nun brauche es Werbung und Leute, die das Angebot publik machen. Er denkt an Flyer mit einem QR-Code, damit sich Interessierte für Fahrten anmelden können. „In Bensheim gibt's eine Rikscha, die seit Jahren nur rumsteht. Das soll uns nicht passieren. Selbst in Lampertheim hat sich die Woche keiner gemeldet, der gefahren werden wollte.“ In Bürstadt sei die Begeisterung viel größer, ist er überzeugt. Ein ganzes Team an Ehrenamtlichen werde dafür sorgen, die Rikscha in Bewegung zu halten. Neben den Fahrern sind das Leute, die die Termine koordinieren oder die Pflege des Rads übernehmen. Bernd Herd habe etwa angeboten, ein Programm zu schreiben, um die Fahrten einzutragen. Claus Laut wiederum wolle sich um die Instandhaltung kümmern. Aus den Reihen des Vereins Sackschdoahogger hätten sich neue Interessenten gemeldet, die die Rikscha steuern wollen. Dafür ist laut Gebhardt eine Schulung nötig. Immerhin ist die „Fracht“ vorne kostbar - und gerade das Lenken in Kurven brauche Übung.

Beim Fest in der alla hopp!-Anlage Ende Mai ist die E-Rikscha - hier die aus Speyer - sehr begehrt für Testfahrten. © Berno Nix

Die Reaktionen der Fahrgäste während der Testphase seien durchweg toll - und berührend gewesen. „Mit mir ist ein Mann gefahren, der das erste Mal seit einem dreiviertel Jahr wieder draußen war“, erzählt Gebhardt. „Das darf nicht wieder vorkommen. Die Leute sollen raus - an die frische Luft!“ Das Angebot richtet sich übrigens an Menschen jeden Alters, die nicht mobil sind. Die meisten schwärmen, ihre Heimat aus einem ganz neuen Blickwinkel zu erleben. Selbst der bekannte Bürstädter Theo Held war zunächst skeptisch, aber nach der Probefahrt hellauf begeistert - zumal der 95-Jährige im Rollstuhl sitzt und nicht mehr viel unterwegs ist. Er warb daraufhin kräftig für den Kauf der Rikscha.

Parken wird das Fahrzeug bald im Altenheim St. Elisabeth. „Die Garage ist wunderbar mit Licht und Steckdose, sodass wir dort auch laden können“, schwärmt Gebhardt. Heimleiterin Melanie Hagedorn stehe voll dahinter und habe schon während der Testphase vergangenen Sommer dafür gesorgt, dass sich das Angebot herumgesprochen hat. In den drei Monaten zwischen Juli und September gab es lange Wartelisten, weil so viele Menschen eine Rundfahrt unternehmen wollten. Dass die Begeisterung anhält, zeigte sich vor zwei Wochen beim Fest der Hopp-Stiftung, als gleich vier Rikschas aus der Region nach Bürstadt kamen: aus Lampertheim, Viernheim, Worms und Speyer. „Umgekehrt können auch wir bald zum Backfischfest oder zu anderen Veranstaltungen - auch in Biblis oder Groß-Rohrheim, wo es noch keine Rikscha gibt“, bietet Gebhardt an.

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Bei den anderen Städten aus dem Rikscha-Netzwerk wollen sich die Ehrenamtlichen noch Tipps zur Organisation holen. „Wir sind auch offen für Ideen und natürlich für Leute, die mitmachen wollen.“ Wobei Gebhardt selbst schon eine Menge Einfälle hat. „Woanders gibt’s touristische Fahrten, das können wir auch: ans Wasserwerk oder zum Campus. Oder wir begleiten Ausflüge des Naturschutzbunds.“ Auch bei den Sommerkonzerten am Brauhaus Drayß möchte er stoppen - überall da, wo was los ist. Selbst an den Weihnachtsmarkt oder Fastnachtsumzug denkt er schon.

„Es ist einfach toll, dass es jetzt klappt“, sagt Gebhardt. Schon vor vier Jahren hatte er die Bewerbung fürs Leihfahrrad vom Land Hessen abgeschickt. „Zweimal wurden wir abgelehnt, beim dritten Mal hat es geklappt.“ Dass Bürstadt so ein Gefährt selbst will, war letzten Sommer rasch klar. Im Februar setzte sich der Seniorenbeirat dann mit Akteuren der Stadtverwaltung und Bürgerstiftung sowie des Altenheims zusammen, um zu überlegen, wo die Rikscha stehen kann und wie sich diese finanzieren lässt. Nach dem Spendenaufruf dauerte es nur drei Monate bis zur Bestellung. „Andere Gemeinden haben dafür viel länger gebraucht. Ich bin sehr, sehr dankbar, dass das bei uns so unkompliziert ging.“

Redaktion Redakteurin des Südhessen Morgen und zuständig für die Ausgabe Bürstadt/Biblis

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