Biblis. 5000 Briefe wird die Bibliser Verwaltung demnächst an Immobilienbesitzer und Eigentümer von bebaubaren Flächen in der Gemeinde verschicken. Wichtige Post, denn in den Kuverts stecken die Bescheide für die Grundsteuer. Seit 1. Januar gilt in Deutschland die reformierte Grundsteuer. Diese kann für Wohneigentümer zu einer Veränderung bei der zu zahlenden Grundsteuer führen. Die Bibliser Finanzabteilungsleiterin Michelle Rimer geht davon aus, dass die Steuerbescheide bis zur vierten Kalenderwoche verschickt sind. Mit der Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B hat die Gemeindevertretung im Dezember den letzten Faktor bei der Berechnung festgelegt.
Gemeinde Biblis senkt den Hebesatz
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts musste die Grundsteuer neu geregelt werden. Zu ungerecht, zu alte Daten, lautete die Begründung. Immobilien- und Grundstücksbesitzer mussten vor zwei Jahren eine Grundsteuererklärung abgeben. Auch die Steuermesszahl, die das Land neu berechnet hat, und der Bodenrichtwert spielen eine Rolle bei der Berechnung durch die hessischen Finanzämter. Schließlich fließt noch der jeweilige Hebesatz der Kommunen mit ein. Den hat die Gemeinde Biblis auf 410 Punkte gesenkt. Dafür hat sich eine Mehrheit in der Gemeindevertretung im Dezember entschieden. Bisher lag der Hebesatz in Biblis bei 575 Punkten. Würde dieser weiterhin gelten, wären im Jahr 2025 für die Gemeinde Mehreinnahmen von rund 600 000 Euro möglich gewesen.
Situation in anderen Gemeinden
In Lampertheim hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, den Hebesatz für die Grundsteuer B zunächst bei 580 Prozentpunkten zu belassen. Damit werden die fast 14 500 Bescheide berechnet, die demnächst verschickt werden. Der Magistrat hatte vorgeschlagen, den Hebesatz auf 800 Prozentpunkte zu erhöhen. Die Beratungen dazu stehen noch aus.
Bürstadt: Der Hebesatz soll bei 570 Prozentpunkten bleiben, schlägt das Rathaus vor. Das würde de facto Mehreinnahmen von 650 000 Euro bedeuten. Der Beschluss steht für den 12. Februar an.
Groß-Rohrheim: Die Etatberatungen beginnen zwar erst, allerdings hat die Gemeindevertretung bereits empfohlen, den Hebesatz auf 281 Punkte zu senken. In den Folgejahren soll er dann nach und nach steigen.
Viernheim: Der Hebesatz sollte nach Ansicht der Verwaltung von 620 auf 815 Punkte erhöht werden. Das lehnen die Stadtverordneten ab, es bleibt vorerst bei 620 Punkten. mas/swa/sbo
Bund und Land sehen Mehreinnahmen allerdings nicht als ein Ziel der Steuerreform an. Die Steuerlast soll insgesamt für die Summe der Eigentümer gleich bleiben, auch wenn der Bescheid für einige höher, für andere niedriger ausfallen könnte. Es sollte Aufkommensneutralität gelten. Deshalb gab es für Kommunen, die mit der Reform höhere Einnahmen zu erwarten hätten, die Empfehlung, ihre Hebesätze zu senken.
Dieser Empfehlung folgen längst nicht alle Kommunen im Kreis, betont Michelle Rimer. Aber Biblis tut es, obwohl die Gemeinde die Mehreinnahmen in Höhe von 600 000 Euro gut gebrauchen könnte. Denn gleichzeitig steigen die Ausgaben, etwa durch eine höhere Abgabe für die Kreis- und Schulumlage. Gleichzeitig muss Biblis mehr Aufgaben bewältigen. Etwa durch die Flüchtlingsaufnahme oder die Maßnahmen gegen die Afrikanische Schweinepest.
„Eigentlich können wir es uns nicht leisten, den Satz zu senken, denn wie sollen wir die gesamten Ausgaben tätigen?“, hatte Rimer die Gemeindevertreter in der Sitzung im Dezember gefragt. Die Antworten der Fraktionen: „Die Belastungsgrenze ist erreicht. Unter anderem haben wir die Auswirkungen der beiden Kriege zu schultern und Preissteigerungen in vielen Bereichen“, begründete CDU-Fraktionsvorsitzender Christopher Wetzel die Absenkung. Seine Partei trage die 410 Punkte mit. „Eine Erhöhung ist nicht mehr tragbar, und natürlich müssen wir freiwillige Leistungen streichen“, sagte Hans-Peter Fischer (FLB). SPD-Fraktionsvorsitzender Sven Vollrath war der Ansicht, dass man 410 Punkte als recht niedrigen Satz verabschieden könne. Es sei einiges aus dem Vorjahr noch nicht abgearbeitet worden, diese Gelder könnten umgeschichtet werden.
Der von Bürgermeister Volker Scheib geforderte Kompromiss, der zwischen 430 und 470 Punkten lag, fand keine Zustimmung. Damit wollte Scheib weiterhin freiwillige Leistungen in Biblis ermöglichen.
Ende Januar wird in den Ausschüssen der Haushaltsentwurf für das laufende Jahr beraten. Am 5. Februar soll das Zahlenwerk verabschiedet werden, das im Moment ein Defizit von mehr als zwei Millionen Euro aufweise, wie Rimer mitteilt. Die Genehmigung des Haushalts sei damit gefährdet. Das heiße Verzicht an anderer Stelle. Aber viel wichtiger seien strukturelle Veränderungen, um die Ausgaben zu senken und Geld zu sparen.
Im alten Ortskern ist mit höheren Steuerbescheiden zu rechnen
Wenn die Grundsteuerbescheide verschickt sind, rechnet die Finanzabteilungsleiterin mit vielen Rückfragen. „Wir können allerdings nur zum Hebesatz etwas sagen.“ Wer Fragen zur übrigen Berechnung des Betrages habe, müsse sich an das Finanzamt wenden. „Wir werden den Briefen ein Infoschreiben mit Kontaktdaten beilegen.“ Ein Teil der Steuerzahler müsse wohl mit einem höheren Grundsteuerbetrag als bisher rechnen: Die Besitzer von Immobilien, die seit rund 50 Jahren nicht neu bewertet worden seien. Der Bodenrichtwert habe sich seitdem verändert, sei aber nicht angepasst worden. Das betreffe vor allem Häuser im alten Ortskern.
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