Biblis. An der Bibliser Grundschule ist der Wurm drin. Landrat Christian Engelhardt sagt es nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach. Denn schon die Bauphase lief nicht so richtig rund - und selbst bei der Einweihung hakt es: Die Schere, mit der er das rote Band durchschneiden will, klemmt. Engelhardt nimmt es mit Humor und schafft es mit Viertklässlerin Ana-Emilia schließlich doch noch. Doch beim Fest im 15 Millionen Euro teuren Neubau kommen einige Kritikpunkte zur Sprache.
Wieso es so heiß war bei der Einschulung im neuen Gebäude, wollen etliche Eltern wissen – und wo ihre Kinder in den Pausen spielen sollen. Dass einige der gut 200 Grundschüler in den ersten Tagen im Gebäude blieben, weil die Außenanlagen nicht fertig sind, stößt einigen Müttern und Vätern sauer auf. „Wir hatten aber auch Projektwoche, da war alles anders. Einige Klassen sind auf Spielplätze gegangen“, sagt Simone Kurt, die die Leitung der Grundschule für ein Jahr übernommen hat.
Bauzäune grenzen Fläche zum Spielen für jeweils 100 Kinder ab
Die beiden großen Pausen verbringen die Kinder ab kommender Woche im Wechsel auf dem Behelfsschulhof hinter dem Altbau und der neu eingezäunten Fläche an der Riedhalle. Hier wie da sieht es nach Käfighaltung aus – und ist ziemlich eng für jeweils rund 100 Kinder. „Wir haben noch nicht alle Möglichkeiten zur Verfügung“, sagt Simone Kurt denn auch. Sie freut sich vor allem, dass alle Kinder vereint sind.
Denn Emma, Nico, Lanah und alle anderen aus der 3a haben zuvor im alten Schulhaus in der Viktoriastraße gelernt und freuen sich riesig, nicht mehr vom Rest der Schule in den Weschnitzauen getrennt zu sein. Nur einen richtigen Schulhof vermissen sie. „Ansonsten ist hier alles besser!“
Bis in einem Monat soll der Außenbereich rund um den Neubau fertig angelegt sein, informiert Johannes Kühn vom Eigenbetrieb Schule und Gebäudewirtschaft des Kreises. „Erst dann beginnt der Abriss des alten Schulgebäudes. Dann wird auch die freie Fläche zum Spielen gesperrt für die Baufahrzeuge.“ Denn bis zum Jahreswechsel soll der Bau aus den 1960er Jahren verschwinden. Direkt danach werde der Schulhof angelegt, verspricht Architekt Marek Lindemann: „Bis Ende des Frühjahrs, spätestens zu Beginn des Sommers wird er fertig.“ Sorgen macht sich Kühn, dass die Pläne möglicherweise überarbeitet werden müssen, weil der Förderverein der Schule ein Gebäude, das früher als Hausmeisterwohnung genutzt wurde, erhalten will. Das müsse noch besprochen werden.
Nachhaltig gebaut
Rund 15 Millionen Euro hat die neue Bibliser Grundschule gekostet. Sie wurde direkt neben der alten in der Freiherr-vom-Stein-Straße errichtet.
Vier Jahre hat es vom Spatenstich bis zur Einweihung gedauert – 16 Monate länger als geplant. Zunächst hatte sich Grundwasser in der Baugrube gesammelt, was laut dem Kreis Bergstraße als Bauherr zu einem halben Jahr Verzögerung führte. Später gab es Mängel am Rohbau , die das verantwortliche Unternehmen nicht beseitigte, weil es insolvent ging. Eine neue Firma musste beauftragt werden, wobei viele weitere Arbeiten verspätet erledigt werden konnten.
Nachhaltig ist das Gebäude geplant: mit Holzfassade , Dachbegrünung und Wärme durch Geothermie . cos
Zurück zum Wurm: Landrat Engelhardt erzählt den Kindern freimütig, was alles schief gelaufen ist seit dem Spatenstich im Sommer 2021. Er erinnert an die Baugrube voller Wasser und Mängel am Rohbau, die das verantwortliche Unternehmen nicht mehr ausbesserte, weil es pleite ging.
Selbst dass es manchen Eltern innen zu grau ist wegen der nackten Betonwände, berichtet Engelhardt. Wobei sich selbst der Architekt einen etwas schöneren Sichtbeton gewünscht hätte, gibt er zu. Nach der Insolvenz der Baufirma ist er allerdings froh, „dass es überhaupt so wurde“. Zudem ist er überzeugt, dass die Kinder mit ihren Bildern rasch für Farbe sorgen werden.
Dass es noch hakt, erwähnt auch Bürgermeister Volker Scheib. Ihm geht's vor allem um den Weg morgens zur Schule. Er bittet die Eltern, ihre Kinder mit dem Rad oder zu Fuß zu bringen. Sollten sie mit dem Auto kommen, werden sie in den kommenden Tagen einen Mitarbeiter der Kommunalpolizei treffen. Im Gebäude sorgt er sich, ob die Lüftungsanlage funktioniert – nach der heißen Einschulung am Samstag. Auf Nachfrage erklärt Johannes Kühn, es gebe keine technischen Probleme.
Möglicherweise seien offene Fenster bei den hohen Temperaturen schuld. Das sei bei der modernen Anlage kontraproduktiv. Architekt Lindemann macht allerdings deutlich, dass die großen Oberlichter über der zentralen durchaus Treppe geöffnet werden könnten, damit die warme Luft abziehen kann. Eine Jalousie gibt es an diesen Dachfenstern nicht, sondern nur seitlich an den Klassenräumen.
Dass die Stimmung bei der Einweihung trotzdem gut ist, liegt an den Kindern. Mit viel Energie schmettern sie den Ehrengästen ihr erstes Lied entgegen: „Hier ist immer was los, Spaß und Freude sind riesengroß!“ Gespannt sind sie selbst, wie das mit den Pausen kommende Woche klappt.
Die Lehrer übrigens auch. „Für die Aufsicht brauchen wir mindestens vier Personen“, sagt Simone Kurt nachdenklich. Dass die Gemeinde die Grundschüler auch in die Riedhalle lässt, sei erstmal keine Option. „Denn dann tragen die Kinder den ganzen Sand vom Vorplatz hinein.“ So lange das Wetter gut ist, wollen sie daher draußen bleiben.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/biblis_artikel,-biblis-wo-es-an-der-bibliser-grundschule-noch-klemmt-_arid,2323725.html