Neckar-Bergstraße. Auf die Anfrage des „MM“, wie die Kommunen zwischen Neckar und Bergstraße in den kommenden Wochen und Monaten Energie sparen wollen, hat diese Redaktion umfangreiche Antworten bekommen. Dabei ging es nicht nur darum, wie man aktuell vom Energieträger Gas wegkommt, sondern auch um die Frage, was die Verwaltungen in den vergangenen Jahren bereits getan haben, um Energie einzusparen. Folgende Fragen richtete diese Redaktion an die Rathäuser, im Folgenden sind die – zum Teil sehr ausführlichen Antworten – ausgeführt. Entweder als direkte Zitate oder als sinngemäße Wiedergabe direkt geführter Gespräche.
1) Sind auch Sie in den vergangenen Tagen/Wochen von den Energieversorgern angesprochen worden, um als Kommune Ihre „kritische Infrastrukturen“ zu benennen?
2) Welche Einrichtungen gelten bei Ihnen als „kritische Infrastruktur“?
3) Wer ist bei Ihnen der Gasversorger bzw. Konzessionsträger?
4) Welche Formen des Energiesparens kann die Kommune leisten bzw. werden bereits erwogen? (z.B. Senkung der Wassertemperatur in Bädern, Abschalten von Gebäudebeleuchtung, kein Warmwasser in öffentlichen Duschen etc.)
5) Mancherorts wird bereits über eine temporäre Abschaltung von Straßenbeleuchtung oder Ampeln nachgedacht. Ist dies bei Ihnen auch im Gespräch?
6) Wie hoch bewerten Sie den Anteil, den die Kommune/Verwaltung überhaupt zur Energiespar-Bilanz des gesamten Ortes beitragen kann?
Edingen-Neckarhausen
1) Ja.
2) Rathaus Edingen, Alte Schule (Polizeiposten), Werner-Herold-Halle, Pestalozzischule, Graf-von-Oberndorff-Schule, Feuerwehrhaus Edingen, Feuerwehrhaus Neckarhausen, Pflegeeinrichtungen, Kindergärten, Kläranlage, Pumpwerke des Wasserversorgungsverbands
3) MVV Energie AG
4) Hier einige Beispiele, wie die Gemeinde Edingen-Neckarhausen sich seit Jahren um das Sparen von Energie bemüht: Im Rahmen des Energie-Contractings werden die BHKWs der Gemeinde derzeit erneuert bzw. saniert. Zudem wird derzeit geprüft welche öffentliche Dachflächen für Photovoltaik in Frage kommen. Der Abwasserverband (Kläranlage) wird aufgrund der aktuellen Situation das eigene BHKW vermehrt zur Wärme, statt zur Stromproduktion nutzen, um Gas einsparen zu können.
5) Nein, da bereits seit 2020 alle Leuchtmittel in der Straßenbeleuchtung auf LED umgerüstet sind und mit einer Nachtabsenkung der Leuchtintensität von 23.00 – 05.00 Uhr sehr viel Energie eingespart wird.
6) Besonders als Vorbildfunktion kann die Gemeinde viel leisten und mit gutem Beispiel voran gehen. Die Gemeinde Edingen-Neckarhausen tut dies ohne seit Jahren.
Heddesheim
1) Nein
2) Strom-/Gasnetz der Versorgungswerke Heddesheim GmbH & Co. KG (Tochter der Stadtwerke Viernheim), Frisch- und Abwassernetz der Gemeinde, andere kritische Infrastrukturen betreffen eher private Unternehmen oder Betreiber.
3) Versorgungswerke Heddesheim GmbH & Co. KG (Tochter der Stadtwerke Viernheim)
4) Seit 2000 hat die Gemeinde durch Modernisierungen ihren Energieverbrauch (Strom und Wärme) um 32% gesenkt. Seit 1997 sind die CO2-Emissionen um 67 % reduziert worden. (Emissionen 1997: ca. 2.700 , 2019: ca. 900 t). Die Gemeinde befindet sich außerdem aktuell in einem Zertifizierungsprozess zum kommunalen Energiemanagement (um die Ziele der Energiewende einzuhalten gibt es verschiedene Voraussetzungen, Grenzwerte und Einsparungsziele, die die Gemeinde Heddesheim schon größtenteils erfüllt)
Seit dem Jahr 1997 wird in Heddesheim ein monatliches Energiemanagement betrieben. Kontinuierlich wurden im Bereich Wärme Blockheizkraftwerke eingebaut (Nahwärmenetze im Hallenbad, in der Hans-Thoma-Grundschule sowie im Verbund Rathäuser, Feuerwehr und Bürgerhaus mit Pflug), die mit Unterstützung von Gasbrennwertkesseln laufen. Diese energieeffiziente Technik und der höhere Wirkungsgrad sparen ca. 30% Gas und CO2 ein. Als Abfallprodukt wird dabei noch Strom produziert. Die Wärme für das Becken am Badesee wird in den Sommermonaten hauptsächlich über eine elektrisch betriebene Wärmepumpe mit dem warmen Wasser aus dem Badesee erzeugt, so dass auch hier kein Gas benötigt wird. Der Bauhof wird seit 2007 mit einer Holz-Pellet-Anlage und einer Solarthermie-Anlage betrieben, so dass dort gar kein Gas mehr zum Einsatz kommt. Im Jahr 2021 wurde zusätzlich eine PV-Anlage installiert. Bzgl. der Frage, was noch geleistet werden kann: Das Thema ist jetzt seit ein paar Tagen aktuell. Wir befinden uns derzeit an mehreren Stellen innerhalb der Verwaltung in Prüfung, was wir noch tun können. Auf Grund der Kürze der Zeit sind die Überlegungen noch nicht abgeschlossen, daher bitten wir hier noch um etwas Geduld bzgl. etwaiger Maßnahmen. Was wir allerdings jetzt schon sagen können, ab Mitte/Ende Dezember 2022 wird das Nahwärmenetz als energetisches Leuchtturmprojekt, das das Sportzentrum mit Wärme aus Bioenergie versorgt, in Betrieb gehen. Dann fällt die jetzt noch vorhandene Gasversorgung einzelner Liegenschaften im Sportgebiet größtenteils weg. Dabei handelt es sich um ca. 40 % des Gesamtverbrauchs der Gemeindeliegenschaften, die noch mit Gas versorgt werden. Daher wird der dortige Verbrauch jetzt eigentlich nur für die Monate Oktober und November relevant sein, bis das Netz in Betrieb geht. Daher werden wir voraussichtlich in diesem Bereich jetzt keine Einschränkungen machen.
5) Nein. Die Straßenbeleuchtung wurde größtenteils auf LED umgestellt und benötigt mit unter 200.000 kWh nur noch 25% des Stroms gegenüber 2006. An der Kunsteisbahn wurde die Flutlichtbeleuchtung auf LED umgestellt, in diesem Jahr auch beim Kunstrasenplatz. Auch aus Gründen der Verkehrssicherheit ist diese Maßnahme aktuell nicht angedacht. Was die Ampeln angeht, liegen alle auf dem Gemeindegebiet befindlichen Ampeln in Verantwortung des Rhein-Neckar-Kreises.
6) Laut Energie- und CO2-Bilanz der KLiBA aus dem Jahr 2017 (aktuellster Stand) liegt der Anteil der Kommunalen Liegenschaften bei den CO2-Emissionen und bei dem Endenergieverbrauch bei 2%, was dann auch das Einsparpotenzial wäre (interkommunaler Vergleich: alle im Rhein-Neckar-Kreis 1-3%). Siehe hier: http://klimaschutz-rnk.de/klimaschutz-rnk/co2bilanzen/gemeinde/082260028028
Hirschberg
Die Gemeinde Hirschberg antwortete: Zur Kritischen Infrastruktur der Gemeinde gehören die Wasserversorgung, die Abwasserbeseitigung, das Hilfeleistungszentrum und das Rathaus.
Die Konzession für Gas in der Gemeinde Hirschberg hat die MVV.
Die Gemeinde Hirschberg prüft derzeit alle Möglichkeiten zur Reduzierung des Gas- und Stromverbrauchs. Dies betrifft alle Bereiche in denen die Gemeinde Energie verbraucht. Ein Ergebnis liegt aktuell noch nicht vor und es wurden auch noch keine Entscheidungen wegen Einsparungen getroffen.
Ilvesheim
- Ja, auch Ilvesheim wurde vom Gasversorger angeschrieben und aufgefordert, die kritischen Infrastrukturen zu benennen,
- Zu diesen zählen: Rathaus, Feuerwehr, Schlossschule, Altenheime, Bauhof, Kläranlage (Zweckverband, Standort Edingen-Neckarhausen)
- Gasversorger bzw. Konzessionsträger ist die MVV
- Sondersituation: große Nutzung des Hallenbads ab August beendet, die Mehrzweckhalle wird saniert. Das spart Energie. Darüber hinaus wird voraussichtlich die Temperatur in der Neckarhalle abgesenkt. Auch der Betrieb der Duschen ist in der Diskussion. Hier bedarf es noch der Rücksprache mit Vereinen und dem Gemeinderat. Im Kombibad soll eine andere Heztechnik als Gas verbaut werden.
Aktuell wird auch geprüft, ob die Heizung der Neckarhalle auf eine Wärmepumpe umgestellt werden kann, im Rathaus wird auch die Temperatur abgesenkt, es wird weitgehend auf warmes Wasser verzichtet. - Abschaltung von Straßenbeleuchtung erst einmal nicht geplant, da die LED Beleuchtung schon jetzt sehr sparsam ist.
- „Für Kommunen ist es recht einfach, zu sparen“, sagt Bürgermeister Andreas Metz. Man bewege sich hier bei den Einsparungen aber nur im kleinen Bereich, gesehen auf den gesamten Gasverbrauch im Ort. "Hier muss im Privatsektor, bei jedem einzelnen Eigentümer, bei jedem einzelnen Haus, noch viel passieren", so Metz.
Ladenburg
1) Ja, sind wir.
2) Wir orientieren uns bei der Einstufung kritischer Infrastruktur an den allgemeinen Vorgaben des Bundes, der unterschiedliche Branchen in 10 Sektoren aufteilt (siehe Anlage).
3) Die MVV
4) Die Stadtverwaltung arbeitet nach einem Stufenplan, der unterschiedliche Maßnahmen beinhaltet. Einige werden ab Montag, den 11. Juli gelten (wie in der heutigen Pressemeldung: Ladenburg geht vom Gas veröffentlicht), weitere Maßnahmen wie bspw. die Absenkung der Heiztemperatur, die Wartung von Heizungsanlagen werden vorbereitet und zu einem späteren Zeitpunkt kommuniziert. Der Gemeinderat befasst sich am 20. Juli unter anderem mit möglichen Maßnahmen.
5) Der Gemeinderat hat über diese und weitere Maßnahmen bereits in nichtöffentlicher Sitzung diskutiert. Die Abschaltung der Straßenbeleuchtung ist eine mögliche Maßnahme, die gegenwärtig aber noch nicht vorgesehen ist.
6) Der mögliche Anteil ist verhältnismäßig sehr gering. Über 90 % der Energie wird durch Gewerbe und Industrie beansprucht. Dennoch hilft jeder Beitrag.
Die Pressemitteilung hatte unter anderem folgenden Inhalt:
Konkret wird das Duschen mit Warmwasser im städtischen Freibad, im Römerstadion und in den Sporthallen ab Montag, 11. Juli bis September eingestellt. Hintergrund der Entscheidung sind die hohen Außentemperaturen und die Tatsache, dass die Warmwasseraufbereitung durch Gas erfolgt. Ebenfalls abgeschaltet wird ab dem 11. Juli die Nachtbeleuchtung von Sehenswürdigkeiten, wie der Stadtmauer, dem Martinsturm, Hexenturm und Wasserturm. Auch die Kirchengemeinden schließen sich dieser Aktion an und verzichten auf die Beleuchtung der Evangelischen Stadtkirche und St. Gallus. Aufgrund des hohen Anteils der Verstromung von Gas wird durch einen geringeren Stromverbrauch ebenfalls Gas eingespart. Die Verwaltung wird im Juli dem Gemeinderat zusätzlich ein Maßnahmenpaket vorschlagen, wie durch kurzfristige Investitionen Energie eingespart und Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann. Weitere Sparmaßnahmen für kommunale Liegenschaften werden ab September ebenfalls vorbereitet und im Bedarfsfall umgesetzt.
Schriesheim
1) Wir stehen hinsichtlich der aktuellen Situation im Austausch mit unseren Energieversorgern. In diesen Abstimmungsgesprächen erfolgt selbstverständlich eine intensive Betrachtung der neusten Entwicklungen.
2) Grundsätzlich ist anzumerken, dass der Begriff der „kritischen Infrastruktur“ verschiedene Sektoren und Branchen umfasst. Diese werden in einer Übersicht des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe definiert. Innerhalb der Zugriffsmöglichkeiten der Stadt Schriesheim umfasst dies in jedem Fall die Sektoren Verwaltung (inkl. Notfall-/Rettungswesen einschließlich Katastrophenschutz) und Wasser (öffentliche Abwasserbeseitigung/öffentliche Wasserversorgung). Darüber hinaus ist jedoch die Betrachtung der „kritischen Infrastruktur“ im Gesamten essentiell, sodass diese Faktoren auch in die Beratungen und Überlegungen der Stadt Schriesheim miteinfließen. Selbstverständlich möchten wir auch für weitere Sektoren und Branchen beratend zur Seite stehen und die jeweils Betroffenen in den Branchen und Sektoren bestmöglich unterstützen.
3) Die MVV Energie AG ist sowohl Gasversorger als auch Konzessionsträger im Bereich Gas.
4) Die Stadtverwaltung Schriesheim beschäftigt sich grundsätzlich bereits seit mehreren Jahren mit dem Thema des Energiesparens (bspw. im Rahmen von energetischen Sanierungen). Hinsichtlich der konkreten Formen des Energiesparens gibt es zahlreiche Optionen in den verschiedensten Bereichen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation wurde innerhalb der Stadtverwaltung eine Arbeitsgruppe gegründet, welche sich mit der Erstellung eines Stufenkonzeptes beschäftigt. Dabei werden für jede Stufe konkrete Maßnahmen definiert, welche entsprechend der Entwicklungen umgesetzt werden sollen.
5) Wie in Frage vier ausgeführt, arbeiten wir derzeit an einem Stufenkonzept, in welchem konkrete Maßnahmen für die einzelnen Stufen definiert werden sollen. In die derzeitigen Überlegungen fließen die verschiedensten Optionen ein, sodass auch die von Ihnen angeführten Maßnahmen innerhalb der Arbeitsgruppe diskutiert werden.
Ein Blick in das integrierte Klimaschutzkonzept der Stadt Schriesheim zeigt, dass „der kommunale Energieverbrauch nur 1,3 % des Gesamtverbrauchs ausmacht“ (2015, Seite 1, abrufbar unter https://www.schriesheim.de/klimaschutzkonzept). Vor diesem Hintergrund ist das Gesamtpotenzial möglicher Einsparungen in der gesamten Schriesheimer Bevölkerung deutlich höher einzuschätzen, als jenes der Verwaltung. Unabhängig hiervon ist es uns als Stadtverwaltung jedoch sehr wichtig, den von unserer Seite möglichen, maximalen Beitrag zum Energiesparen zu leisten.
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[10] https://www.schriesheim.de/klimaschutzkonzept